Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lazarus-Formel

Die Lazarus-Formel

Titel: Die Lazarus-Formel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
Vom Netzwerk:
Das kann ich nicht annehmen. Unmöglich.«
    »Papperlapapp«, widersprach Margaret. »Ohne dich wäre ich da niemals rausgekommen.«
    »Aber«, sagte Eve noch einmal. Doch Margaret schnitt ihr mit einer harschen Geste und einem entschlossenen Augenfunkeln das Wort ab. Zum ersten Mal bekam Eve zu spüren, dass Margaret es tatsächlich gewohnt war zu herrschen und ab einem bestimmten Punkt keinen Widerspruch mehr duldete.
    »Du arrangierst alles, Rinaldo«, sagte sie, und er verneigte sich lächelnd.
    »Natürlich, meine Königin.«
    Sie kicherte. »Dann ist das also geklärt. Und jetzt lass uns reingehen. Wir brauchen deine Hilfe.« Sie nahm ihn beim Arm und führte ihn zur Tür.
    Eve trottete den beiden hinterher, immer noch ein wenig fassungslos.

72
    Rinaldos Gulfstream G650 war der am luxuriösesten eingerichtete Business-Jet, den Eve je gesehen hatte, Flugzeuge aus TV - und Kinofilmen eingeschlossen. Das Interieur der geräumigen Passagierkabine war eine Mischung aus Wohnsalon und Besprechungsraum. Die großen Sessel waren aus weichem, glattem Leder, das Mobiliar aus edlen Hölzern. Natürlich gab es auch eine Bar und einen Beamer und eine Leinwand für Präsentationen und Filmvorführungen. Doch Eve war nicht nach Filmeschauen zumute. Sie hatte zu viele Fragen, von denen sie hoffte, dass Margaret ihr sie beantworten konnte – wenn die kleine Königin erst einmal die sensationellen Eindrücke des Fliegens verarbeitet hatte.
    Nach dem Start und nachdem die Stewardess, die nicht weniger attraktiv und sexy war als Rinaldos Chauffeurin, ihnen Drinks und Snacks serviert hatte, hatte Eve sie gebeten, sie und Margaret für die Dauer des Fluges allein zu lassen. Margaret klebte an einem der Fenster und betrachtete die Lichter des unter und hinter ihnen immer kleiner werdenden Siena.
    »Wir fliegen«, flüsterte sie, und es lag eine gehörige Portion Ehrfurcht in ihrer Stimme. »Eve, wir fliegen.«
    Eve lächelte und fühlte, wie sehr sie Margaret in der kurzen Zeit, die sie die kleine Königin kannte, ins Herz geschlossen hatte. So alt und doch, durch ihre lange Gefangenschaft, so unschuldig, so unerfahren in der modernen Welt. Aber es war mehr als das. Eve mochte Margaret besonders dafür, dass sie, anders als sie selbst, die Dinge, die ihr begegneten, begrüßte, ohne sie zu hinterfragen und analysieren und verstehen zu wollen. Dass sie bereit und auch fähig war, sie trotz ihrer vergangenen Macht und ihrer Unsterblichkeit fast schon demütig und dankbar anzunehmen. Eine Fähigkeit, die Eve als Vollblutwissenschaftlerin einfach nicht aufwies. An Margarets Stelle würde sie wahrscheinlich vorn beim Piloten sitzen und sich erklären lassen, wie es möglich war, dass eine so schwere Maschine überhaupt fliegen konnte.
    Vielleicht lag es an den hundertsechzig Jahren in der Katakombe, aber Eve spürte, dass es sehr viel wahrscheinlicher ein grundsätzlicher Charakterzug von Margaret war. Ihr Wesen. Womöglich wurde Wissensdurst weniger brennend, wenn man unsterblich war und sich dessen auch bewusst, weil man sich darauf verlassen konnte, im Laufe der Jahre, Jahrzehnte und Jahrhunderte, die man lebte, die Natur der Dinge und wie sie funktionierten ohnehin früher oder später zu begreifen, sodass man sich deshalb einfach sehr viel mehr Zeit lassen konnte, sie zu erleben und zu genießen, ehe man sich daran begab, sie verstehen zu lernen.
    Aber noch war Eve nicht so weit. Noch lange nicht. Denn noch war sie nicht unsterblich – weswegen ihr Wissensdurst nach wie vor brennend war und ihre Wissbegier ein drängender Teil ihrer Natur. Ein unruhiger Geist, der von einer Frage zur nächsten hetzte. Die Antworten auf die einzelnen Fragen dabei nie umfassend genug, sie rasten zu lassen oder gar stillzustehen.
    Deshalb hatte Eve die Stewardess gebeten, sie allein zu lassen. Sie hatte Fragen an Margaret. »Wie kommt es eigentlich, Maggie, dass all die Mythologien zum Baum des Lebens einander auf der einen Seite so ähnlich sind, dass man schon mit wissenschaftlicher Sicherheit annehmen kann, dass sie den gleichen Ursprung haben, und dann doch zugleich wieder so widersprüchlich?«
    »Was meinst du?«, fragte Margaret. Sie kuschelte sich lächelnd in den Sessel neben Eve und nahm das Glas Whisky, das die Stewardess ihr gebracht hatte.
    »Ich meine etwas, das Ben jetzt im Zusammenhang mit dem zweiten heiligen Ort erwähnt hat und das auch schon in Feldmanns Notizbuch stand.« Sie hatte Margaret inzwischen alles darüber erzählt. »In

Weitere Kostenlose Bücher