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Die Lazarus-Formel

Die Lazarus-Formel

Titel: Die Lazarus-Formel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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dekorierten Freitreppe des Palazzos stand ein Mann. Anfang dreißig. Fast eins neunzig groß. Schlank und durchtrainiert. Schwarze Haare und dunkle Augen. Feuchte Augen. Eve sah, dass er weinte.
    So langsam, als wolle er nicht glauben, was er sah, kam er die Stufen hinabgeschritten – und Margaret flog ihm förmlich entgegen. Mit einem Freudenschrei, der so hoch war, dass Eve erschrocken zusammenzuckte, sprang sie an ihm hoch, warf ihre schlanken Arme um ihn und küsste ihn leidenschaftlich auf den Mund. Er erwiderte den Kuss oder vielmehr die Küsse innig und drückte sie an sich.
    »All die Jahre habe ich gedacht, du wärst tot«, sagte er atemlos und mit stockender Stimme zwischen den Küssen, nahm ihr Gesicht in beide Hände und strahlte sie an.
    »Was dich hoffentlich nicht dazu verleitet hat, mein Geld zu verschleudern«, sagte sie, wischte ihm die Tränen von der Wange und stupste ihm mit dem Zeigefinger auf die Nase.
    »Immer noch ganz die Alte.« Er lachte, froh darüber, dass sie seine Rührung unterbrach. »Dein Geld verschleudern? Bewahre! Ich wusste immer, wenn ich das tue, kommst du aus der Hölle zurück und ziehst mir die Haut bei lebendigem Leibe ab.«
    »Wie viel ist es nach fünfhundert Jahren wert?«, fragte Margaret neugierig und ohne Umschweife.
    Also hatten sich die beiden seit fünfhundert Jahren nicht mehr gesehen, auch wenn Margaret davon »nur« hundertsechzig Jahre in Gefangenschaft verbracht hatte. Eve fragte sich, was Margaret wohl in den anderen dreihundertvierzig Jahren getan hatte.
    Statt der kleinen Königin direkt zu antworten, warf Rinaldo einen warnenden Seitenblick in Richtung Eve.
    »Keine Sorge«, beruhigte ihn Margaret. »Sie weiß Bescheid. Das ist übrigens Eve. Eve, das ist Rinaldo.« Sie stellte die beiden mit einer Nonchalance einander vor, als befänden sie sich gerade auf einer Gartenparty und als wären nicht mehr als zwei oder drei Tage vergangen, seit sie Rinaldo das letzte Mal gesehen hatte. Er schüttelte Eve die Hand. Sie mochte ihn auf Anhieb und konnte nur zu gut verstehen, dass Margaret sich seinerzeit Hals über Kopf in ihn verliebt hatte.
    »Also, wie reich bin ich?«, hakte Margaret ungeduldig nach.
    »Ich wusste schon, als mich das Fax erreichte, dass du das als Allererstes fragen würdest«, sagte er und küsste sie noch einmal, ehe er ein gefaltetes Blatt Papier aus der Tasche seines maßgeschneiderten Kammgarnblazers zog. »Ich habe es im Laufe der Zeit auf verschiedene Konten bei verschiedenen Banken auf der ganzen Welt aufgeteilt, damit die Summe bei uns selbst nicht so auffällt …«
    »Und damit die anderen Banken schön die Zinsen dafür zahlen müssen, du alter Räuber«, sagte sie, und Eve sah, dass Rinaldo ein klein wenig rot wurde.
    Er faltete das Blatt auseinander und hielt es ihr hin. »Die Zahl unten rechts. Ich hab abgerundet.«
    Sie nahm das Papier und schaute es sich lange an. Ihre Mundwinkel sanken nach unten.
    »Nur fünfhundertsiebenundzwanzig Euro?«, fragte sie entgeistert. »Das kann doch nicht sein. Davon kann ich gerade mal eine Nacht im Eden wohnen. Und auch nur, wenn ich mir das Frühstück spare. So viel hat allein diese Bluse hier gekostet.«
    Rinaldo schüttelte amüsiert schmunzelnd den Kopf, und Eve nahm Margaret das Papier aus den kraftlosen Fingern.
    Zuerst wollte sie laut lachen, als sie sah, welche Zahl da unten rechts auf dem Papier stand, dann aber brachte sie nur ein fast hysterisches Kichern hervor.
    »Maggie«, sagte sie heiser und versuchte vergeblich, das einsetzende Zittern ihrer Hand zu unterdrücken. Nicht, dass ihr Geld irgendetwas bedeutete, aber diese Zahl war jenseitig all dessen, was sich der gesunde Menschenverstand vorstellen konnte. »Die vielen Nullen hinter den Punkten zählen mit. Das ist die kontinentale Schreibweise. Das sind keine Kommata.«
    »Ja und?«, fragte Margaret, während Eve noch immer dabei war, die Nullen zu zählen. »Wie viel ist es denn nun?«
    »Fünfhundertsiebenundzwanzig Millionen Euro«, sagte Eve und schaute dabei Rinaldo fragend an, um sicherzugehen, dass sie in der Aufregung nicht zu viele oder zu wenige Nullen gezählt hatte.
    Rinaldo nickte bestätigend.
    »Oh«, machte Margaret.
    »Das kannst du laut sagen«, meinte Eve.
    »Gut«, sagte Margaret zufrieden und wandte sich dann wieder an Rinaldo. »Ich will, dass du für Eve Konten anlegst und die Hälfte meines Geldes darauf einzahlst.«
    Eve fiel die Kinnlade nach unten. »Aber-aber-aber …«, stammelte sie. »Maggie!

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