Die Lazarus-Formel
Soldaten.
Und Rinaldo wusste, wie das funktionierte. Also habe ich ihn mit dem entsprechenden Gold und Silber ausgestattet, und er hat die Bank aufgebaut. Oh, ich bin so gespannt, ihn endlich wiederzusehen.«
»Wie alt ist Rinaldo, und wie ist er zum Aesirianer geworden?«, fragte Eve.
Margaret zuckte mit den schmalen Schultern. »Das habe ich ihn nie gefragt.«
Eve schaute sie verwundert an. »Nein?«
»Nein. Das war nicht wichtig. Ich habe ihn geliebt. Das war alles, was zählte.«
Eve dachte an Ben. Und spürte einen Stich in der Brust.
70
Als der Pförtner den Haupteingang zur Bank aufschloss, standen Eve und Margaret bereits vor der Tür. Er grüßte freundlich, aber betrachtete sie wachsam – besonders Margaret in ihrem farbenfrohen Outfit.
»Was kann ich für Sie tun, meine Damen?«, fragte er dienstbeflissen.
»Haben Sie etwas zu schreiben?«, wollte Margaret wissen.
Er schaute sie erstaunt an.
»Eine Rolle Pergament und …«
»Ein Blatt Papier und einen Stift«, unterbrach Eve sie.
Der Pförtner war irritiert. Doch dann bat er sie mit einer Geste zu seinem Tisch, bot ihnen die beiden Besucherstühle davor an und holte einen Block und einen Kugelschreiber aus einer Schublade.
Margaret nahm den Block und wollte etwas darauf zeichnen, aber erst musste Eve ihr zeigen, dass sie bei dem Kugelschreiber auf das hintere Ende drücken musste, damit er auch funktionierte. Der Blick des Pförtners wurde noch erstaunter, und Eve bemerkte, wie seine Hand langsam in Richtung Alarmknopf wanderte.
Margaret zeichnete zwei konzentrische Kreise, der äußere nicht sehr viel größer als der innere. In den inneren zeichnete sie drei Kronen und in den Rand, den der Abstand zwischen den beiden Kreisen bildete, vier Kreuze wie auf einer Kompass-Rose: Norden, Osten, Süden, Westen. Zwischen die Kreuze schrieb sie viermal ein und dasselbe Wort. Eve konnte es erst bei wiederholtem Hinsehen entziffern, da es in alter gotischer Schrift geschrieben war:
secretum
Geheimnis!
Nun blickte auch Eve irritiert drein.
»Mein Siegel«, erklärte ihr Margaret und schob den Block zum Pförtner hin. »Bringen Sie das bitte zu Ihrem Chef. Dem obersten.«
Der Pförtner zögerte.
»Machen Sie ruhig«, sagte Margaret. »Er weiß, was das bedeutet.«
Eve nickte ihm auffordernd zu und lächelte ihn zugleich an.
Er riss das obere Blatt ab und führte es mit ungeschickten Fingern in das Faxgerät ein, das auf einem Schränkchen neben seinem Schreibtisch stand. Dann wählte er eine Nummer und drückte auf START. Die in Eves Augen eher altertümliche Maschine zog das Papier ein und begann zu rattern.
»Was tut er da?«, fragte Margaret unsicher.
»Er verschickt das Papier«, antwortete Eve.
»Aber es kommt doch da hinten wieder raus«, sagte Margaret und zeigte auf die Rückseite der Maschine, wo das Blatt wieder zum Vorschein kam.
»Ich erkläre dir das bei Gelegenheit«, sagte Eve beschwichtigend.
Margaret wollte noch etwas sagen, doch da klingelte das Telefon, und sie schreckte hoch. Eve legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm.
Der Pförtner nahm den Hörer auf, meldete sich mit seinem Namen und nickte dann nur noch. »Verstanden«, sagte er schließlich und legte auf. Der Blick, mit dem er Margaret bedachte, war voller fast schon untertäniger Ehrfurcht.
»Ein Wagen kommt Sie gleich abholen«, sagte er. »Darf ich Ihnen inzwischen etwas zu trinken anbieten?«
»Wohin abholen?«, fragte Margaret.
»In den Palazzo des Direktors«, antwortete der Pförtner. »Er arbeitet nur von zu Hause aus. Wie schon sein Vater. Und wie ich gehört habe, auch dessen Vater. Wir normalen Mitarbeiter bekommen ihn nie zu Gesicht und selbst der Vorstand nur alle vier Jahre. Dass er jemanden privat empfängt, habe ich noch nie erlebt, und ich arbeite schon seit dreißig Jahren hier.«
Margaret klatschte begeistert in ihre kleinen Hände. »Haben Sie heiße Schokolade?«
71
Siena.
Palazzo Rinaldi.
Der schwarze Maybach 62 Zeppelin glitt durch das sich elektronisch öffnende Tor, eine lange Allee von Kirschbäumen entlang bis hin zur Kiesauffahrt des Palazzos, wo er vor der breiten Freitreppe sanft abbremste und zum Stillstand kam. Die livrierte Chauffeurin, die Eves Ansicht nach mit ihrem Aussehen und ihren Modelmaßen genauso gut auf das Cover des Playboys gepasst hätte, stieg aus der beinahe busgroßen Luxuslimousine und öffnete ihr und Margaret die hinteren Türen mit einer knappen Verbeugung.
Oben auf der weiten und mit Blumensäulen
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