Die Lazarus-Vendetta
nicht länger aufdrängen.«
Dann senkte sie ihre Stimme, sodass nur die beiden Männer ihre Instruktionen hören konnten. »Wir ziehen das auf die folgende Weise durch: Wenn ich gegangen bin, wartet ihr fünf Minuten und geht dann rüber zur Nummer sechs – das Haus, in dem Victor Hugo gewohnt hat. Tut so, als wärt ihr Touristen oder Literaturjournalisten oder was in der Art. Ein weißer Audi mit einer Beule in der rechten hinteren Tür wird am Bordstein halten. Steigt ohne viel Aufhebens in den Wagen. Verstanden?«
Jon und Peter nickten gehorsam.
Noch immer mit ärgerlich verkniffenem Gesicht verließ Randi das Café, ohne sich noch einmal zu ihnen umzudrehen. Sie stöckelte mit energischen Schritten zur nächsten Ecke des Place des Vosges, und niemand, dessen Blick zufällig an ihr hängen blieb, hätte daran gezweifelt, eine typische Pariser grande dame zu sehen, die mit ihrem verhätschelten Pudel einen Morgenspaziergang unternahm.
Zehn Minuten später standen die beiden Männer vor dem Maison de Victor Hugo und sahen neugierig zum ersten Stock hinauf, in dem der große Schriftsteller sechzehn Jahre seines langen Lebens verbracht hatte. »Ein seltsamer Bursche, dieser Hugo«, brummte Peter nachdenklich. »Litt im Alter unter Wahnvorstellungen. Jemand fand ihn einmal, als er versuchte, mit den Zähnen Möbel zu schnitzen.«
»So ähnlich wie Pascal«, brummte Smith.
Peter warf ihm einen überraschten Blick zu. »Der bekannte Philosoph und Mathematiker?«
»Nein«, entgegnete Smith grinsend. »Randis Hund.«
»Was du nicht sagst«, griente Peter. »Was man in Paris so alles lernt.« Er warf einen unauffälligen Blick über die Schulter. »Ah – unsere Benzinkutsche wartet.«
Smith drehte sich um und sah den weißen Audi mitsamt Beule in der Tür am Bordstein anhalten. Peter und er schlüpften auf den Rücksitz. Der Wagen fuhr sofort los, umkurvte den Place des Vosges und bog dann in die Rue de Turenne. Von dort bog der Audi mehrere Male in rascher Folge und scheinbar aufs Geratewohl in immer neue Seitengassen, die ihn immer tiefer in das Gewirr von Einbahnstraßen führten, die den Distrikt von Marais durchzogen.
Jon beobachtete den blassgesichtigen Fahrer, ein schwergewichtiger Bursche mit einer Stoffmütze auf dem Kopf, eine Weile genauer. »Hallo, Max«, sagte er schließlich.
»Morgen, Colonel«, erwiderte der Fahrer und grinste in den Rückspiegel. »Schön, Sie wiederzusehen.«
Smith nickte. Er und Max hatten vor einiger Zeit viele Stunden miteinander verbracht – als sie eine Gruppe arabischer Terroristen von Paris bis an die spanische Küste verfolgt hatten. Der CIA-Agent war vielleicht nicht der strahlendste Stern am Firmament der Agency, aber er war ein sehr kompetenter und fähiger Außendienstmann.
»Werden wir verfolgt?«, fragte Smith, als er sah, dass Max’ Augen ständig in Bewegung waren und jeden Wagen vor und hinter dem Audi und jeden Hauseingang rechts und links checkte, während er durch die vom Verkehr verstopften Straßen von Paris fuhr.
Max schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Das ist nur vorsichtshalber. Wir sind nur besonders vorsichtig, das ist alles. Randi ist ziemlich nervös im Augenblick.«
»Können Sie mir sagen warum?«
Der CIA-Agent schnaubte ausweichend. »Das werden Sie bald genug selber rausfinden, Colonel.« Er lenkte den Audi in eine schmale Gasse. Hohe Gebäude aus grauem Stein ragten rechts und links empor und ließen nur einen schmalen Streifen vom Himmel erkennen. Er parkte direkt hinter einem RenaultLieferwagen, der fast die ganze Gasse blockierte. »Wir sind da«, sagte er.
Smith und Peter stiegen aus.
Die Hecktüren des Lieferwagens schwangen auf und gaben den Blick frei auf das Innere des Wagens, das bis unter das Dach mit Video-, Audio- und Computeranlagen vollgestopft war.
Randi Russel, noch immer als alte Frau verkleidet, saß in dem Renault – zusammen mit einem Mann, den Jon nicht kannte. Pascal war nirgendwo zu entdecken.
Jon stieg in den Lieferwagen, dicht gefolgt von dem Engländer. Sie zogen die Türen hinter sich zu und standen dann mit eingezogenen Köpfen und Schultern in dem engen Raum.
»Schön, dass ihr’s geschafft habt«, sagte Randi. Sie schenkte ihnen ungeachtet der dicken Schminke auf ihrem Gesicht ein blitzendes Lächeln und machte eine Handbewegung, die die Geräte und Apparaturen auf den Regalen auf beiden Seiten des Innenraums umfasste. »Willkommen in unserer bescheidenen Behausung, dem Nervenzentrum
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