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Die Lazarus-Vendetta

Die Lazarus-Vendetta

Titel: Die Lazarus-Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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beschwerte Leinenservietten auf den polierten Korbtischen der Brasserie Ma Bourgogne.
    Jon Smith saß allein an einem Tisch am Rand der Arkaden und lehnte sich behaglich auf dem mit rotem Leder gepolsterten Stuhl des Restaurants zurück. Er blickte über den eingezäunten Platz und betrachtete aufmerksam die vielen Menschen, die über die Bürgersteige schlenderten oder auf Parkbänken saßen und die gurrenden Tauben mit Brotkrumen fütterten.
    » Un café noir, m’sieur « , sagte eine mürrische Stimme neben ihm.
Smith blickte auf.
Einer der Kellner, ein ernst und indigniert dreinblickender älterer Herr, der eine Fliege und eine schwarze Schürze, das Markenzeichen des Ma Bourgogne, trug, stellte eine Tasse mit schwarzem Kaffee auf seinen Tisch.
Smith nickte höflich. » Merci. « Er schob ein paar Euros über den Tisch.
Irgendetwas vor sich hinbrummelnd, steckte der Kellner das Geld in seine Tasche, machte auf dem Absatz kehrt und ging zu einem anderen Tisch, an dem zwei einheimische Geschäftsleute saßen, die – wie es aussah – bei einem vorgezogenen Mittagessen einen Deal besprachen. Smith stieg der köstlich Duft in die Nase, der von ihren mit saucissons de Beaujolais und Pommes frites überladenen Tellern zu ihm herüberwehte. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen. Das Frühstück im Hôtel des Chevaliers lag schon eine ganze Weile zurück, und die zwei Tassen schwarzen Kaffee, die er bereits getrunken hatte, während er wartete, schlugen ihm auf den Magen.
Einen Moment lang überlegte er, ob er den Kellner noch einmal rufen sollte, doch dann verwarf er den Gedanken wieder. Wenn Klein Recht hatte, dann war das hier der erste Treffpunkt des Beobachtungsteams der CIA. Mit ein wenig Glück war das untätige Herumsitzen vielleicht bald vorbei.
Smith wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Menschen zu, die den Platz oder die Trottoirs entlang der Arkaden und Häuserfronten bevölkerten. Selbst am Vormittag war der Place des Vosges ziemlich belebt mit Schülern und Lehrern aus den Schulen in der Nähe, die Pause hatten, jungen Müttern, die Kinderwagen vor sich herschoben, und glücklich kreischenden Knirpsen, die in dem Sandkasten im Schatten einer Statue von Ludwig XIII. auf hohem Ross wühlten. Alte Männer, die über Politik und Sport oder über ihre Gewinnchancen bei der nächsten Ziehung der staatlichen Lotterie diskutierten, standen in kleinen Gruppen zusammen und durchschnitten mit ausholenden, kraftvollen Gesten ihrer Hände die Luft, um ihren Standpunkt zu unterstreichen.
Vor der Französischen Revolution, als er noch Place Royal hieß, war der kleine offene Platz inmitten der Stadt der Schauplatz zahlloser Duelle gewesen. Auf jedem Quadratzentimeter, auf dem die gewöhnlichen Leute von Paris jetzt die Herbstsonne genossen und ihre verhätschelten Hunde von der Leine ließen, hatten sich Kavaliere und junge Aristokraten duelliert und waren gestorben, hatten mit Schwertern oder Degen aufeinander eingehackt und sich aufgespießt oder aus kürzester Entfernung mit Pistolen aufeinander geschossen, nur um ihren Mut zu beweisen oder ihre Ehre zu verteidigen.
Obwohl es heute gang und gäbe war, diese Duelle als die typische Ausgeburt eines barbarischen und blutrünstigen Zeitalters mit einem ironischen Schulterzucken zu kommentieren oder ins Lächerliche zu ziehen, fragte sich Smith, ob das besonders fair war. Wie würden zukünftige Historiker wohl unser so genanntes modernes Zeitalter bezeichnen – eine Zeit, in der Menschen fähig und offenbar entschlossen waren, zahllose Unschuldige abzuschlachten, wann immer und wo immer sie konnten?
Eine rundliche, dunkelhaarige junge Frau in einem knielangen schwarzen Mantel und Bluejeans ging nah an seinem Tisch vorüber. Sie bemerkte, dass er sie ansah, und wurde rot. Eilig ging sie mit gesenktem Kopf weiter. Jon sah hinter ihr her und überlegte unschlüssig. War sie der Kontakt, auf den er gewartet hatte?
»Dieser Platz. Ist der frei, m’sieur? « , krächzte hinter ihm eine vom jahrzehntelangen Rauchen heisere Stimme.
Smith drehte den Kopf und erblickte die hagere, kerzengerade aufgerichtete Gestalt einer würdevollen älteren Dame, die mit strengem Blick auf ihn herabsah. Er hatte den flüchtigen Eindruck von hochgetürmtem, makellos frisiertem grauem Haar, einem von tiefen Runzeln durchzogenen Gesicht, einer vorstehenden, kräftigen Habichtsnase und einem stechenden, raubtierhaften Blick. Von seiner Begriffsstutzigkeit und Langsamkeit enerviert, wölbte sie

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