Die Lazarus-Vendetta
mit Menschen anstellen. Ich hab es mit eigenen Augen gesehen.«
Die Strenge wich aus Randis Gesicht. »Das muss furchtbar gewesen sein, Jon.«
Er nickte und schob die entsetzlichen Erinnerungen zur Seite, die ihn in seinen Träumen noch immer verfolgten. »Das war es, ja.« Er hob den Blick. »Aber ich nehme an, dass es hier – in La Courneuve – noch viel schlimmer war.«
»Es gab viel mehr Tote und anscheinend keine Überlebenden«, nickte Randi. »Nach dem zu urteilen, was die Zeitungen schreiben, muss es grauenvoll gewesen sein, was mit den Leuten passierte.«
»Dann solltest du verstehen, warum ich mir die Männer genauer ansehen möchte, die ihr dabei beobachtet habt, wie sie in der Nacht vor dem Anschlag irgendwelche Sensorgeräte oder Messinstrumente installiert haben«, sagte Smith.
»Du glaubst, dass die beiden Vorfälle was miteinander zu tun haben?«
Er wölbte die Augenbrauen. »Du etwa nicht?«
Randi nickte widerstrebend. »Doch, das denke ich auch.«
Sie seufzte. »Und wir konnten die meisten Fahrzeuge, die diese Typen benutzt haben, zu einer Adresse zurückverfolgen.«
In seinen Augen sah sie die nächste Frage und beantwortete sie, bevor er sie aussprechen konnte. »Richtig, du hast es erraten: Sie sind alle auf dieselbe Adresse hier in Paris zugelassen.«
»Eine Adresse, die zu nennen, ihr in allen euren Berichten peinlichst vermieden habt«, bemerkte Smith.
»Aus verdammt guten Gründen«, fauchte Randi gereizt. Sie verzog das Gesicht. »Tut mir Leid, wenn ich so genervt klinge, Jon. Aber eine Menge von dem, was wir herausgefunden haben, passt einfach in kein einleuchtendes und plausibles Muster, und das geht mir offen gestanden gewaltig auf die Nerven.«
»Na ja, vielleicht kann ich dabei helfen, ein paar von diesen Ungereimtheiten auszuräumen«, bot er an.
Zum ersten Mal hatte Randi so etwas wie die Andeutung eines Lächelns für ihn. »Möglicherweise«, sagte sie. »Für einen Amateuragenten hast du eine geradezu unheimliche Begabung, über Antworten zu stolpern«, gab sie zu. »Gewöhnlich durch Zufall natürlich.«
Smith lachte. »Natürlich.«
Die CIA-Agentin lehnte sich zurück und ließ gedankenverloren den Blick über die Menschen schweifen, die vorübergingen. Plötzlich erstarrte sie. »Du lieber Himmel«, murmelte sie erschrocken. »Was wird das? Eine Art Klassentreffen?«
Smith folgte ihrem Blick und entdeckte einen alten, ein wenig schmuddligen Franzosen mit einer Baskenmütze und mehrfach gestopftem Pullover, der pfeifend und mit beiden Händen in den Taschen seiner verwaschenen Arbeitshose auf sie zukam. Smith sah genauer hin und musste grinsen. Es war Peter Howell.
Der sonnengebräunte Engländer schlenderte über die Straße, die den Platz vom Restaurant trennte, und steuerte direkt auf ihren Tisch zu. Höflich fischte er die Mütze vom Kopf.
»Es ist mir eine Freude, Sie so wohlauf zu sehen, madame « , murmelte er. Seine blassblauen Augen funkelten vor Vergnügen. »Und das ist sicherlich Ihr jüngster Sohn. Ein prächtiger, kräftig aussehender Bursche.«
»Hi, Peter«, erwiderte Randi resigniert. »Du bist also auch in die Armee eingetreten?«
»In die amerikanische?«, fragte Peter mit gespieltem Entsetzen. »Du lieber Himmel, nein, meine Teure! Lediglich ein Fall von zwangloser Zusammenarbeit zwischen alten Freunden und Verbündeten. Ich lecke die Hand, die mich füttert, wenn du weißt, was ich meine. Nein, Jon und ich wollten nur mal kurz vorbeischauen, um rauszufinden, ob du interessiert bist, dich unserem kleinen Pakt anzuschließen.«
»Na super. Ich bin ja sooo froh.« Sie schüttelte den Kopf. »Okay, ich kapituliere. Ihr bekommt von mir alle Informationen, die ich habe, und dasselbe gilt auch für euch. Ich will, dass ihr ebenfalls alle eure Karten auf den Tisch legt. Ist das klar?«
Der Engländer lächelte sanft. »Keine Angst. Du wirst alles zur rechten Zeit erfahren. Du kannst deinem Onkel Peter vertrauen.«
»Sicher kann ich das«, schnaubte Randi wütend. »Es ist ja nicht so, als hätte ich irgendeine Wahl – nicht unter den Umständen.« Sie stemmte sich mühsam von ihrem Stuhl hoch, sorgfältig darauf bedacht, ihre Rolle als gebrechliche alte Frau aufrechtzuhalten. Sie zog den kleinen Pudel an der Leine unter dem Tisch hervor, wo er während der letzten Minuten vergeblich versucht hatte, einen von Smiths Schuhen zu zerkauen. Wieder in ihr nasales Französisch verfallend, krächzte sie:
»Komm, Pascal. Wir wollen uns der Gesellschaft der beiden Gentlemen
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