Die Lazarus-Vendetta
Familie oder Freunden? Bei Leuten, die nicht in der Lazarus-Bewegung sind?«, fragte Smith. »Am besten irgendwo weit weg.«
Sie nickte zögernd. »Ich habe eine Tante in Baltimore.«
»Gut«, sagte Smith. »Ich denke, Sie sollten auf dem schnellsten Weg dorthin fliegen. Heute Nacht noch, wenn möglich.«
»Überlass das mir, Jon«, mischte sich Peter ein. »Diese Leute kennen jetzt dein Gesicht und deinen Namen. Wenn du mit Miss Donovan am Flughafen auftauchst, kannst du ihr ebenso gut gleich eine Zielscheibe auf den Rücken malen.«
Smith nickte.
»Sie waren auch bei der Demonstration!«, sagte Heather Donovan unvermittelt und musterte Peter Howells Gesicht genauer. »Aber Sie sagten, Ihr Name sei Malachi. Malachi MacNamara!«
Er nickte, und das sparsame Lächeln, das um seinen Mund zuckte, ließ die Falten in seinem Gesicht noch tiefer erscheinen. »Ein Nom de guerre, Miss Donovan. Eine schändliche Täuschung vielleicht, aber eine notwendige.«
»Wer sind Sie beide eigentlich?«, fragte sie. Ihr Blick huschte von dem hageren, wettergegerbten Engländer zu Smith und dann wieder zurück. »CIA? FBI? Oder von sonst irgendeinem Geheimdienst?«
»Wenn Sie uns keine Fragen mehr stellen, müssen wir Ihnen keine Lügen mehr erzählen«, sagte Peter. Seine blassblauen Augen funkelten. »Aber wir sind Ihre Freunde. Dessen können Sie sich sicher sein.« Seine Miene verfinsterte sich. »Was weit mehr ist, als man von einigen Ihrer früheren Freunde bei der Bewegung behaupten kann.«
Kapitel zweiundzwanzig
SAMSTAG, 16. OKTOBER CIA-Hauptquartier, Langley, Virginia
Kurz nach Mitternacht betrat CIA-Direktor David Hanson seine mit grauen Teppichen ausgelegte Bürosuite im sechsten Stock. Trotz der Strapazen seines 18-Stunden-Arbeitstags war er nach wie vor makellos gekleidet in seinem gut geschnittenen Anzug, dem frischen, sauberen Hemd und der perfekt gebundenen Krawatte. Er musterte den zerknittert und müde aussehenden Mann, der auf ihn gewartet hatte, mit einem prüfenden Blick.
»Wir müssen miteinander reden, Hal«, sagte er gepresst. »Unter vier Augen.«
Hal Burke, der Leiter des Sondereinsatzkommandos LazarusBewegung der CIA nickte. »Ja, das müssen wir.«
Der Direktor der CIA ging Burke in sein inneres Büro voran und warf seinen Aktenkoffer auf einen der beiden gepolsterten Stühle vor dem Schreibtisch. Mit einer Handbewegung forderte er Burke auf, auf dem anderen Platz zu nehmen. Dann ließ sich Hanson in den Stuhl sinken, faltete die Hände und stützte die Ellbogen auf die blanke Tischplatte des großen Schreibtischs. Über seine Fingerspitzen hinweg musterte er seinen Untergebenen. »Ich komme soeben aus dem Weißen Haus. Wie Sie sich vorstellen können, ist der Präsident im Augenblick nicht besonders glücklich mit uns oder dem FBI.«
»Wir haben ihn gewarnt, was passieren würde, wenn die Lazarus-Bewegung außer Kontrolle gerät«, knurrte Burke gereizt. »Das Teller Institut, die Telos-Laboratorien drüben in Kalifornien und dieser Bombenanschlag in Chicago waren nur der Anfang. Wir müssen aufhören, wie die Katze um den heißen Brei herumzuschleichen. Wir müssen die Bewegung massiv treffen – und zwar jetzt, bevor sie sich noch tiefer eingräbt. Einige ihrer Aktivisten auf der mittleren Ebene bewegen sich nach wie vor in der Öffentlichkeit. Wenn wir diese Leute dingfest machen und zum Reden bringen können, bietet sich uns nach wie vor die Chance, in den inneren Kern einzudringen. Das ist unsere einzige Hoffnung, Lazarus von innen her zu zerschlagen.«
»Ich habe diesen Punkt sehr stark herausgestrichen«, sagte Hanson. »Und ich bin nicht der Einzige. Castilla bekommt von den politischen Schwergewichten aus beiden Parteien im Senat und im Repräsentantenhaus eine Menge zu hören.«
Burke nickte. In der CIA war bereits durchgesickert, dass Hanson fast den ganzen Tag lang damit beschäftigt gewesen war, seine Runde auf dem Capitol Hill zu machen, um sich mit den Vorsitzenden der diversen Geheimdienst-Komitees des Senats und des Repräsentantenhauses sowie den Sprechern der Mehrheit und der Minderheit beider Kammern zu vertraulichen Gesprächen zu treffen. Mit dem Ergebnis, dass seine mächtigen Verbündeten im Kongress von Präsident Castilla forderten, die Lazarus-Bewegung offiziell als eine terroristische Organisation einzustufen. Sobald dies geschehen war, konnte man die Glacéhandschuhe ausziehen, und die BundesErmittlungsbehörden und die Geheimdienste hätten freie Hand, mit der gebotenen
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