Die Lebenskünstlerin (German Edition)
Zukunft. Er schmiedet Pläne, redet über künftige Familientreffen. Mein Tanzbär will für mich vegetarisch kochen, mit mir sogar Gemüse kaufen. Ich habe keine Ahnung, was ich jetzt tun soll. Beim Duschen schmettert er fröhlich und hingebungsvoll irgendwelche schrägen Arien. Den armen Mann kann ich nicht einfach kommentarlos auf die Straße setzen.
Behutsam erkläre ich ihm, dass es mit uns nichts wird. Das will er nicht verstehen und fängt doch tatsächlich an zu weinen. Mit dem blöden Spruch „Lass mir ein bisschen Zeit, ich bin noch nicht offen für eine Beziehung“ schicke ich den liebestollen Adonis nach Hause. Zwar fühle ich mich damit mies, bin aber dennoch erleichtert, dass ich den Mut hatte, halbwegs offen und ehrlich zu ihm zu sein.
Carmen und Elena warten schon im Foyer des noblen 5-Sterne-Hotels in Frankfurt auf mich. Elena hat ein Buffet für drei Personen geschenkt bekommen und Carmen und mich dazu eingeladen.
Gut gelaunt bewundern wir gegenseitig unsere Garderoben. So wunderbar rausgeputzt und elegant gekleidet sehen wir aus wie leckere Appetithäppchen.
Mangels freien Plätzen werden wir von einer freundlichen Dame im schwarzen Kostüm zu zwei seriösen Herren an den Tisch geführt.
Ein griechischer Gott stellt sich uns formvollendet vor. Dazu legt er diskret sein Besteck nieder, tupft die Mundwinkel mit der blütenweißen Stoffserviette ab und steht auf, um uns die Hand zu reichen, während er bei dieser herzlichen Begrüßung eine leichte Verbeugung andeutet.
Dichtes dunkles Haar umrahmt sein markantes Gesicht mit Lachfältchen um die schwarzen Augen und unter der schön geschwungenen Nase blitzen strahlend weiße Zähne zwischen wahrscheinlich weichen und vollen Lippen hervor. Der Händedruck ist angenehm, ja fast sinnlich, verwirrend.
So stelle ich mir den griechischen Gott Eros vor. Ich sehe seinen göttlichen Körper in weißem Leinen verhüllt, mit glänzendem Goldbrokat verziert. Dazu trägt er einen Köcher mit Liebespfeilen auf dem breiten muskulösen Rücken. Mit seiner goldenen Pfeilspitze entfacht er die Leidenschaft.
Eros lächelt wissend, als ich ihn anstarre. Ertappt versuche ich in die Realität zurückzufinden, während sich der göttliche Grieche als Dr. Raphael Claudio zu erkennen gibt und seinen Kollegen zuvor als Dr. Haase vorstellt.
Raphael - er ist kein griechischer Gott, er ist ein Erzengel.
Sein Kollege Dr. Haase, ein etwas ungesund aussehender Mann mit schwarzgrauem zotteligen Oberlippenbart, wirkt langweilig und uninteressant. Beide arbeiten als Ärzte in einer psychiatrischen Privatklinik im Taunus.
Meine beiden Damen sind von Raphael, dem Dr. Claudio, völlig angetan. Zumal sich herausstellt, dass er auch noch Chefarzt dieser Psycho-Klinik ist. Das erhöht seine Attraktivität noch um ein Vielfaches. Doch mein Erzengel hat jedoch offensichtlich nur Augen für mich.
Elena äußert auf dem Toilettengang, den Mädels zwecks Informationsaustausch ja immer gemeinsam erledigen, dass meine Augen strahlen würden und sie bei mir mein typisches Werbeverhalten beobachten kann: Brust raus, Bauch rein und lächelnd zuhören. Ab und an etwas Superintelligentes zum Gespräch beitragen, als sei dies das Alltäglichste von der Welt.
Sie hat recht. Auch wenn ihre Worte leicht bissig klingen. Ich bin an dem schmucken, griechischen, göttlichen Erzengel mit dem umwerfenden Lächeln interessiert. Mehr als das, ich will unbedingt, dass er auf mich abfährt.
So bin ich tief enttäuscht, als die Herren sich schon bald förmlich von uns verabschieden.
Doch Raphael, wir duzen uns inzwischen alle, steckt mir seine Visitenkarte zu und bittet mit vielversprechendem Augenzwinkern um ein Treffen. Dazu schlägt er einen Spaziergang durch die hübsche Parkanlage Wilhelmsbad in Hanau vor. Mit anschließendem Konzertbesuch.
Hier brauche ich keinen Terminkalender um sofort zuzusagen. Wie betäubt erlebe ich den restlichen Tag. Meine Freundinnen schimpfen mit mir, dass ich geistig völlig abwesend sei. Heftig hat mich der goldene Liebespfeil erwischt.
In den nächsten Tagen dreht sich für mich alles nur noch um diese anstehende Verabredung. Beschwingt flitze ich in etliche Boutiquen und Kaufhäuser, um mir etwas Aufregendes zum Anziehen zu kaufen. Es soll aber auch nicht billig aussehen. Ich drehe unendlich viele Kleiderständer und probierte stapelweise Klamotten. Solange, bis ich ein umwerfendes Outfit finde:
Ein elegantes weinrotes Kleid, welches meine
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