Die Lebenskünstlerin (German Edition)
lassen wir drei Freundinnen noch einmal das gemeinsam erlebte Revue passieren und lachen über die ein oder andere Geschichte. Das schönste Erlebnis war wieder einmal die Jahresendfeier mit dem Lagerfeuer, da sind wir uns einig.
Elena kommt noch mit zu mir in die Wohnung, Carmen zieht es nach Hause und herzlich verabschieden wir sie.
In meiner Wohnung erwartet mich ein Brief von Konrad. Na, der hat wohl noch nicht gespürt, dass er längst filetiert in einem Papierschiffchen flussabwärts geschwommen ist.
Meine Freundin stellt fest, ich sei mit einem Mal käseweiß.
Zittrig öffne ich das weiße Kuvert.
In ewiger Liebe, dein Konrad - steht auf einer Karte. Anbei noch zwei Fotos von mir, auf dem Balkon sitzend und bevor ich mit dem Auto in meine Garage fahre.
„Seine Spannerbilder kann er für sich behalten“, schimpfe ich meine aufsteigende Angst weg.
„Was soll das? Ich habe ihn losgelassen, er schwimmt mit einem Schiffchen irgendwo im Spessart in einem Fluss herum und ist dort auch hoffentlich abgesoffen.“
Ich werde nicht darauf reagieren, auch wenn Elena vorschlägt, ich solle ihn doch mal anrufen, was er damit bezwecke. Sie hat keine Ahnung, dass er genau darauf hofft und mich wieder in seine Klauen bekommen will. Keinesfalls werde ich reagieren. Bald habe ich ja wieder Therapie, tröste ich mich.
Nachdem Elena nun auch nach Hause gefahren ist, wirkt die Einsamkeit auf mich fast erschlagend. Ich wasche meine Wäsche, hänge sie sorgfältig zum Trocknen auf und verstaue alles gewissenhaft, was ich mitgenommen hatte.
Doch auch das verstärkte Konzentrieren auf diese Alltäglichkeiten beruhigt mich nicht. Meine Stimmung ist auf dem Nullpunkt.
In ewiger Liebe.
Was bedeutet das? Klingt wie eine Drohung.
Da ich die Spannung in mir nicht mehr aushalte, besuche ich das Meeting in Aschaffenburg. Dort kann ich alles loswerden, was mich bedrückt und fühle mich sogleich besser. Auf dem Heimweg fahre ich langsam über die fast unbefahrene Autobahn und schimpfe mir alles von der Seele:
Was auch immer Konrad damit bezwecken will, das ist doch egal. Es ist so was von vorbei. Was denkt der sich bloß dabei? Hat er sie noch alle? Hat wohl Langeweile der Knallfrosch. Ich bin fertig mit ihm. So was werde ich niemals mehr zulassen. Inzwischen bin ich mir mehr wert. Er hätte keine Chance mehr, mich so zu erniedrigen, wie er es in unserer gemeinsamen Zeit geschafft hat.
Ich kann froh und dankbar sein, dass ich diese Beziehung überlebt habe.
Tränen laufen über meine Wangen. Tränen der Wut und Hilflosigkeit.
Konrads Macht als destruktiver Erpresser funktioniert nur solange, wie ich meine Aufmerksamkeit auf ihn richte, dann fühlt er sich weder verlassen noch gleichgültig aufgegeben. Dennoch schafft er es immer wieder, meine Aufmerksamkeit zu bekommen:
In ewiger Liebe.
Laut schreie ich im Wagen in den nächtlichen Himmel:
Er hat mich wie Dreck behandelt, mich mit seinen endlosen Diskussionen und seinem hirnlosen Kritisieren gequält. Er hat mir geschadet, mich erpresst. Er ist ein Nörgler, ein unfähiger Depressiver, ein jämmerlicher Lebensverweigerer, ein vollkommener Loser, Taugenichts, Kranker.
Als ich alles hinaus geschimpft habe, fühle ich mich entschieden besser. Im Auto herumschreien wirkt wahre Wunder.
Mühsam beherrscht fahre ich mein Auto in die Garage und möchte die Vorstellung in meinem Kopf ignorieren, dass der Spanner wieder irgendwo hinter den Containern oder im Gebüsch hockt.
Der tyrannische Fünfjährige im Körper eines Greises. Der hofft wohl, dass ich auf seine emotionalen Erpressungen noch reagiere.
Seine ekelhaften Wahrheitsverdrehungen als Rechtfertigung vor sich selbst. Pfui. Und diese irren Pathologisierungen, wobei er mir weismachen wollte, dass ich krank beziehungsweise verrückt bin, weil ich nicht seiner Meinung war und ihm Widerstand entgegenbrachte. Adios du chaotischer, rücksichtsloser Borderliner mit deinen Identitätsstörungen und Psychosen. Weg aus meinem Leben!
Die Anspannung lässt langsam in meiner Wohnung wieder nach. Trotzdem vermeide ich es, Licht anzuschalten, da ich keine Rollläden habe und somit von draußen zu erkennen wäre, ob ich hier bin. Doch paranoid?
Mit Elena verabrede ich mich zum Kinobesuch. Vorher telefoniere ich lange mit meinen Söhnen und rufe Manuela zurück, die mehrmals auf meinem Anrufbeantworter gesprochen hat.
Sie hat jetzt eine Pseudoleberentzündung. Vor meinem Urlaub klagte sie über eine Milch- und
Weitere Kostenlose Bücher