Die Lebenskünstlerin (German Edition)
lebhaft und lachen, jammern und philosophieren.
Mir geht es wieder richtig gut. Abends rüschen wir uns zum Tanzen auf, eine wunderbare Zeit.
Danach blättere ich noch ein wenig in dem Feng Shui-Buch, welches Elena mir mitgebracht hat. Da steht doch glatt, dass die meisten Menschen keinen Partner bekommen, weil überhaupt kein Platz in ihrem Leben dafür vorhanden sei. Sie sind zu beschäftigt, haben zu viele Freizeitverpflichtungen, selbst im räumlichen Sinne gäbe es keinen freien Bereich.
Die Badezimmerschränke quellen über mit dem eigenen Kosmetikvorrat, ein potentieller Partner könnte noch nicht mal ein Handtuch aufhängen, sich auf einen freien Stuhl setzen, hätte kein Kopfkissen und so weiter.
Die Autorin schlägt vor, dass man bei einem Partnerwunsch das eigene Leben und die Wohnung inspiziert, Platz schafft, überflüssige Aktivitäten und Verpflichtungen aufgibt, die Hälfte des Badezimmerschrankes ausräumt, einen weiteren Handtuchhalter montiert.
Gute Idee, sogleich räume ich in meinem Bad herum. Auch ich habe Überflüssiges stelle ich fest, einiges davon landet gleich im Müll. Tatsächlich schaffe ich es, ein Drittel auszuräumen.
Meine Sitzgelegenheiten sind glücklicherweise frei geräumt, ein potentieller Partner hätte Platz.
Aber ich will ja doch keinen mehr.
Beim Meeting der Angehörigen gibt es Zoff, Roberts Exfrau randaliert nebenan beim Alkoholikertreffen. Einige beruhigen sie schließlich und die Wortbeiträge können weiter gehen.
Unser Angehörigenmeeting ist nur mit einer Glaswand von dem der Alkoholiker getrennt, deswegen kann ich deutlich das ganze Procedere mitverfolgen.
Ortrun bringt gerade einen ihrer endlosen Vorträge über eine längst vergangene Zeit und Stefanie gähnt drei- oder viermal und springt dann überraschend auf, um sich zu verabschieden. Sie sei müde. Ich stehe das zähe Meeting durch, irgendwie ist es unproduktiv, selbst ich möchte heute nichts sagen, was in die Tiefe geht.
Froh bin ich, als die Alkoholiker ihren Gelassenheitsspruch mit solch einer Lautstärke vortragen, dass selbst Ortrun an das Beenden des Meetings denkt.
Wir räumen unsere Wassergläser weg und dann will ich schnell nach Hause. Nicht ohne vorher langsam an Lukas vorbei zu gehen, den ich letztes Jahr während der Weihnachtsfeier durch Maxi kennengelernt hatte.
Er begrüßt mich auch sogleich nett und begleitet mich anschließend zum Parkplatz. Wir plaudern über unsere Interessen, über unseren Musikgeschmack.
Spontan dreht er die Musik an seinem CD-Player im Auto auf und spielt seine Lieblingsmusik vor: Ratatatata ratatatatata - ein Trommelwirbel, unverkennbar von Safriduo, played-a-live, the bongo-song.
Ich lache lauthals. Verwundert sieht er mich mit seinen wunderschönen Augen an. Mein Auto parkt direkt neben seinem. Ohne etwas zu erklären, öffne ich nun meine Autotür und stelle gleichfalls den CD-Player an: Ratatatata ratatatatata - der gleiche Song, was für ein Zufall. Oder ist es gar Vorsehung? Es soll ja keine Zufälle geben.
Lukas lacht nun auch herzhaft, seine Grübchen sind goldig, seine Augen leuchten. Er erzählt, dass er oft ins Agostea nach Lieblos zum Tanzen fährt. Mit ein paar weiblichen Bekannten.
Er will mich mal abholen.
Mal sehen.
Ja, gefallen würde er mir schon. Heute redet er unablässig, allerdings hauptsächlich nur von sich. Beim letzten Mal, als ich hier das Meeting besuchte, nahm er mich überhaupt nicht wahr. Komisch. Das gibt einen fetten Minuspunkt.
Hoffentlich nicht wieder ein Depressiver oder Psychopath.
Unter Umständen bin ich inzwischen überübervorsichtig mit Männern. Aber tanzen könnte ich ja mal mit ihm, das ist doch unverbindlich, zumal noch ein paar andere Frauen mitfahren.
Schau dir die Freunde eines Mannes an und überprüfe das Verhältnis zu den Eltern: Plus- oder Minuspunkte?
Er ist mit dem aufmerksamen Maximilian befreundet. Ein kerniger Mann ohne Essmanieren mit einem goldenen Herzen.
Und das Verhältnis zur Mutter? War wohl nichts. Sie hat den armen Bub als Einzelkind inhaliert. Eingeengt. Aber sein Vater war angeblich supertoll. Na denn.
Ich will nur tanzen gehen, sonst nichts.
Also schicke ich Lukas eine unverfängliche E-Mail, woran ich bald eine dreiviertel Stunde feile. Prompt ruft er kurz darauf an und sagt, dass er mich am Wochenende zum Tanzen abholt.
Klappt doch.
Spontan ist er ja. Pluspunkt.
Während wir telefonieren, sammle ich innerlich Plus- und Minuspunkte. Ich will konsequent
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