Die Lebensprinzipien
herabreden und -beten und sich bis heute regen Zuspruchs erfreuen. Das Niveau von Alice Baileys Durchsagen ist aber selten wieder erreicht worden.
Insgesamt ist alle Schriftstellerei unter Zwillinge-Merkur einzuordnen, im doppelten Sinn, wenn sie sich auf Essays und Kurzgeschichten verlegt. Darüber hinaus gehören grundsätzlich neben Novellen auch so umfassende Werke wie die Göttliche Komödie von Dante Alighieri , die den Entwicklungsweg von der Hölle zum Paradies thematisiert, zu diesem Merkurprinzip.
Im Bereich der Literatur ist Thomas Mann ein typisches Beispiel für dieses Merkurprinzip. Mit seinem detailgetreuen, genauen und sehr neutralen Stil war er enorm produktiv. Sein Roman Der Zauberberg ist eine sehr präzise beobachtete Krankheitsbilderbeschreibung der Schwindsucht, die eine Symptomdeutung im Sinne von Krankheit als Symbol mit einschließt und das seelische Muster hinter dieser damaligen Volksseuche ausgesprochen treffend darstellt. In den Buddenbrooks liefert er ein detailgetreues Sittengemälde der Zeit, in dem man lesend mitleben und in die Zeit mit ihren Problemen eintauchen kann. Die Erzählung Tod in Venedig konfrontiert mit dem Thema Homosexualität, das den Dichter zeitlebens umtrieb, das er aber aus seinem eigenen Alltag hermetisch ausschloss. So blieb er ein gespaltener und zerrissener Mensch, der eine andere Rolle – wenn auch erfolgreich – spielte, als ihm zugedacht war, was auch aus seinen zahlreichen Tagebüchern hervorgeht.
Unter dem Zeichen Zwillinge wurde auch Anne Frank geboren, die uns ebenfalls mit ihren Tagebüchern ein wichtiges menschliches Zeitzeugnis eines schweren und kurzen Lebens und Beispiels für den Nazi-Terror hinterlassen hat.
Interessant für das Verstehen des Zwillinge-Merkurprinzips ist weiterhin Arthur Conan Doyle , der geistige Vater von Sherlock Holmes. Seine verschlungenen, raffinierten Kriminalgeschichten leben vom Spannungsbogen zwischen den extremen Charakteren von Holmes und seinem Gehilfen Dr. Watson. Daneben war Conan Doyle einer der bedeutendsten Hermetiker Englands und hat offenbar den großen Bogen zum spirituellen Lebensziel geschafft mit starken Einschlägen von Jungfrau-Merkur.
Beim deutschen Literaturkritik-Papst Marcel Reich-Ranicki können wir viel von seiner Zwillinge-Merkurnatur erkennen. Als ausgewiesener Kenner und unbestrittene Autorität der deutschen Literatur ist er auch selbst ein hervorragender Schriftsteller und schaffte es auf hohem Niveau in die Bestsellerlisten. Seine Kritiken sind oft sehr scharf und meist treffend, sehr genau und manchmal vernichtend, was schon mehr zum Plutoprinzip neigt. Die Kritik an sich aber gehört zu Jungfrau-Merkur.
Unter den Stilrichtungen entsprechen die Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts dem Zwillinge-Merkurprinzip. In der bildenden Kunst sind bei Zwillinge-Merkur Illustrationen, Zeichnungen, Collagen und Fotografien urprinzipiell beheimatet. Der Fotorealismus zum Beispiel eines Gottfried Helnwein ist hier (arche-)typisch.
Die große Kunst von Albrecht Dürer ist ein weiteres Beispiel. Wenn Dürer einen Hasen malte, garantierte sein merkurialer Zeichenstil, dass jedes einzelne Haar am richtigen Ort saß. Bei seiner berühmten Studie »Betende Hände« ist nicht nur das Sujet Zwillinge-Merkur, sondern auch die Art der Durchführung als Zeichnung, bei der das grafische Element weit vor Farbe rangiert und Letztere sogar überflüssig macht.
Unter den Malern ist Paul Gauguin zu erwähnen, der so beweglich und reiselustig war, dass er die Südsee Europa vorzog. Seine farbenfrohen Themen und sein Lebensstil sind aber eher seinem Löwe-Aszendenten geschuldet. Beim niederländischen Grafikkünstler Mauritz Escher , der mit einer Zwillinge-Sonne und einem Jungfrau-Aszendenten geboren ist, verbindet sich der irdisch
schwere mit dem luftig leichten Merkuraspekt. Seine äußerst raffinierten Verwirrbilder spielen den Sinnen und der Logik gern Streiche und verführen zu kritischer und genauer Beobachtung.
In der Musik passen das Musical und natürlich alle Wanderlieder wie das klassische »Das Wandern ist des Müllers Lust« zu Zwillinge-Merkur. Überhaupt war die Wandervogel-Bewegung ein (arche-) typisches Zwillinge-Merkurphänomen. Die Love-Parade zeigte für die heutige Zeit zwar nicht vom Thema, aber von der anspruchslosen Art viele Zwillinge-Merkuraspekte: Man traf sich in riesigen Massen ohne tiefe Verbundenheit – jedenfalls keine, die über den Moment hinausging –, war in guter
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