Die Lebküchnerin
er Benedicta am besten vor ihren Häschern warnen konnte.
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Niedergeschlagen kehrte Benedicta in das Bäckerhaus zurück. Beinahe hätte Konstantin sie in den Arm genommen. Und dann?, fragte sie sich. Was wäre dann gewesen? Hätte das irgendetwas verändert?
Missmutig betrat sie die Backstube. Die Arbeit würde sie bestimmt von ihren Gedanken an diesen Mann ablenken.
»Anselm, was suchst du denn hier?«, fragte sie erstaunt, als sie den Bäckermeister bei der Arbeit vorfand. »Wirst du nicht mehr von Frau und Kind gebraucht?«
Er strahlte über das ganze Gesicht. »Ich habe den hübschesten Sohn in der ganzen Stadt. Und stell dir vor, was geschehen ist – ich habe unverhofft Hilfe bekommen. Lukarde klopfte kleinlaut an meine Tür und entschuldigte sich für das Unheil, das ihr Vater über unsere Familie gebracht hat. Von der Hebamme hörte sie, dass das Kind gekommen ist, und wollte unbedingt nach Agnes schauen. Und nun war sie die ganze Zeit bei ihr und ist eben gerade erst wieder gegangen. Die beiden Frauen haben miteinander gescherzt. Ich hörte sie bis auf den Flur heraus lachen.«
»Lukarde hat Agnes einen Besuch abgestattet?«, fragte Benedicta ungläubig.
»Ja, stell dir vor, und sogar ein Geschenk hat sie ihr mitgebracht. Ein süßes weißes Brot.«
Benedicta erstarrte. Vor ihrem inneren Auge sah sie verschiedene Bilder auftauchen: das angebissene Brot, das Weißbrot auf der Straße, Artemis’ Verrenkungen im Todeskampf … Crippins Hände wie eine Kralle … und wie von ferne erklang ein Satz aus ihrer Erinnerung. Erst leise, dann immer lauter. Hast du mich nicht vorhin in allen Einzelheiten ausgefragt, wie es mit diesem barmherzigen Mädchen gewesen ist, das dem Bäcker das Weißbrot brachte? So hatte der alte den jungen Wärter gefragt.
»Nein!«, schrie Benedicta wie von Sinnen. »Nein!« Sie rannte die Stiege hinauf und nahm immer zwei Stufen auf einmal. Oben angekommen, riss sie Agnes’ Kammertür auf. Sie betete, dass sie sich irrte, aber die Wirklichkeit war noch grausamer als ihre schlimmsten Befürchtungen. Der Körper ihrer Freundin zuckte und wand sich in Krämpfen, aber es war noch ein Rest Leben in ihr. Agnes versuchte etwas zu sagen, aber sie konnte nicht mehr deutlich sprechen. Benedicta meinte das Wort »Mühlstein« zu verstehen.
»Ja«, schluchzte Benedicta, »dein verdammter Mühlstein im Bauch. Hätte ich dir doch bloß geglaubt!«
Noch einmal warf Agnes den Kopf zur Seite. Eine verzerrte Fratze blickte Benedicta entgegen. Agnes stieß einen Seufzer aus. In den Krallen, zu denen sich ihre Hände im Todeskampf verkrampft hatten, lag ein angebissenes Stück Weißbrot. Es war entsetzlich still in der Kammer, bis das Kind leise zu wimmern begann.
III. T EIL
Ich weiß eine Farbe, der bin ich so hold,
Die achte ich höher als Silber und Gold;
Die trag’ ich so gerne um Stirn und Gewand,
Und habe sie Farbe der Wahrheit genannt.
Wohl reizet die Rose mit sanfter Gewalt;
Doch bald ist verblichen die süße Gestalt:
Drum ward sie zur Blume der Liebe geweiht;
Bald schwindet ihr Zauber vom Hauche der Zeit.
Sophie Mereau (1770-1806), aus »Feuerfarb«
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Die Hinrichtung der zweifachen Giftmörderin Lukarde Burchard wurde wie ein Volksfest begangen. Der Rat hatte sie zum Tode verurteilt, nachdem man in ihrer Kammer vergiftetes Weißbrot gefunden hatte. Sie hatte blauen Eisenhut mit eingebacken, und zwar in Mengen, die ganze Familien hätten auslöschen können.
Benedicta verabscheute diese Feste. Schon mehrere Male, seit sie in Nürnberg lebte, hatte sie eine aufgestachelte Menge durch die Stadt zum Galgenberg ziehen sehen. Es war ihr unheimlich, wie sich die Menschen am Leiden der Verurteilten ergötzten. Natürlich sollten Verbrecher ihrer gerechten Strafe überführt werden, aber Benedicta störte diese Lust am Geifern, die an solchen Tagen ungehemmt zur Schau getragen wurde. Einige Gaffer musizierten auf Instrumenten, die sie gar nicht beherrschten, nur um Krach zu machen, und wieder andere beschimpften die Verurteilten auf ihrem letzten Weg, wenn sie sie nicht gar mit Unrat bewarfen. Benedicta ekelte sich vor dem Schweiß, den die Menge ausströmte, und vor dem stinkenden Atem derer, die dem Bier oder dem Wein reichlich zugesprochen hatten.
Zu ihrem Verdruss konnte sie sich an solchen Tagen auch nicht ins Bäckerhaus zurückziehen, denn am Stand wurde jede Hand gebraucht. An Tagen von Hinrichtungen ließ sich nämlich doppelt so viel Backwerk verkaufen wie
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