Die Lebküchnerin
Verdacht geschöpft. Sie glaubte, ich würde Julian näher kennen. Da habe ich behauptet, ich sei eine Magd von Burg Ehrenreit, und Ihr hättet mich als Euer Liebchen mit nach Nürnberg genommen und dann fallen gelassen. Ich wollte von Julian und mir ablenken.«
Zu Benedictas großer Überraschung lachte Konstantin laut heraus. »Man sollte nicht glauben, dass Ihr im Kloster gelebt habt. Was Euch alles so einfällt! Eine wirklich gute Geschichte.«
»Nicht ganz so gut«, gab Benedicta zerknirscht zu. »Sie hat mir die Magd nicht abgenommen, und Euch traut sie solch ungehöriges Verhalten nicht zu, aber sie glaubt wenigstens, dass ich etwas mit Euch zu schaffen habe, nicht mit Eurem Bruder.«
»Dann wollen wir hoffen, dass sie nie die Wahrheit erfährt«, seufzte Konstantin. Er war jetzt wieder ganz ernst geworden und trat einen beherzten Schritt auf sie zu.
Benedictas Knie wurden weich bei dem Gedanken an die Umarmung, die nun folgen würde, doch in diesem Augenblick wurde die Tür aufgerissen, und Berthold von Ehrenreit betrat die Diele.
Wütend funkelte er seinen Neffen an. »Hast du nichts Besseres zu tun, als mit fremden Weibern zu tändeln?«
Dann wandte er sich an Benedicta. »Und du verlässt auf der Stelle mein Haus. Wie auch immer du zu meinem Neffen stehst – eine Magd bist du nicht.«
Er ließ den Blick über ihre Hände schweifen. »Nein, du hast in deinem Leben noch nicht allzu viel gearbeitet.« Mit diesen Worten schob er Benedicta zur Tür hinaus.
Konstantin wollte ihr nachlaufen, aber der Onkel stellte sich ihm in den Weg und befahl ihm ausdrücklich zu bleiben. »Ich habe ein ernstes Wort mit dir zu reden. Du bist ein fleißiger junger Mann, aber in letzter Zeit wirst du immer mehr zum Tagträumer. Du vernachlässigst deine Pflichten. Hat dies etwas mit jenem Weib zu tun?«
»Onkel, bitte sprich nicht so abfällig über sie! Du hast recht. Sie ist keine Magd, aber mehr darf ich dir nicht verraten. Nur dass sie von höherem Stand ist, als es den Anschein hat.«
»Das habe ich mir doch gedacht!«, rief Berthold schadenfroh aus. »Ich hatte schon beim ersten Mal ein merkwürdiges Gefühl. Sag bloß, es ist diese Nonne, deretwegen sich dein Bruder ins Unglück stürzte?«
»Nein, natürlich nicht … Ich meine, sie ist …«, stammelte Konstantin.
»Also doch! Ich kann dir nur raten, dich von ihr fernzuhalten. Man ist ihr auf den Fersen.«
»Der Provinzial weiß, wo sie sich aufhält?«
Berthold von Ehrenreit schüttelte unwirsch den Kopf. »Nein, der Provinzial behauptet doch inzwischen, es sei gar keine Nonne aus Engelthal geflüchtet, nachdem einige reiche Familien ihre Töchter aus dem Kloster geholt und nach Frauenaurach verbracht haben, welches nicht zu seiner Ordensprovinz gehört. Nun behauptet er, es sei alles ein böses Gerücht, um Engelthal zu schaden, und wirbt damit, dass die ehemalige Priorin des Klosters Visionen hat. Ihr solltet beizeiten einmal nach Eurer Muhme sehen.«
Konstantins Gesicht erhellte sich. »Er lässt sie nicht mehr verfolgen? Das muss ich ihr unbedingt erzählen. Bedeutet es doch, dass sie sich nicht mehr verstecken muss …« Er war so erleichtert, dass er in den Korb griff und von einem der Lebkuchen abbiss.
»Das schmeckt ja köstlich! Ganz köstlich!«, schwärmte er.
»Du freust dich zu früh, mein Junge. Ihre Familie hat sich an den Rat gewandt mit dem Anliegen, sie streng zu bestrafen, wenn man ihrer habhaft wird.«
»Wer ist ihre Familie?«
»Adelheit von Altmühl, ihre Mutter, und Conrat von Altmühl, ihr Bruder. Sie verlangen, dass man sie in ein entlegenes Kloster bringt und dort am besten einmauert.«
»Einmauert? Um Himmels willen, was sind das für Menschen?«
»Ihr Bruder ist ein angesehener Regensburger Kaufmann. Er handelt mit Tuchen und Seide.«
»Ich muss sie warnen«, murmelte Konstantin mehr zu sich selbst, aber sein Onkel besaß gute Ohren.
»Halt dich da heraus! Der Rat ist gewillt, im Sinn der Familie zu entscheiden, um einen Streit zwischen Regensburg und Nürnberg zu verhindern, sollte sich das Mädchen tatsächlich in Nürnberg aufhalten, was unser Rat ausdrücklich bestreitet. Und wenn du ihr unbedingt einen guten Ratschlag erteilen willst, dann den, schnellstens aus unserer Stadt zu verschwinden. Dieses Haus wird sie jedenfalls nicht mehr betreten. Ich möchte nicht in die Sache hineingezogen werden. Hast du verstanden?«
Konstantin aber hörte seinem Onkel gar nicht mehr zu. Fieberhaft grübelte er darüber nach, wie
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