Die Lebküchnerin
alles gedankt. Wenn ich geahnt hätte, dass sie einmal mein rettender Engel würde …, ging es ihr wehmütig durch den Kopf. Wahrscheinlich hat Adelheit verhindert, dass ich Walburga noch einmal begegne.
Als sie auf dem Wagen durch die Gassen ratterten, hoffte Benedicta insgeheim, dass ihnen Konstantin begegnen würde. Dass er just in dem Augenblick von seiner Reise zurückkehrte. Vergeblich! Stattdessen drang ihr Adelheits Gezeter unangenehm ans Ohr. Ihre Stiefmutter schimpfte ohne Unterlass darüber, dass der Provinzial ihnen Berchta mitgegeben hatte.
Am Frauentor tat Jasper seinen Dienst. Er staunte nicht schlecht, als er Benedicta erkannte und sie in Begleitung der Regensburger fand.
»Was hast du mit denen zu schaffen?«, raunte er ihr zu, doch Adelheit besaß gute Ohren.
»Sie wird in Regensburg Hochzeit mit meinem Sohn feiern«, sagte sie schnippisch, während sie dem Narbengesichtigen, der sich kriecherisch vor ihr verbeugte, ein paar Geldstücke zusteckte.
Geflissentlich winkte er den Wagen durch.
57
Konstantins innere Unruhe wollte nicht weichen, nachdem er auf dem Rückweg von seiner Handelsreise einen Abstecher auf die Burg Ehrenreit gemacht hatte. Natürlich hatte er erwartet, das junge Paar dort anzutreffen. Schließlich war einige Zeit vergangen, seit Julian zurückgekehrt war. Warum hatte er Benedicta noch nicht aus der Stadt mitgebracht? Ob seine Verletzung ihn daran hinderte?
Es soll nicht meine Sorge sein, dachte er, während er sein erschöpftes Pferd in den Hof führte. Ich muss darauf vertrauen, dass Julian Benedictas Wohl im Sinn hat und dass er entsprechend handelt. Und trotzdem beruhigte ihn der Gedanke nicht, dass sich Benedicta nun in der Obhut seines Bruders befand. Im Gegenteil, er spürte eine unterschwellige Wut in sich aufsteigen. Und zwar auf Julian, der Benedicta erst ihrem Schicksal überlassen hatte und zur Belohnung mit offenen Armen von ihr aufgenommen wurde. Außerdem tat ihm Alisa leid, deren Leiden Julian nicht im Geringsten zu bekümmern schien.
Und noch etwas wurmte ihn. Er hatte sich doch tatsächlich eingebildet, dass er, Konstantin, Benedicta etwas bedeute, aber das hatte sich nun als bedauerlicher Irrtum herausgestellt. Und doch quälte er sich mit der Frage, wie verlogen eine Frau sein musste, um ihn mit solcher innigen Leidenschaft zu küssen und dabei offenbar gar nichts zu empfinden. Vielleicht sollte er in Benedicta nur ein lockeres Frauenzimmer sehen, das nicht wählerisch war, wem sie die Gunst eines Kusses schenkte. Doch tief im Herzen wusste er, dass das nicht ihrem Wesen entsprach.
Konstantin war so tief in Gedanken versunken, dass er seinen Onkel erst bemerkte, als dieser ihn anfuhr: »Habe ich dir nicht gesagt, diese Nonne soll uns in Ruhe lassen? Jetzt hat sie sich erdreistet, uns vorhin so ein Weib mit einer Botschaft für dich ins Haus zu schicken.«
»Die Nonne? Eine Botschaft? Da hat sich jemand einen Scherz erlaubt«, erklärte Konstantin betont unbeteiligt.
»Die Frau, die diese Botschaft überbrachte, behauptete, die Nonne befinde sich in Sankt Katharinen.« Berthold lachte höhnisch. »Wahrscheinlich hat man sie endlich eingefangen, und der Provinzial wird endlich über sie zu Gericht sitzen. Vielleicht sollst du sie ja retten. Wir haben im Rat jedenfalls nichts mehr über ihren Verbleib gehört.«
»Bitte, Onkel, mir ist nicht nach Scherzen zumute. Ich weiß zufällig, dass sie in Sicherheit ist und dass sich jemand einen Spaß mit dir oder mir erlaubt hat.«
»Du liebst sie, nicht wahr?«
Ärgerlich schüttelte Konstantin den Kopf. »Nein, sie ist Julians Braut und nicht die meine.«
Berthold runzelte die Stirn. »Ein schöner Bräutigam, dein Bruder! Erst entführt er sie, und dann überlässt er sie ihrem Schicksal. Und wenn ich hart über sie urteile, dann aus einem einzigen Grund: Ich will nicht, dass du ihretwegen Scherereien bekommst.«
»Schon gut«, lenkte Konstantin ein. »Aber wenn dir ihr Wohl am Herzen liegt, dann kann ich dir versichern, dass sie sich in Sicherheit befindet. Mein Bruder hat sich eines Besseren besonnen und ist nach Nürnberg zurückgekehrt. Benedicta ist bei ihm. Sobald er sich von einer Verletzung erholt hat, wird er sie zur Burg bringen.«
Ohne eine Antwort seines Onkels abzuwarten, eilte Konstantin an ihm vorbei zum Lagerhaus. Er wollte allein sein.
Seine Laune hob sich in dem Augenblick, als ihn die Aromen der Gewürze umschmeichelten. Er atmete tief durch. Ingwer, Kardamom, Anis, Zimt. Er
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