Die Lebküchnerin
finden?«
»Sie ist unterwegs nach Regensburg und soll einen Mann heiraten, der ihr nichts Gutes will. Ich befürchte, sie wird niemals dort ankommen.«
»Wie meint Ihr das?«
»Meine Schwester hasst sie, und ihr einfältiger Sohn tut alles, was die Mutter von ihm verlangt. Er heiratet sogar seine Stiefschwester, nur damit sie nicht das Erbe ihres Vaters verlangt, jetzt, da sie frei ist. Benedicta war Adelheit schon immer ein Dorn im Auge. Deshalb hat sie auch den Letzten Willen ihres Mannes gefälscht. Niemals hätte der gewollt, dass seine Tochter ins Kloster geht.«
»Was heißt das – sie ist frei?«
»Sie erhält keine Strafe, wenn sie einen Mann ihres Standes heiratet.«
»Und das Kind? Von wem ist das?«
»Es ist das Kind der Klosterköchin Agnes, das sie bei sich hat. Aber meine Schwester und ihr Sohn glauben, es sei ihr Kind. Deshalb hat man sie nicht eingemauert. Weil sie denken, der Kleine sei ihr Sohn.«
»Aber dann müssen sie doch glauben, dass auch das Kind eine große Gefahr für sie bedeutet. Benedictas Sohn würde doch sicher erben, was Benedictas Vater hinterlassen hat.«
»Ja, genau, das ist, was ich befürchte!«, erwiderte Walburga aufgebracht. »Ihr müsst sie finden. Ich glaube, meine Schwester wird nicht zulassen, dass Benedicta in ihr Elternhaus zurückkehrt, jetzt, da sie einen vermeintlichen Erben bei sich hat.«
»Wann ist sie mit ihrer Begleitung denn von hier aufgebrochen?«
»Heute am frühen Nachmittag, habe ich mir sagen lassen.«
Die Uhr von Sankt Lorenz schlug fünfzehnmal. Konstantin wurde bleich. Gleich ging die Sonne unter, und die Stadttore wurden geschlossen.
»Ich werde sie finden«, erklärte er entschlossen und überlegte, durch welches Tor die Reisenden die Stadt verlassen haben mochten. Auf dem Weg nach Süden hatten sie vermutlich das Frauentor genommen.
Konstantin wollte sich eilends auf den Weg machen, als er plötzlich innehielt. Was nutzte es ihm, wenn er die Stadt rechtzeitig verließ, aber kein Pferd bei sich hatte? Zu Fuß würde er Benedicta und ihren falschen Ehemann niemals einholen. Er überlegte kurz, bevor er sich umwandte.
Er musste sein Pferd holen und dann als einer der Letzten aus dem Stadttor schlüpfen. Noch hatte die Uhr den Garaus nicht eingeläutet.
59
Das gleichmäßige Rütteln des Pferdewagens machte Benedicta entsetzlich müde, doch um keinen Preis wollte sie einnicken. Der Weg führte sie durch den Reichswald. Benedicta ließ den Blick über die vorbeiziehenden Bäume schweifen. Sie versuchte sich wach zu halten, indem sie die Bäume benannte. Es waren vorwiegend Fichten. Und dann immer wieder Kiefern, die noch nicht so hoch gewachsen waren. Jost hatte ihr erzählt, dass diese in Mengen von einem Nürnberger gesät worden waren. Und dass es inzwischen verboten war, im Wald unbefugt Holz zu schlagen. Benedicta hielt Leon fest im Arm, während Berchta an ihrer Schulter lehnte und mit offenem Mund laut schnarchte.
Kurz vor Sonnenuntergang erreichten sie Feucht. Dort befand sich das Gasthaus »Zum Bären«, das bei Reisenden äußerst beliebt war.
Auf dem Weg dorthin sah Benedicta viele Zeidler in ihren farbenfrohen Trachten. Sehnsüchtig dachte Benedicta an Jost, den Zeidler. Der würde ihr sicher zur Flucht verhelfen. Doch sosehr sie die Augen auch aufhielt, er begegnete ihr nicht.
Conrat ließ den Pferdewagen vor dem Gasthaus halten, das sehr einladend aussah. Er kannte es von Handelsreisen und versicherte Benedicta, dass sie dort sogar eine eigene Kammer haben werde, die sie nur mit dem Kind und Berchta teilen müsse.
»Du glaubst doch nicht etwa, dass ich sie dort allein schlafen lasse!«, zischte Adelheit ihrem Sohn zu.
»Mutter, ich werde natürlich die ganze Nacht Wache halten«, knurrte er als Antwort.
Benedicta musste sich das Lachen verbeißen. Wenn auch alles so furchtbar traurig war – Conrats ständiger Versuch, seiner Mutter zu beweisen, dass er kein Narr war, belustigte sie.
Das Zimmer, das ihr die bucklige Wirtin zuwies, war in der Tat nicht zu verachten. Es war geräumig und enthielt zwei Betten. Und es gab unten im Haus eine Schenke. Vor dem Schlafengehen aßen sie dort, umgeben von laut grölenden, betrunkenen Männern. Unter ihnen gab es auch Zeidler, wie Benedicta feststellte. Doch sosehr sie sich den Hals nach ihm verrenkte, Jost war nicht dabei.
»Benedicta«, schalt ihre Stiefmutter sie, »dreh dich nicht so nach den Kerlen um! Die glauben am Ende noch, du willst mit ihnen anbändeln.«
Benedicta
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