Die Lebküchnerin
schicken.«
Schwer atmend brachte er sie in ihre Zelle zurück. Wenig später saß Benedicta vor dem Pergament und schrieb ein Rezept nieder. Plötzlich hielt sie inne, las das Ganze noch einmal durch und brach in lautes Gekicher aus. Sie hoffte allerdings, dass sie über alle Berge wäre, wenn der Provinzial Dietlindes Lebkuchen backen ließ.
55
Völlig außer Atem erreichte Adelheit das Haus von Peter Teffler. Sie war gar nicht erfreut, als sie ihren Sohn in angeregtem Gespräch mit Marie vorfand, der Tochter des Hauses. Sie kicherte gerade so, als hätte Conrat einen geistreichen Scherz gemacht.
»Mein Sohn, verabschiede dich schnell. Wir reisen ab!«, fuhr Adelheit dazwischen.
»Aber Mutter, wir wollten doch noch einige Tage bleiben!«, widersprach er heftig.
»Keine Widerrede! Ich habe es mir anders überlegt. Wir verlassen die Stadt noch heute. Worauf wartest du? Wird’s bald?«
Marie sah mindestens so erschrocken drein wie Conrat. Sie war eine dralle junge Frau mit einem Kindergesicht wie er. Wer sie nebeneinander sah, musste zugeben, dass sie gut zueinander passten. Das aber scherte Adelheit wenig. Sie war von dem Gedanken besessen, Benedicta und das Balg loszuwerden.
»Mutter, Marie fragte gerade, was die Köchin uns heute zum Essen zubereiten solle.« Conrat wollte die Abreise offenbar mit aller Macht hinausschieben.
»Wir bleiben nicht zum Essen, und nun pack deine Sachen, mein Sohn! Wir müssen uns beeilen, damit wir vor Anbruch der Dunkelheit in einem Gasthaus sind.« Mit diesen Worten zog sie Conrat einfach mit sich fort und die Treppe hinauf.
»Mutter«, setzte er an, »ich muss dir etwas sagen. Marie soll meine Frau …«
»Zu spät, mein Sohn …«
»Aber ich möchte Marie wenigstens einen Antrag machen, bevor wir abreisen.«
»Nein, auch das ist unmöglich.« Sie schob ihren Sohn ins Zimmer und zischelte: »Es muss ja nicht das ganze Haus mitbekommen. Du wirst Benedicta heiraten.«
»Benedicta? Meine Stiefschwester? Aber ich denke nicht daran!«
»Du hast keine Wahl. Der Provinzial verlangt, dass sie einen Mann von Stand heiratet. Aber du hast dich ja geweigert, mit ins Kloster zu kommen und sie anzuklagen. Nun nehmen wir sie mit. Sie und ihren Sohn.«
»Ihren Sohn? Mutter, bitte hör auf! In dieser Angelegenheit werde ich dir den Gehorsam verweigern.«
»Ach ja? Und was unternimmst du, wenn ein anderer sie heiratet, so dass sie frei ist und dir dein Erbe streitig macht? Und wenn sie es nicht tut, dann wird es ihr Sohn tun. Du Narr, sie hat den Sohn, den sich der Alte immer wünschte! Dann verfügst du nicht mehr über die Mittel, Marie Teffler zu heiraten.«
»Aber wenn ich in eine Ehe mit Benedicta einwillige, dann kann ich Marie doch erst recht nicht zur Frau nehmen!«
»Doch, du kannst. Und zwar schon bald. Aber nur, wenn Benedicta und ihrem Bastard auf dem Weg nach Regensburg etwas zustößt. Hiermit erteile ich dir ausdrücklich meinen Segen zu dieser Ehe, wenn du erst ein trauernder Witwer bist.«
»Du verlangst doch nicht allen Ernstes von mir, dass ich sie und vor allem ein unschuldiges Kind so einfach aus dem Weg räume!«
Adelheit lächelte dünn. »Nun, dann verzichtest du eben auf Marie Teffler. Es ist einzig und allein deine Entscheidung. Und nun spute dich! Wir müssen sie in unsere Gewalt bekommen, bevor sie auch noch aus Sankt Katharinen entkommt.«
Zusammengekauert saß Benedicta auf ihrer Pritsche und zermarterte sich den Kopf, wie sie die Ehe mit Conrat verhindern konnte. Ein kühner Gedanke beschäftigte sie. Was, wenn sie nun einen anderen Mann von Stand heiratete als Conrat? Dann wäre sie doch auch frei. Dem Provinzial ging es ausschließlich darum, dass sie sich verheiratete und man die Sache mit der entlaufenen Nonne damit endgültig aus der Welt schaffte. Doch wie konnte sie unauffällig mit Konstantin Verbindung aufnehmen? Und würde er sie überhaupt heiraten? Es gab einen einzigen Weg, dies herauszufinden – sie musste ihm eine Botschaft schicken.
Inständig hoffte sie, Walburga werde sie noch einmal besuchen und dann die Frau des Gärtners zum Haus des Gewürzhändlers schicken, aber sie wartete vergeblich. Walburga ließ sich nicht mehr blicken. Wahrscheinlich hielt man sie absichtlich von ihr fern. Dafür schob man ihr ohne Ankündigung eine dicke Frau mit riesigen Brüsten durch die Zellentür.
»Ich bin Berchta, Eure Amme«, stellte sie sich vor und lachte ohne Scheu, obwohl sie kaum Zähne im Mund hatte. »Ich werde Euch
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