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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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grundsätzlich jeden Verstoß gegen die klösterlichen Regeln zutrug, nicht aber das Schwatzen. Konnte sie selbst die Zunge doch nur schwer im Zaum halten.
    Benedicta aber hing stumm ihren Gedanken nach, die schon wieder entgegen allen guten Vorsätzen zu dem jungen Fechtmeister abschweiften. Selbst die Scham darüber, an einen Mann aus Fleisch und Blut zu denken, half da nicht weiter.
    Plötzlich erstarb das Geschwätz ringsum, und es wurde gespenstisch still im Saal. Obwohl Benedicta nicht von ihrem Brot aufsah, wusste sie genau, dass Leonore den Raum betreten hatte. Benedicta machte sich sogleich noch kleiner an ihrem Platz. Vielleicht würde der Kelch dieses Mal an ihr vorübergehen, wenn sie fast unter den Tisch rutschte. Vielleicht würde die Priorin sie dann einfach übersehen und mit Schelte verschonen. Im Speisesaal hätte man eine Nadel fallen hören können, und das Geplapper war gänzlich verstummt.
    Nach dem Essen versuchte sich Benedicta unauffällig aus dem Saal zu schleichen, lief der Priorin jedoch geradewegs in die Arme.
    »Gleich nach dem Gebet erwarte ich Euch in meiner Amtskammer«, befahl diese in einem Ton, der keinen Widerstand duldete, und durchbohrte die junge Nonne mit Blicken. »Und denkt Euch auf dem Wege zu mir schon einmal eine angemessene Strafe für Euren Ungehorsam aus.«

2
    Als Benedicta wenig später mit gesenktem Haupt die Amtskammer der Priorin betrat, befürchtete sie das Schlimmste.
    »Setzt Euch!«, befahl Leonore.
    Benedicta gehorchte und war sichtlich bemüht, die Priorin nicht anzusehen.
    »Schwester Benedicta, Ihr bereitet mir großen Kummer«, begann Leonore ohne Umschweife.
    Benedicta hielt den Kopf immer noch gesenkt.
    »Ihr wisst, dass Ihr nicht mit Fremden sprechen dürft, oder?«, hakte die Priorin mit scharfer Stimme nach.
    Schuldbewusst nickte Benedicta. Dann hat mich also doch jemand beobachtet, als ich mit dem Fechtmeister sprach, schloss sie aus den Worten der Priorin und stieß einen tiefen Seufzer aus. Der galt der Strafpredigt, die nun unweigerlich folgen würde. Ja, Benedicta hätte sogar den Wortlaut der Predigt mitsprechen können, die sie nun erwartete. Mein Kind, bei aller Liebe, aber Ihr dient dem Herrn nicht, wie es das Gelübde von Euch verlangt. Nehmt Euch ein Beispiel an Schwester Dietlinde, die eifrig Schwester Christines Schriften studiert … Benedicta war so tief in Gedanken versunken, dass sie erst aufmerkte, als sie Leonore sagen hörte: »Ich werde ein ernstes Wort mit Walburga reden. Fortan steht Ihr allein unter meinem Befehl. Lasst Euch von ihr nicht mehr in den Garten schicken, denn ab heute ist es ihr untersagt, überhaupt ein Wort an Euch zu richten …«
    Mit großen Augen starrte Benedicta die Priorin an. »Ihr glaubt mir also?«
    »Sagen wir es einmal so: Mein Neffe hat ein gutes Wort für Euch eingelegt. Mehr kann er nicht für Euch tun. Ich habe ihm nämlich strengstens untersagt, Euch noch einmal anzusprechen. Sollte er mein Wort missachten, darf er mich leider nicht mehr besuchen. Wenn er es noch einmal versucht, geht mit gesenktem Kopf an ihm vorüber. Von Euch verlange ich unbedingten Gehorsam. Kein Wort mehr zu ihm! Habt Ihr verstanden?«
    Benedicta nickte eifrig. So milde hatte sie sich die Strafpredigt beileibe nicht vorgestellt. Vielleicht hat Agnes recht, und die ehrwürdige Priorin mag mich wirklich, dachte Benedicta, aber sie hatte sich zu früh gefreut. Leonores Stimme bekam plötzlich den gewohnt strengen Klang.
    »Mein Kind, bei aller Liebe, aber Ihr dient dem Herrn nicht, wie es das Gelübde verlangt. Nehmt Euch ein Beispiel an Schwester Dietlinde, die eifrig Schwester Christines Schriften studiert und die sich kürzlich so in das Bild Christi vertiefte, dass ihr Blut statt Tränen aus den Augen tropfte …«
    »Das behauptet sie. Habt Ihr sie mit eigenen Augen gesehen, diese blutigen Tränen?«, rutschte es Benedicta heraus, und erschrocken über die eigene Dreistigkeit schlug sie sich die Hand vor den Mund.
    Die Augen der Priorin wurden zu schmalen Schlitzen. »Wollt Ihr damit sagen, dass sie uns an der Nase herumführt? Versündigt Euch nicht noch mehr! Nicht an Schwester Dietlinde! Sie steht nämlich fest im Glauben und besitzt jene Demut, die Euch gänzlich fehlt.«
    »Aber ist es nicht möglich, dass sie sich wieder einmal mit der Rute so arg kasteit hat, dass das Blut in Strömen floss? Und sie es sich ins Gesicht wischte? Seit wir nicht mehr gemeinsam im Dormitorium nächtigen und jede Ordensfrau in ihrer

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