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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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rennen, nachdem die Wächter sie endlich in die Stadt hineingelassen hatten, aber sie konnte sich gerade noch zügeln. Trotzdem hatte sie das Gefühl, als würden sich brennende Blicke in ihren Rücken bohren.
    »Können sie uns noch sehen?«, fragte sie mit bebender Stimme. Sie traute sich nicht einmal zurückzuschauen.
    Agnes aber wandte sich um. »Sie schließen gerade das Tor. Sorg dich nicht! Sie haben nicht den geringsten Verdacht geschöpft.«
    Dann blieb sie stehen, musterte die Freundin von Kopf bis Fuß, roch an ihr und lachte über das ganze Gesicht.
    »Dein Gesicht starrt vor Dreck, dein Überkleid ist zerrissen, dein Haar steht dir wirr vom Kopf ab. Und du riechst wie die Klosterschweine. Nein, wie eine entflohene Schwester aus Engelthal siehst du wahrlich nicht aus.«
    Schließlich fiel Benedicta erleichtert in das Lachen der Freundin ein und betrachtete sie nun ihrerseits von oben bis unten. »Du hast recht, man hält uns schlimmstenfalls für arme Dirnen oder Bettelweiber.«
    In diesem Augenblick kamen ihnen zwei junge Gaukler in bunten Kostümen, an denen klirrende Schellen hingen, entgegen. Sie grüßten Benedicta und Agnes so vertraulich, als würden sie die beiden schon lange kennen.
    »Oh, welch schöner Anblick! Die Sonne geht auf«, scherzte der eine und lächelte Agnes breit an.
    »Dein edles Gesicht will nicht zu deiner Kleidung passen«, bemerkte der andere und tänzelte um Benedicta herum. »Vielleicht sollte ich dir ein Gewand passend zu deinem Gesicht zaubern.«
    Agnes aber gebot dem munteren Treiben rasch Einhalt. »Gebt euch keine Mühe. Wir sind keine Hübschlerinnen, sondern zwei ehrbare Frauen auf dem Weg zu ihren Ehemännern.«
    Die Gaukler entschuldigten sich, indem sie sich übertrieben verbeugten und allerlei Fratzen zogen. So lange, bis der Hund die beiden Witzbolde anbellte.
    »Oh, bevor uns der Wolf da in Stücke reißt, sollten wir lieber weiterziehen«, bemerkte der eine belustigt.
    »Erst werdet ihr uns verraten, wie wir zur Torgasse kommen.« Agnes blickte die beiden Männer fragend an.
    Die aber hoben nur die Schultern. »Wir kommen von weit her aus der freien Stadt Mainz und finden in jeder Stadt den Markt, auf dem wir für die Leute spielen, das Gasthaus, in dem wir schlafen, die Schenke, in der wir zechen, und das Hurenhaus, in dem wir uns vergnügen.«
    »Dann gehabt euch wohl«, sagte Agnes und sah sich prüfend um. »Würde ich doch nur etwas wiedererkennen! Aber mir scheint’s, als sei ich mit unserer Priorin durch ein anderes Tor zur Stadt hineingekommen.«
    Ein Mönch bog in die Gasse ein, und sein Anblick trieb Benedicta sofort den Schweiß auf die Stirn. Nach seiner Kleidung zu urteilen, war er ein Dominikaner aus dem Kloster des Provinzials. Sie wollte Agnes noch ein Zeichen geben, den Klosterbruder auf keinen Fall nach dem Weg zu fragen, da war es schon zu spät.
    »Wie kommen wir zur Torgasse? Wir sind fremd in der Stadt«, zwitscherte Agnes drauflos, während Benedicta krampfhaft versuchte, das Gesicht abzuwenden. Hoffentlich konnten sie bald ihren Weg fortsetzen! Doch der Mönch war ein behäbiger Mann mittleren Alters und sprach so langsam, dass Benedicta versucht war, die Freundin einfach von ihm fortzuziehen.
    »Die Torgasse?«, wiederholte er mindestens dreimal, bevor er wieder in schweigendes Grübeln verfiel. »Die Torgasse? Ja, also ihr seid durch das Frauentor gekommen, nicht wahr?«
    Agnes nickte freundlich und schien sich an der Langsamkeit des Mönches nicht zu stören.
    »Das Beste wird sein, dass ihr euch nach Sankt Lorenz durchschlagt, und dann … Nein, vielleicht solltet ihr euch gleich linker Hand halten, damit ihr zum Langen Steg kommt …« Wieder hielt er inne und dachte nach. »Wie ich schon sagte, geht zur Kirche und haltet euch dann links immer am Fluss entlang, bis ihr zum Langen Steg kommt. Auf selbigem überquert ihr den Fluss, und nun sollte eure grobe Richtung der Burgberg sein. Hinter Sankt Sebald geht nach links, und wenn ihr vor euch das Tiergärtnertor seht, seid ihr bereits in der Torgasse. Und gebt acht, dass ihr bei Einbruch der Dunkelheit im Haus seid. Da treiben sich finstere Gesellen in den Gassen herum. Gerade unterhalb der Burg.«
    »Ich danke Euch recht herzlich«, flötete Agnes zuckersüß und wandte sich, kaum dass der Mönch seines Weges gegangen war, verwundert an die Freundin.
    »Warum hast du eigentlich die ganze Zeit auf die Häuserfassade dort gestiert? Du kamst dem Mönchlein bestimmt seltsam vor. Ich

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