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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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hoffe, ich konnte ihn durch meine Freundlichkeit ablenken und er merkte nicht, dass du am ganzen Körper bebst!«
    »Das fragst du noch? Ich bin vor Angst beinahe vergangen. Statt an ihm vorbeizuschleichen, bleibst du bei einem Dominikaner stehen. Er wohnt unter einem Dach mit dem Provinzial. Wenn er mich nun erkannt hat und die Beobachtung weitergibt, dann sind wir verloren. Ach, was rede ich? Ich bin verloren!«, keuchte Benedicta empört.
    »Aber woher soll er wissen, dass du die entwichene Nonne bist, wenn der Wächter am Tor nur höhnisch lachte bei der Vorstellung, wir könnten aus Engelthal kommen? Benedicta, ich verstehe ja, dass dich all das Neue erschreckt, aber dich kennt hier keiner. Nicht einmal der Provinzial. Oder bist du ihm schon einmal vorgestellt worden?«
    Benedicta überlegte. »Nein, ich bin ihm noch niemals begegnet. Er kennt nur meine Lebkuchen.« Sie atmete auf.
    »Dann komm, wir haben keine Zeit zu verlieren. Der Mönch hat recht. Wir sollten uns sputen, um in Anselms Haus zu sein, bevor …«
    Sie stockte und blieb unvermittelt stehen. Nun war es an ihr, plötzlich bleich im Gesicht zu werden.
    »Agnes, was ist mit dir?«, fragte Benedicta besorgt.
    »Ich stelle mir gerade vor, dass ich an die Tür des Bäckers klopfe und sein Vater öffnet …«
    »Sei’s drum. Dann verlangst du, seinen Sohn zu sprechen.«
    »Aber wenn er mich nicht vorlässt und … Das schien alles noch in so weiter Ferne, aber jetzt … jetzt spüre ich es genau. Ich werde kein Wort herausbekommen. Und außerdem liegt mir ein Mühlstein im Leib. Ich spüre Unheil auf uns zukommen.«
    »O nein, nicht schon wieder dein Mühlstein! Was soll denn geschehen? Dein Bäcker wird doch nicht zulassen, dass dir ein Leid geschieht. Schau, da vorn ist schon die Kirche, von der unser Mönch sprach.« Staunend blickte Benedicta an der Fassade empor. »Sie reicht wohl bis in den Himmel hinein!«, rief sie begeistert aus.
    Agnes versuchte zu lächeln, obgleich ihr immer banger zumute wurde. Sie hatte nicht übel Lust, auf der Stelle umzukehren. Doch wohin sollten sie sich wenden? Aus der Stadt kämen sie nicht mehr hinaus, und für eine Übernachtung in einem Gasthaus besaßen sie kein Geld. Und noch etwas sprach dafür, schnellstens zum Haus des Bäckers zu gelangen. Ihr knurrender Magen. Im Wald hatten sie sich von Beeren ernährt, während der Hund sich eine Maus gefangen hatte. Nun hatten sie den ganzen Tag noch nichts gegessen.
    Wir haben keine Wahl, sprach sich Agnes gut zu, wenngleich ihr Herz immer heftiger pochte.

26
    Inzwischen waren Benedicta und Agnes am Fluss angekommen, von dem ein entsetzlicher Gestank herüberwehte. Benedicta hielt sich angewidert die Nase zu, als sie in das trübe Wasser blickte. Entgeistert blieb sie stehen.
    »Agnes, schau, was da im Wasser schwimmt!«
    »Das sind nur die Kadaver von streunenden Hunden, und was dir da in die Nase steigt, ist der Geruch von menschlichem Unrat«, entgegnete die Freundin ungerührt.
    Benedicta atmete einmal tief durch, um sich danach erneut die Nase zuzuhalten.
    »Ja, im Kloster riecht es lieblicher«, bemerkte Agnes, als sie den hölzernen Steg über den Fluss überqueren wollten, doch Benedicta blieb unvermittelt stehen. Sie wurde bleich. Schweiß trat ihr auf die Stirn. Und langsam tauchten Bilder vor ihrem inneren Auge auf. Bilder, die ihr seit damals nicht mehr in den Sinn gekommen waren.
    »Nun komm schon, wir sind nicht die ersten Menschen, die über diesen Steg gehen«, erwiderte Agnes unwirsch.
    Benedicta klopfte das Herz bis zum Hals. Zögernd setzte sie einen Fuß vor den anderen.
    Agnes sah sie verwundert an. »Du ziehst ein Gesicht, als hättest du den Leibhaftigen gesehen. Du bist doch sonst nicht so ängstlich«, bemerkte sie mit einer gewissen Schärfe in der Stimme.
    Benedicta aber beachtete die Freundin nicht, bis sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Auf der anderen Seite angekommen, schimmerten ihre Augen verdächtig feucht. »Ich habe die ganzen Jahre nicht mehr daran gedacht«, sagte Benedicta leise. »Und nun erinnerte ich mich wieder genau daran. In jener Nacht, als man mich ins Kloster brachte, überquerten wir einen Steg, und plötzlich spürte ich einen Stoß von hinten. Ich konnte mich aber im letzten Augenblick am Geländer festhalten.«
    »Aber wer hätte dich denn ins Wasser stoßen sollen?«
    Benedicta zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es doch nicht, aber ich schwöre dir, es ist die Wahrheit.«
    Agnes sah die Freundin

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