Die Lebküchnerin
hübscher. Ich kann dich schon verstehen, aber trotz allem hätte ich sie fortgeschickt, wenn sie nicht …« Er seufzte. »Was kannst du denn, Weib?«
»Ich bin Köchin«, erwiderte Agnes kleinlaut. Sie hatte die Augen niedergeschlagen, als schäme sie sich entsetzlich, sich Anselm hingegeben zu haben.
Benedicta konnte sich das Lachen kaum verkneifen. Ihre Freundin spielte die reuige Sünderin so echt, dass sie sich fragte, ob zwischen Anselm und Agnes nicht tatsächlich schon mehr vorgefallen war.
»Köchin? Das ist gut. Sehr gut sogar. Seit dem Tod meines Weibes ist es gar fürchterlich, was wir auf den Tisch bringen in unserem Männerhaushalt. Da kannst du dich nützlich machen und unsere Mägen ein wenig verwöhnen.«
»Nichts lieber als das«, erwiderte Agnes und strahlte ihren zukünftigen Schwiegervater an.
»Vater, gib zu, du glaubst auch, dass sie mir eine bessere Frau sein wird als Lukarde.«
»Halt den Mund, Unglücklicher, aber recht hast du. Lukarde kann nur eines gut: über den Markt schlendern und das sauer verdiente Geld ihres Vaters unter die Händler bringen.«
Crippin deutete auf Benedicta. »Aber ihre Schwester können wir nicht auch noch durchfüttern. Sie soll morgen aus dem Haus. Mitsamt dem Streuner da!«
»Vater, bitte, tu das nicht! Sie ist nicht Agnes’ Schwester. Sie ist eine entlaufene Nonne aus Engelthal. Dort im Kloster hat Agnes gearbeitet.«
»Ich bin Benedicta von Altmühl«, ergänzte Benedicta kleinlaut.
Crippin wurde bleich. »Eine geflüchtete Schwester? Ich fasse es nicht! Und das in meinem Haus. Wie kann der Himmel mich so strafen? Man sieht es ihr an. Sie hat dieses Näschen, wie es nur die Damen von Adel so hoch tragen. Und so dürr ist sie, wie es keine der Unsrigen je wäre. Wahrscheinlich dreht sie den lieben langen Tag Däumchen und ist sich für alles zu fein.«
Benedicta nahm all ihren Mut zusammen. Sie musste beweisen, dass sie keine Müßiggängerin war.
»Meister Heller, ich bleibe nur, bis mich mein Bräutigam hier findet. Aber in der Zeit werde ich Euch nicht auf der Tasche liegen. Ich werde mich in der Backstube nützlich machen.«
Crippin verzog die Miene zu einem abschätzigen Grinsen. »Ich brauche mir nur Eure zarten Finger anzusehen, Mädchen, um zu wissen, dass Ihr noch niemals zuvor einen Teig geknetet habt.«
»Ich mache Euch einen Vorschlag«, entgegnete Benedicta mit fester Stimme. »Morgen früh komme ich in Eure Backstube und backe ein Brot. Wenn Ihr unzufrieden seid, verlasse ich Euer Haus. Wenn mein Brot allerdings Euer Wohlgefallen findet, bleibe ich erst einmal hier. Als Brunhild, Agnes’ Schwester. Wann beginnt Ihr morgen Euer Tagwerk?«
»Zur sechsten Nachtstunde, aber glaubt mir, ich weiß, dass Ihr es nicht könnt. Lasst es lieber sein. Ein paar Tage könnt ihr trotzdem im Hause bleiben …«
»Ich sagte, wenn ich Euch mit meinem Können überzeuge, darf ich bleiben, wenn nicht, werde ich gehen«, unterbrach ihn Benedicta wütend.
Der Bäckermeister lachte dröhnend. »Bitte, tut, was Ihr nicht lassen könnt. Und wenn Ihr wirklich etwas Essbares zustande bringt, dann darf sogar Euer Köter hierbleiben.«
Benedicta streckte ihm die Hand entgegen. »Schlagt ein auf diesen Handel!«, forderte sie Crippin in forschem Ton auf. Diese Geste hatte sie einst ihrem Vater abgesehen.
Der Bäcker tat, was sie von ihm verlangte, aber mit einem spöttischen Schmunzeln auf den Lippen. Dann wandte er sich an Anselm und Agnes. »Ich werde alles für eure baldige Hochzeit in die Wege leiten. Aber lass dich bis dahin nicht in der Gasse sehen, Agnes, denn hier haben die Häuser Augen und Ohren. Das gilt auch für deine falsche Schwester. Ich möchte nicht, dass Meister Burchard Wind von der Sache bekommt, bevor ihr Mann und Frau seid. Und von der Klosterschwester darf er nie etwas erfahren. Er würde stehenden Fußes zum Rat rennen und mich anschwärzen. Eine entlaufene Schwester zu beherbergen, das wird sicher streng geahndet. Und bitte, weiht auch Gieselbert nicht ein! Je weniger Leute davon wissen, desto geringer die Gefahr, dass jemand etwas verrät.«
Agnes, die das Ganze schweigend beobachtet hatte, tat einen beherzten Schritt auf Meister Heller zu und gab dem verdutzten Bäckermeister einen Kuss auf die Wange. Vor Verlegenheit wurde er feuerrot im Gesicht.
»Ich glaube, ich habe den besten Schwiegervater bekommen, den ich mir nur wünschen kann.«
»Und ich habe keine Wahl, denn wenn ich dich nicht nehme, wird das Kind ein Bankert«,
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