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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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hier draußen? Was sind das für Weiber, die es wagen, an Eure Tür zu klopfen, obwohl Vater ihnen bereits genügend gegeben hat?«, fragte er und ließ den Blick von Benedicta zu Agnes schweifen. Er erstarrte und fügte hastig hinzu: »Meister Burchard, ich verstehe Eure Empörung. Dieses Mal hole ich den Büttel und lasse die beiden für ihre Dreistigkeit ins Lochgefängnis sperren.« Seine Stimme zitterte, als er Agnes unter lautem Fluchen vor sich her auf die andere Straßenseite trieb.
    Anselm gäbe keinen guten Gaukler ab, dachte Benedicta belustigt, während sie den beiden folgte. Der entsetzte Blick, mit dem er Agnes angestarrt hatte, musste den älteren Bäcker doch stutzig gemacht haben.
    Anselm schob Agnes ins Haus. Er wollte Benedicta und dem Hund gerade die Tür vor der Nase zuschlagen, da stellte sie blitzschnell einen Fuß dazwischen. »Ich bin die Schwester«, erklärte sie mit ruhiger Stimme.
    Anselm stierte sie verwirrt an und ließ sie schließlich ein. Vor dem Hund wollte er die Tür erneut zuwerfen, doch Agnes bat mit kläglicher Stimme: »Und das ist meine Lebensretterin! Bitte, lass die treue Hündin ins Haus! Sie hat mich im Wald vor einer giftigen Schlange gerettet.«
    »Oje, oje«, stöhnte der junge Bäcker.
    Benedicta blickte sich neugierig um. Sie befanden sich in einer kleinen Diele. Von der linken Seite wehten Gerüche herüber, die keinen Zweifel daran ließen, dass sich dort die Backstube befand. Vor ihnen führte eine Stiege nach oben. Der Kienspan, dessen Licht die Diele erhellte, steckte in einem Maulaffen.
    Anselm schien es die Sprache verschlagen zu haben. Verwirrt musterte er Agnes, bevor er Benedicta und den Hund argwöhnisch betrachtete. »Du hast doch gar keine Schwester. Hast du mir nicht erzählt, dass du ein Findelkind bist?«
    »Sie ist … sie ist eine Schwester aus Engelthal, die von dort geflüchtet ist und deren Bräutigam auf der Flucht vom Geschoss einer Armbrust getroffen wurde«, flüsterte Agnes, ohne Benedictas warnende Handzeichen zu beachten. Sie fand es nicht ratsam, dem Bäcker zu viel auf einmal zu offenbaren. Er schien ein ängstlicher Bursche zu sein. Der Schreck darüber, dass Agnes so unverhofft an seiner Tür aufgetaucht war, stand ihm immer noch ins Gesicht geschrieben. Und hatte der alte Bäcker von gegenüber nicht gesagt: Wenn du erst mein Schwiegersohn bist …?
    Hoffentlich kommen wir nicht zu spät, durchfuhr es Benedicta eiskalt, und Anselm ist längst der Frau mit dem falschen Blick versprochen. In diesem Augenblick wünschte sie sich weit fort von diesem Ort. Nach Hause in das Himmelbett ihrer Kindheit oder in Julians Arme … Was hatte sie in diesem winzigen Haus verloren? Bei einem einfältigen Kerl, der nichts zu verstehen schien? Und den fand Agnes so anziehend, dass sie Engelthal seinetwegen verlassen hatte?
    Benedicta stieß einen tiefen Seufzer aus. Wo war sie da nur hineingeraten? Sie hatte sich so in ihre eigenen Gedanken vergraben, dass sie erst aufhorchte, als der junge Bäcker sagte: »Agnes, liebe Agnes, natürlich werde ich dich heiraten! Ich muss es nur ein wenig geschickt anstellen, wenn ich es Vater erkläre. Ich will es dir ehrlich gestehen. Noch hat mich stets der Mut verlassen, es ihm zu beichten, aber jetzt, da du vor mir stehst, wird mich nichts mehr davon abhalten.«
    Die beiden küssten sich. Benedicta sah peinlich berührt weg, und als der Kuss gar kein Ende nehmen wollte, hockte sie sich hin und vergrub das Gesicht im dichten Fell des Hundes.
    »Und wie soll ich ihm erklären, dass deine sogenannte Schwester mit im Haus wohnen soll?«, hörte sie Anselm fragen. Es klang verzweifelt.
    Benedicta tauchte aus dem Hundefell auf und erklärte mit fester Stimme: »Ich bin in Nürnberg, weil ich einem Mann versprochen bin. Einem Zeidler aus dem Reichswald. Doch es wird dauern, bis er mich holt. Er kommt ja nur selten in die Stadt. Du bist wohl sehr entsetzt, dass meine liebe Schwester Agnes es nicht mehr aushalten konnte, dich endlich in die Arme zu schließen, nicht wahr? Und du hast noch nicht einmal deinem Vater davon erzählt, dass du sie heiraten wirst? Bist du nur ein Feigling? Oder ist es noch schlimmer, und du hast dich bereits mit einer anderen verlobt? Jedenfalls schien der unfreundliche Bäcker auf der anderen Seite der Gasse dich als Schwiegersohn zu betrachten.«
    Anselm funkelte sie wütend an. »Ich bin tausendmal mehr Agnes’ Bräutigam, als dass Ihr ihre Schwester seid. Also zügelt Euer freches Maul! Man

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