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Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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ihn nicht zu wecken, lege ich Luke zurück in sein Bettchen und verlasse den Raum. Als ich an dem Schlafzimmer vorüberkomme, wird Emmas Stöhnen lauter, und sie keucht: »Ja, ja, ja, ja, ja.«

2.
     
     
     
    Ein lautes Klopfen an der Vordertür reißt mich aus dem Schlaf. Ich denke, hoffe, dass du es bist, aber es ist die Polizei. Sie sind gekommen, um mich zu holen. Wir wissen, dass Sie in dem Haus waren, sagen sie. Es hat dort gebrannt, sagen sie. Dann teilen sie mir mit, dass Luke tot ist, und mir fehlt die Luft zum Atmen. Sie möchten, dass ich ihnen bei ihren Nachforschungen behilflich bin, und ich willige ein.
     
    Ein Polizist führt mich eine Treppe hinunter und sperrt mich in eine Zelle. Die Wände sind grau gestrichen, die Pritsche ist an der Wand befestigt. Kurz darauf öffnet sich die Tür, und ein Mann tritt ein. Er hat schütteres Haar und trägt ein kurzärmeliges Hemd. Seine Arme sind von der Sonne verbrannt, die Haut schält sich.
    »Mein Name ist Mike Hogg«, stellt er sich vor. »Ich bin Ihr Pflichtverteidiger.«
    Er setzt sich nicht. Ohne mich anzusehen, macht er sich auf einem Block Notizen. Wichtige Dinge fragt er mich nicht, nur ob ich selbstmordgefährdet und ob ich hungrig sei. Ich frage ihn, ob es wahr sei, ob Luke tatsächlich tot ist. Er sagt, ja, doch darüber sollten wir besser nicht reden.
    Als Nächstes kommt ein uniformierter Polizist herein und führt mich in den Vernehmungsraum, der klein und düster ist, denn die Fenster sind hoch oben unter der Decke. Der Holztisch sieht aus, als gehöre er in eine Schule. Dahinter sitzt ein anderer Polizist, im Anzug statt in Uniform. Er zieht eine schwarze Diskette aus der Hülle und schiebt sie in das Aufnahmegerät. Er unterhält sich mit Mr Hogg, der sich neben mich setzt. Die beiden fragen sich gegenseitig, wie es ihren Ehefrauen gehe. Anscheinend ist das hier für sie so normal und alltäglich, dass ihnen mein Zittern gar nicht auffällt. Mr Hogg erzählt dem Polizisten von seinem Urlaub in Griechenland und wie sein Sohn gelernt hat, im Meer zu schwimmen.
    Ich fühle mich beklommen und konfus. Wie können sie über einen Urlaub sprechen, wenn gerade erst ein Baby gestorben ist? Es kostet mich große Kraft, auf dem Stuhl sitzen zu bleiben, denn ich bin kurz davor zusammenzubrechen. Ich bin todmüde und fühle mich so schwer und dumpf, als hätte sich mein Gehirn ausgeschaltet. Luke, das ist das Einzige, woran ich denken kann.
    Zu guter Letzt machen sie sich bereit. Der Polizist lehnt sich zurück. Aus der Innentasche seines Jacketts zieht er eine Packung Zigaretten hervor, eine goldene Schachtel, die er zuerst Mr Hogg zeigt und dann mir anbietet. »Hier herrscht leider Rauchverbot, aber wenn Sie möchten, können Sie sich eine für später mitnehmen.«
    »Nein, danke.«
    »Ach, richtig, falsche Marke. Sie rauchen ja nur Silk Cut.«
    In einem verborgenen Winkel meines Gehirns erahne ich, worauf er hinauswill.
    Er drückt die Aufnahmetaste des Geräts, und ein rotes Lämpchen leuchtet auf. Er spricht langsam und bedächtig. »Ich bin Sergeant West. Mit mir im Raum befinden sich …«
    »Mike Hogg, Pflichtverteidiger.«
    West zeigt auf mich, und ich sage: »Rose Wilks.«
    »Ich habe Miss Wilks über ihre Rechte belehrt. Die Vernehmung beginnt heute, Sonntag, den sechsten Juni, um elf Uhr sechsundzwanzig. Also, Miss Wilks, können Sie mir sagen, wann Sie zuletzt im Haus von Emma und Dominic Hatcher waren?«
    »Gestern.«
    »Für das Protokoll, gestern war Samstag, der fünfte Juni. Und was haben Sie dort getan?«
    »Ich habe Luke gehütet.« Der Name des Kleinen bleibt mir im Hals stecken, und ich umklammere die Kanten meines Stuhls, um gegen das Zittern meiner Hände anzugehen.
    »In welcher Beziehung standen Sie zur Familie Hatcher?«
    »Wir sind Freunde. Luke ist … war … für mich wie ein Sohn. Ich habe oft auf ihn aufgepasst. Emma ist meine Freundin.«
    »Aha. Um wie viel Uhr haben Sie das Haus der Familie Hatcher am Samstag verlassen?«
    »Als sie von ihrem Ausflug aus Southwold wiederkamen. Sie waren früher als angekündigt zurück, so gegen vier Uhr nachmittags.«
    »Sind Sie an dem Abend noch einmal dorthin gegangen?«
    »Nein.«
    »Könnten Sie das für die Aufnahme bitte in einem ganzen Satz sagen?«
    »Nein, ich bin an dem Abend nicht mehr dorthin gegangen.«
    »Sind Sie sich dessen absolut sicher? Waren Sie nicht doch noch mal im Haus? Bitte, überlegen Sie sich genau, was Sie sagen. Alles, was Sie jetzt bestreiten und zu

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