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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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mich meinem Abendessen, das gar nicht so schlecht schmeckte.
    Danach ging ich auf mein Zimmer und legte mich aufs Bett. Ich versuchte, an nichts zu denken und mich einfach nur zu entspannen. Allerdings durfte ich keinesfalls einschlafen, denn wenn ich die Nacht verpennte, war alles zu spät.
    Draußen wurde es langsam dunkel. Von den Strapazen des Tages erschöpft, versuchte ich mühsam, wach zu bleiben. Gegen zehn stand ich auf. Meine Glieder waren so schwer, mein Kopf so müde, dass mir jeder Schritt und jeder Gedanke unendlich schwerfiel. Ich zog den Kittel über, wickelte einen Schal um meinen Hals, steckte ein paar Utensilien in die Taschen und öffnete die Tür. Im Flur war alles still. Die Männer schliefen offenbar schon oder befanden sich im Aufenthaltsraum. Leise schlich ich den Gang entlang und die Treppe hinunter. Glücklicherweise begegnete ich niemandem. Draußen im Hof ging ich zügigen Schrittes, als hätte ich etwas Wichtiges zu erledigen, auf den Flachbau mit den Verhörräumen zu. Ich hatte gesehen, dass die Kameras direkt über der Tür angebracht waren, wenn ich also nicht ganz in den Raum hineintrat, war nur ein Lichtschein auf den Monitoren zu sehen, mehr nicht. Die ersten Räume waren leer, das wusste ich auch. Denn dort hatte ich den Vernehmungen beigewohnt. Mich interessierte nur der hinterste Raum, der, in dem ich nicht gewesen war.
    Vorsichtig öffnete ich die Tür einen Spalt. »Roman?«, flüsterte ich.
    Es war stockdunkel darin. Ein schmaler Streifen Licht vom Gang fiel durch den Spalt der geöffneten Tür in den Raum. Direkt über der Tür blinkte das rote Lämpchen der Kamera.
    »Roman? Bist du hier?«
    Ich hörte ein leises Grunzen. Wenn er es nicht war, sondern ein Wächter oder sogar einer der wirklich schlimmen Vampire, die keiner zähmen konnte, dann hatte ich ein Problem. Doch meine Vermutung bestätigte sich. »Ich bin hier«, vernahm ich Romans Stimme aus einer Ecke des Raumes.
    Ich schloss die Tür hinter mir und zog den Bauch ein. Noch konnten mich die Kamera nicht erfassen. Vorsichtig griff ich in meine Kitteltasche und holte eine schwarze Spraydose hervor. Wenn ich begann, gab es kein Zurück mehr. Dann musste alles sehr schnell gehen.
    Ich holte tief Luft und zählte bis drei, um mich zu konzentrieren. Dann nahm ich die Spraydose, öffnete sie und sprühte von unten auf die Linse der Kamera. Erst dann schaltete ich die Taschenlampe ein, die sich in der anderen Kitteltasche befand, und sprintete zu Roman, der in Ketten von der Decke hing. Es war nicht einfach, seine Fesseln zu lösen, aber es gelang mir. Er war zum Glück noch nicht so durchgefroren wie Robert, aber schon sehr träge und matt. Ich knetete seine Arme und Beine, damit er wacher wurde. Schließlich eilten wir zusammen aus dem Raum hinaus.
    Ich wusste nicht, wann sie merken würden, dass die Kamera nur ein Schwarzbild zeigte. Noch blieb alles still, dennoch mussten wir uns beeilen. Der Generator stand im Keller dieses Flachbaus, das Stromkabel zur riesigen Klimaanlage lag in dem des zweistöckigen Hauses. Wir mussten uns also trennen. Roman sollte sich um den Generator kümmern und ihn außer Betrieb setzen, ich mich um das Stromkabel, denn er durfte auf keinen Fall draußen gesehen werden. Ich schickte ihn mit genauen Anweisungen zum Zerstören des Generators ins Treppenhaus und wollte gerade kehrtmachen, um zu meinem Ziel zu gehen, als mir der Atem stockte. Die Tür zum Treppenhaus öffnete sich und ein Mann trat in den Gang. Er erschrak zuerst, doch als er mich sah, entspannte er sich wieder. Dann erkannte er Roman. Seine Hand zuckte zum Gürtel, wo sich der Elektroschocker befand. Sie kam nicht weit. In rasender Geschwindigkeit sprang Roman zu ihm, und noch bevor er einen Laut von sich geben konnte, knackte das Genick des Mannes und er fiel leblos zu Boden. Roman schob ihn mit dem Fuß achtlos zur Seite, weil er die Tür blockierte. Fassungslos sah ich zu, wie eiskalt er über ihn stieg und zum Treppenhaus lief. Mir wurde wieder schlecht, und zum ersten Mal kamen mir Zweifel an der ganzen Aktion. Ich konnte nur hoffen, dass ich mit Roberts Befreiung nicht noch mehr solcher Monster wie Roman einen Freibrief zum Töten erteilte.
    Jetzt war jedoch keine Zeit, in Grübeleien und Zweifel zu verfallen. Schnell eilte ich aus dem Flachbau hinaus in die Nacht auf das zweistöckige Gebäude zu. Ich gab mir nicht einmal mehr Mühe, es besonders unauffällig zu tun, auch dafür war keine Zeit vorhanden. Ein Mann rief

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