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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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mir aus dem Fenster etwas zu, was ich mit einem flapsigen Spruch erwiderte. Offensichtlich fühlten sich alle ganz sicher, als könne niemand auf die Idee kommen, unberechtigterweise hier einzudringen und die Gefangenen zu befreien.
    Schnell lief ich ins Haus und hinunter in den Keller. Er war mit einem Vorhängeschloss gesichert. Zum Glück hatte mir Leif ein Spray mitgegeben, das Schlösser chemisch behandelte, so dass sie unter einem leichten Hammerschlag zerbrachen. Das holte ich nun aus der Tasche und benutzte es. Es funktionierte tatsächlich. Im Keller suchte ich mit Hilfe meiner Taschenlampe nach der Stromhauptleitung für die Klimaanlage. Ich fand eine Menge Gerätschaften darin und in einem sauberen, großen Raum eine riesige Klimaanlage. Sie war durch eine verschlossene Tür geschützt, doch das Schloss war leicht zu knacken. Die Anlage war gigantisch. Von dem Strom, den die fraß, hätte ganz Mullendorf locker monatelang Licht und Wärme erhalten können. Völlig erschlagen von dem Monstrum suchte ich nach dem Hauptschalter. Er befand sich hinter einem gesicherten Gitter am hinteren Paneel, an den ich nicht herankam. Dafür entdeckte ich ein Kabel, fast so dick wie mein Arm, das zu der Maschine führte. Was ich vorhatte, war lebensgefährlich, wenn ich nicht aufpasste. Aber es gab keine andere Möglichkeit. Ich folgte dem Kabel in einen kleinen, unscheinbaren Nebenraum, wo es aus der Erde ragte.
    Aus meiner Tasche kramte ich den Nagellackentferner hervor. Dann packte ich noch ein paar andere Sachen, die mir Leif mitgegeben hatte und von denen ich lieber nicht wissen wollte, was wirklich drin war, in eine Tüte. Die platzierte ich direkt am Fuße des Kabels. Anschließend tränkte ich meinen Schal mit dem Nagellackentferner und legte das eine Ende auf die Tüte, das andere in den Raum. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass der Weg nach draußen frei war, zündete ich das mir zugewandte Ende an. Ich nahm noch wahr, wie schnell sich das Feuer den Schal entlang fraß und auf die Tüte mit dem selbstgebastelten Sprengstoff zuraste, dann lief ich so schnell ich konnte hinaus, die Treppe hoch und hinaus ins Freie. Es dauerte keine zwanzig Sekunden, bis ein dumpfer Knall die Stille der Nacht zerriss. Und nur den Bruchteil einer Sekunde später war alles dunkel. Kein Lichtschein drang aus dem Aufenthaltsraum, keine Laterne beleuchtete den Weg auf dem Hof. Ringsum war rabenschwarze Nacht.
    Erstaunte Rufe ertönten, doch ich konnte keinen einzigen sinnvollen Satz ausmachen, denn in diesem Moment donnerte eine weitere Explosion durch das Lager, viel gewaltiger und zerstörender, als ich es je geplant hatte. Der halbe Flachbau mit den Verhörräumen flog in die Luft.
    Ich wurde durch die Luft geschleudert und krachte gegen die Hauswand. Als ich versuchte, mich aufzurappeln, klingelte und rauschte es in meinen Ohren. Mühsam kam ich hoch, doch ich konnte kaum stehen, sondern kippte immer wieder gefährlich zur Seite. Um mich herum tobte das Chaos. Während ich wie in Trance taumelnd auf den Container zusteuerte, in dem Robert lag, liefen Insassen und Wächter des Lagers wild durcheinander. Niemand achtete auf mich. Plötzlich sah ich Leif, der zwei Männer im Schlafanzug mit ihren eigenen Elektroschockern umlegte. Der Fürst rammte einem jungen Kerl eine Eisenstange durch die Brust. Mehrere Soldaten legten Gewehre auf Leif und den Fürsten an, doch da kam Roman von hinten und brach ihnen das Genick. Feuer prasselte, immer wieder flogen brennende Teile durch die Luft auf den Boden und verletzten Menschen. Ich schrie, aber durch das Rauschen in meinen Ohren und den ganzen Lärm konnte ich mich nicht einmal selbst hören. Also hielt ich auf den Container zu und öffnete ihn mühelos, weil auch er durch ein elektronisches Schloss gesichert gewesen war. Am Eingang stolperte ich fast über Robert. Er musste sich so nahe wie möglich an die Tür geschleppt haben, als er die Explosion hörte. Ich half ihm auf und schleppte ihn ins Freie.
    Dort herrschte schrecklicher Tumult. Der Flachbau brannte, ein paar der Wachen versuchten, vor Roman und Philipp von Bismarck zu fliehen, die gemeinsam –  als sei es ein Sport – einem nach dem anderen den Garaus machten und anschließend die Container öffneten, um die Gefangenen zu befreien. Ich konnte nicht sehen, wie viele es schafften, ihr Gefängnis wirklich zu verlassen, denn ich stolperte mit Robert auf das Tor zu. Davor lag eine weitere Leiche, Parrier.
    Wir stiegen über ihn

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