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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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wird die Lage beobachten und uns auf dem laufenden halten. Falls sie den Anschlag noch um zwei Tage hinausschieben, können wir vielleicht helfen.«
    Rek sah Menahem an, der aufrecht am Tisch saß. Er hatte die Augen geschlossen und atmete flach.
    »Ist er fort?« fragte er.
    Serbitar nickte.
     
    Druss brachte es fertig, interessiert auszusehen, als die Reden ihren Fortgang nahmen. Seit das Bankett beendet war, hatte der alte Krieger dreimal gehört, wie dankbar die Stadtbevölkerung, die Kaufleute und die Rechtsanwälte waren, daß er zu ihnen gekommen war. Wie das die Angsthasen entlarvte, die immer bereit waren, die Macht des Drenai-Reiches schon abzuschreiben. Wie – wenn die Schlacht gewonnen war, und das schnell – Dros Delnoch Schaulustige aus dem ganzen Kontinent anziehen würde. Wie neue Strophen für Serbars Sage von Der Legende gedichtet würden. Die Worte strömten dahin; die Lobpreisungen wurden immer geschmackloser und übertriebener, je mehr der Wein in Strömen floß.
    Etwa zweihundert der reichsten und einflußreichsten Familien von Delnoch waren in der Großen Halle versammelt und saßen um den massiven runden Tisch, der normalerweise für Staatsangelegenheiten reserviert war. Das Bankett war das geistige Kind von Bricklyn, dem Ersten Bürger, einem kleinen, wichtigtuerischen Geschäftsmann, der Druss während des Essens die Ohren vollgeschwatzt hatte und sich nun die Freiheit nahm, sein Geschwätz mit der bislang längsten aller Reden fortzusetzen.
    Druss hatte ein starres Lächeln aufgesetzt und nickte hier und dort, wo er es für angemessen hielt. Er hatte in seinem Leben schon vielen solcher Festlichkeiten beigewohnt, obwohl sie meist nach der Schlacht und nicht schon vorher stattfanden.
    Wie man es von ihm erwartete, hatte Druss den Reigen der Ansprachen mit einem kurzen Bericht über sein Leben eröffnet, den er mit dem aufwühlenden Versprechen abschloß, daß die Dros halten würde, wenn nur die Soldaten denselben Mut zeigten wie die hier am Tisch versammelten Familien. Wie ebenfalls zu erwarten gewesen war, erhielt er donnernden Beifall.
    Wie immer bei solchen Gelegenheiten trank Druss nur wenig und nippte kaum an dem guten lentrischen Roten, den der Wirt Musar, Zeremonienmeister des Banketts, vor ihn stellte.
    Plötzlich merkte Druss, daß Bricklyn seine Rede beendet hatte, und applaudierte heftig. Der kleine grauhaarige Mann ließ sich links von ihm nieder, strahlte ihn an und verbeugte sich, als der Beifall anhielt.
    »Eine schöne Rede«, sagte Druss. »Sehr schön.«
    »Danke. Obwohl deine, glaube ich, besser war«, sagte Bricklyn und goß sich ein Glas vagrischen Weißwein aus einem Steinkrug ein.
    »Unsinn. Du bist ein geborener Redner.«
    »Seltsam, daß du das sagst. Ich erinnere mich, als ich in Drenan bei der Hochzeit von Graf Maritin … du kennst doch den Grafen, nicht wahr? … eine Rede hielt … Jedenfalls, er sagte …« Und so ging es weiter, und Druss lächelte und nickte dazu. Bricklyn fand mehr und mehr Geschichten, die seine Vorzüge unterstrichen.
    Wie vorher abgesprochen, kam Delnars alter Diener Arshin gegen Mitternacht zu Druss und meldete, laut genug, daß Bricklyn es hören konnte, daß Druss auf Mauer Drei gebraucht werde, um eine neue Abteilung Bogenschützen und ihre Aufstellung zu überwachen. Es war keine Minute zu früh. Den ganzen Abend hatte Druss nicht mehr als einen einzigen Becher getrunken, doch sein Kopf fühlte sich an wie ein Schwamm, und seine Beine zitterten, als er aufzustehen versuchte. Er entschuldigte sich bei dem untersetzten Ersten Bürger, verbeugte sich vor der Tischrunde und marschierte hinaus. Draußen im Gang blieb er stehen und lehnte sich an eine Säule.
    »Geht es dir nicht gut?« fragte Arshin.
    »Der Wein war schlecht«, murmelte Druss. »Das war für meinen Bauch ja schlimmer als ein ventrisches Frühstück.«
    »Du solltest zu Bett gehen, Herr. Ich benachrichtige Dun Mendar, daß er dich in deinem Zimmer aufsucht.«
    »Mendar? Warum sollte er mich aufsuchen?«
    »Tut mir leid, Herr. Ich konnte es in der Halle nicht erwähnen, da du mir aufgetragen hattest, was ich sagen sollte. Aber Dun Mendar bittet dich um ein paar Minuten. Er sagte, er hätte ein ernstes Problem.«
    Druss rieb sich die Augen und atmete ein paarmal tief ein. Sein Magen fühlte sich an wie in Stücke gerissen. Er spielte mit dem Gedanken, Arshin zu dem jungen Offizier zu schicken und es ihm zu erklären, aber er erkannte, daß sich dann herumsprechen würde,

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