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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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horchte auf die Tauben, die ihr Gefieder putzten, um den neuen Morgen zu begrüßen. Er war jetzt ruhig, fast gelassen, und seine großen Hände zitterten auch nicht mehr. Er ging zum Fenster und lehnte sich weit hinaus, um nach Norden zu schauen. Sein einziger, alles verzehrender Ehrgeiz war es gewesen, Ulric in Dros Delnoch und den reichen Süden einziehen zu sehen – endlich den Aufstieg des Nadir-Reiches zu erleben. Jetzt lagen seine Drenai-Frau und sein acht Jahre alter Sohn unten; ihr Schlaf dämmerte in den Tod hinüber, während er seinen letzten Sonnenaufgang erlebte.
    Es war schwer gewesen, sie ihre vergifteten Becher leeren zu sehen, dem liebenswerten Geplauder seiner Frau zuzuhören, die ihm von ihren Plänen für den nächsten Tag erzählte. Als sein Sohn ihn fragte, ob er mit Brentars Jungen reiten gehen dürfte, hatte er es ihm erlaubt.
    Er hätte seinem ersten Instinkt folgen und den alten Krieger vergiften sollen, aber Dun Mendar hatte ihn überredet. Der Verdacht wäre dann sofort auf den Zeremonienmeister gefallen. Dieser Weg war sicherer, hatte Mendar versprochen: ihn zu betäuben und in einer dunklen Gasse zu töten. So einfach!
    Wie konnte ein alter Mann sich nur so rasch bewegen?
    Musar hatte das Gefühl gehabt, er hätte damit durchkommen können. Er wußte, Druss hätte in ihm nie den fünften Angreifer erkannt, da sein Gesicht halb von einem dunklen Schal verdeckt gewesen war. Aber das Risiko war zu groß, hatte sein Nadir-Oberst, Surip, erklärt. Die letzte Nachricht hatte ihn zu seiner Arbeit in den letzten zwölf Jahren beglückwünscht und geschlossen: ›Friede mit Dir, Bruder, und Deiner Familie.‹
    Musar füllte einen Eimer mit warmem Wasser aus einem großen Kupferkessel.
    Dann nahm er einen Dolch von einem Regal an der Wand und schärfte ihn an einem Wetzstein. War das Risiko zu groß? Das war es wirklich. Musar wußte, daß die Nadir noch einen Mann in Delnoch hatten, in einer höheren Position als er. Unter keinen Umständen durfte dieser Mann gefährdet werden.
    Er tauchte den linken Arm in den Eimer, hielt den Dolch fest mit der rechten Hand und öffnete die Arterien an seinem linken Handgelenk. Das Wasser änderte seine Farbe.
    Er war ein Tor gewesen zu heiraten, dachte er mit Tränen in den Augen.
    Aber sie war so reizend gewesen …
     
    Hogun und Elicas beobachteten, wie die Männer der Legion die Leichen der Attentäter fortschafften. Neugierige blickten aus den Fenstern ringsum und stellten Fragen, aber die Legion ignorierte sie.
    Elicas zupfte an seinem kleinen goldenen Ohrring, als Lebus der Fährtenleser den Kampf schilderte. Elicas war immer schon von den Fähigkeiten des Spurenlesers fasziniert gewesen. Aus einer Fährte konnte Lebus das Geschlecht der Pferde bestimmen, das Alter der Reiter und praktisch sogar die Gespräche am Lagerfeuer. Es war eine Wissenschaft, die über Elicas’ Verständnis ging.
    »Der alte Mann hat die Gasse dort drüben betreten. Der erste Mann war im Schatten verborgen. Er hat ihn getroffen, und Druss stürzte. Er stand schnell wieder auf. Seht ihr das Blut hier? Ein Axthieb quer über den Oberschenkel. Dann hat er die drei anderen angegriffen, aber er hat seine Axt geworfen, da er bis an die Mauer zurückweichen mußte.«
    »Wie ist es ihm gelungen, Mendar zu töten?« fragte Hogun, der es bereits von Druss erfahren hatte. Aber auch er schätzte Lebus’ Talent hoch ein.
    »Das hat mich verwirrt, Herr«, sagte der Spurenleser. »Aber ich glaube, ich weiß es jetzt. Da war noch ein fünfter Angreifer, der sich während des Kampfes zurückgehalten hat. Es gibt Anzeichen dafür, daß Druss und Mendar den Kampf unterbrochen hatten und sich dicht gegenüber standen. Der fünfte Mann muß dazugekommen sein. Seht ihr hier den Absatzabdruck? Der gehört zu Druss. Und hier den runden Abdruck? Ich würde sagen, Druss hat Mendar herumgeschleudert, um den fünften Mann abzuwehren.«
    »Gute Arbeit, Lebus«, sagte Hogun. »Die Männer sagen, du könntest auch einem fliegenden Vogel folgen, und ich glaube ihnen.«
    Lebus verbeugte sich und ging.
    »Allmählich glaube ich, daß Druss wirklich all das ist, was man sich von ihm erzählt«, sagte Elicas. »Erstaunlich!«
    »Stimmt«, sagte Hogun, »und auch beunruhigend. Eine Armee von der Größe Ulrics vor sich zu haben ist eine Sache; Verräter in der Dros eine ganz andere. Und was Mendar betrifft … es ist fast nicht zu glauben.«
    »Aus guter Familie, soweit ich weiß. Ich habe verbreiten lassen,

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