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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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weht.
    »Warum tun die Seher das?« fragte Horeb.
    »Das mit den Augen, meinst du?« fragte Rek zurück. »Ja. Wie kann man sich nur selbst die Augen ausstechen?«
    »Weiß der Himmel. Sie sagen, es hilft ihnen bei ihren Visionen. «
    »Hört sich ungefähr so sinnvoll an, als wenn du dir dein Ding abschneiden würdest, um dadurch dein, Geschlechtsleben erfreulicher zu gestalten.«
    »Es muß solche und solche geben, Horeb, alter Freund.«
    Angezogen vom Klang ihrer Stimmen hinkte der alte Mann mit ausgestreckter Hand näher. »Silber für eure Zukunft«, singsangte er. Rek wandte sich ab.
    »Mach schon, Rek«, drängte Horeb. »Laß sehen, ob diese Reise gut für dich verläuft. Was kann es schon schaden?«
    »Du zahlst. Ich höre zu«, antwortete Rek.
    Horeb schob die Hand tief in die Tasche seiner Lederschürze und ließ eine kleine Münze in die Hand des alten Mannes fallen. »Für meinen Freund hier«, erklärte er. »Ich kenne meine Zukunft.« Der alte Mann hockte sich auf den Holzfußboden und griff in einen arg mitgenommenen Beutel, aus dem er eine Handvoll Sand zum Vorschein brachte, die er um sich herum verstreute. Dann holte er sechs Knöchelchen hervor, die geschnitzte Runen trugen.
    »Das sind Menschenknochen, nicht wahr?« wisperte Horeb.
    »Das behaupten sie«, erwiderte Rek. Der alte Mann begann in der Alten Sprache zu singen; eine zittrige Stimme hallte in dem Schweigen wider. Er warf die Knochen auf den sandbestreuten Boden; dann fuhr er mit den Händen über die Runen.
    »Ich habe die Wahrheit«, sagte er schließlich.
    »Laß die Wahrheit, alter Mann. Erzähl mir eine Geschichte voll goldener Lügen und prächtiger Mädchen.«
    »Ich habe die Wahrheit«, sagte der Seher, als hätte er nicht gehört.
    »Zur Hölle damit«, fuhr Rek auf. »Dann erzähl mir die Wahrheit!«
    »Willst du sie wirklich hören, Mann?«
    »Laß das verdammte Ritual! Rede endlich, und dann Schluß!«
    »Ruhig, Rek, ruhig! Das ist nun mal seine Art«, sagte Horeb.
    »Vielleicht. Aber er nimmt sich reichlich Zeit, um mir den Tag zu verderben. Der alte Bastard erklärt mir wahrscheinlich, daß ich mir die Pest hole.«
    »Er wünscht die Wahrheit«, sagte Horeb zum Seher, dem Ritual entsprechend, »und wird sie gut und weise nutzen.«
    »Das will er nicht und wird er nicht«, sagte der Seher. »Aber das Schicksal muß gehört werden. Du willst nicht Worte deines Todes hören, Regnak der Wanderer, Sohn des Argas, und so werde ich sie verschweigen. Du bist ein Mann von unstetem Charakter und nur sporadischem Mut. Du bist ein Dieb und Träumer, und dein Schicksal wird dich heimsuchen und verfolgen. Du wirst davonlaufen, um ihm zu entgehen, doch jeder Schritt wird dich ihm näherbringen. Aber das weißt du ja, Langbein, denn du hast gestern nacht davon geträumt.«
    »Ist das die Wahrheit, alter Mann? Dieser sinnlose Quatsch! Ist das ein fairer Tausch gegen eine Silbermünze?«
    »Der Graf und die Legende werden zusammen auf der Mauer stehen. Und Männer werden träumen, und Männer werden sterben, aber wird die Festung fallen?«
    Der alte Mann drehte sich um und war verschwunden.
    »Was hast du letzte Nacht geträumt, Rek?« fragte Horeb.
    »Du glaubst doch nicht etwa an diesen Unsinn, Horeb?«
    »Was hast du geträumt?« beharrte der Wirt.
    »Ich habe überhaupt nicht geträumt. Ich habe geschlafen wie ein Klotz. Wenn nur nicht die blöde Kerze gewesen wäre. Du hast sie die ganze Nacht brennen lassen, und sie stank. Du mußt vorsichtiger werden. Es hätte zu brennen anfangen können. Jedesmal, wenn ich hier bin, warne ich dich wegen dieser Kerzen. Aber du hörst einfach nicht auf mich.«

2
    Rek sah schweigend zu, wie der Bursche den kastanienbraunen Wallach sattelte. Er mochte das Pferd nicht – es hatte einen niederträchtigen Blick, und die Ohren lagen flach am Kopf an. Der Bursche, ein dünner Junge, sprach besänftigend auf das Tier ein, während er mit zitternden Fingern den Sattelgurt festzog.
    »Warum konnte ich keinen Grauen bekommen?« fragte Rek. Horeb lachte.
    »Weil es dich einen Schritt zu nahe an eine Farce herangebracht hätte. Untertreibung ist alles, Rek. Du siehst so schön aus wie ein Pfau, und wie es nun einmal steht, wird jeder lentrische Matrose Jagd auf dich machen. Nein, ein Brauner ist schon richtig.« Ernsthafter setzte er hinzu: »Und in Graven ist es dir vielleicht lieber, nicht so aufzufallen. Ein großes, weißes Pferd kann man nicht leicht übersehen.«
    »Ich glaube nicht, daß es mich mag.

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