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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Dreißig ihre Gebete und brachen zusammen das Brot, das Vintar segnete. Sie aßen schweigend und unterbrachen das Band der Einheit, um ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. Schließlich lehnte sich Serbitar zurück und signalisierte die Öffnung. Im Geiste verschmolzen sie miteinander.
    »Der alte Mann ist ein furchtbarer Krieger«, sagte Menahem.
    »Aber er ist kein Stratege«, wandte Serbitar ein. »Seine Methode, die Dros zu halten, wird darin bestehen, die Mauern zu bemannen und zu kämpfen, bis ein Ergebnis erzielt ist.«
    »Es gibt kaum andere Möglichkeiten«, sagte Menahem. »Wir werden auch nichts anderes anbieten können.«
    »Das ist wahr. Ich will damit sagen, daß Druss lediglich die Mauern mit Männern spicken wird, was keine sehr brauchbare Idee ist. Er hat zehntausend Mann, und für eine wirksame Verteidigung kann er zur Zeit nur siebentausend einsetzen. Die anderen Mauern müssen ebenfalls bemannt werden. Wichtige Dienstleistungen müssen weiterlaufen. Boten müssen ernannt werden. Und es muß eine mobile Einheit geben, die in der Lage ist, an Schwachstellen unverzüglich einzugreifen.
    Unsere Stärke muß darin liegen, mit möglichst sparsamen Mitteln die größtmögliche Wirkung zu erzielen. Rückzüge müssen zeitlich genau kalkuliert werden. Jeder Offizier muß sich seiner Rolle nicht nur bewußt, sondern auch völlig sicher sein.«
    »Und wir müssen«, sagte Arbedark, »eine aggressive Einstellung zur Verteidigung entwickeln. Wir haben selbst gesehen, daß Ulric ganze Wälder abholzt, um seine Wurfgeschütze und Belagerungstürme zu bauen. Wir brauchen Zündstoff und Behälter dafür.«
    Über eine Stunde lang, bis die Morgensonne am östlichen Horizont aufging, skizzierten die Anführer ihre Pläne: Manche Ideen wurden verworfen, andere verbessert und ausgeweitet.
    Schließlich bat Serbitar alle, sich bei den Händen zu fassen. Arbedark, Menahem und Vintar lösten sich von den anderen und trieben in die Dunkelheit, als Serbitar ihre Kraft an sich zog.
    »Druss! Druss!« pulste er. Sein Geist schwang sich hoch über das Meer, an der Hafenfestung Dros Purdol vorbei, über die Delnoch-Berge an den Sathuli-Siedlungen vorbei, über die ausgedehnte sentrische Ebene – er flog schneller und schneller.
     
    Druss erwachte mit einem Ruck. Seine blauen Augen durchsuchten das Zimmer. Mit geblähten Nasenflügeln versuchte er, den Geruch von Gefahr zu entdecken. Er schüttelte den Kopf. Jemand sprach seinen Namen aus, aber kein Laut war zu hören. Rasch schlug er das Zeichen der Klaue über seinem Herzen. Und noch immer rief ihn jemand.
    Kalter Schweiß stand auf seiner Stirn.
    »Hör mich an«, flehte die Stimme.
    »Geh raus aus meinem Kopf, du Hurensohn!« brüllte der alte Mann und schwang sich aus dem Bett.
    »Ich gehöre zu den Dreißig. Wir sind auf dem Weg nach Dros Delnoch, um euch zu helfen. Hör mich an!«
    »Raus aus meinem Kopf!«
    Serbitar blieb keine Wahl, denn die Schmerzen waren unglaublich. Er ließ den alten Krieger los und kehrte zum Schiff zurück.
    Druss kam taumelnd auf die Füße, stürzte und erhob sich wieder. Die Tür ging auf, und Calvar Syn eilte auf ihn zu.
    »Ich habe doch gesagt, daß du vor Mittag nicht aufstehen darfst!« fuhr er ihn an.
    »Stimmen«, sagte Druss. »Stimmen … in meinem Kopf!«
    »Leg dich hin. Und hör mir zu. Du bist der Hauptmann, und du erwartest, daß deine Männer dir gehorchen. Das ist Disziplin. Ich bin der Arzt, und ich erwarte, daß meine Patienten mir gehorchen. Jetzt erzähl mir von den Stimmen.«
    Druss legte den Kopf in die Kissen zurück und schloß die Augen. Sein Schädel tat abscheulich weh, und sein Magen war immer noch empfindlich. »Es war nur eine Stimme. Sie rief meinen Namen. Dann sagte sie, sie gehöre zu den Dreißig und daß sie kämen, um uns zu helfen.«
    »Ist das alles?«
    »Ja. Was ist los mit mir, Calvar? Ich habe so etwas noch nie erlebt nach einem Schlag auf den Schädel.«
    »Es kann an dem Schlag liegen. Eine Gehirnerschütterung hat manchmal seltsame Nebenwirkungen – auch, daß man Visionen hat oder Stimmen hört. Aber das hält selten länger an. Höre auf meinen Rat, Druss. Du darfst dich nicht allzusehr aufregen. Du könntest eine Bewußtseinstrübung erleiden … oder Schlimmeres. Schläge auf den Kopf können fatale Folgen haben, selbst nach ein paar Tagen. Ich möchte, daß du dich ausruhst und entspannst. Wenn die Stimme wiederkommt, hör ihr zu – antworte ihr sogar. Aber beunruhige dich nicht.

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