Die Legende
übertragen, auf der Mauer getötet werden?« fragte Hogun.
»Wir werden eine Fackelabteilung aufstellen«, erklärte Druss. »Und die Entscheidung wird von einem Hornbläser auf Mauer Zwei verkündet. Wir brauchen einen Offizier mit guten Nerven, der die Sachlage beurteilt. Wenn das Horn erklingt, geht der Graben in Flammen auf – egal, wer zurückbleibt.«
Solche Dinge nahmen Druss mehr und mehr in Anspruch, bis sein Kopf von Plänen, Ideen, Strategien und Vorgehensweisen nur so schwamm. Mehrere Male während solcher Diskussionen flackerte das Temperament des alten Mannes auf, und er schlug mit seiner Riesenfaust auf den Tisch oder lief wie ein Tiger im Käfig hin und her.
»Ich bin Soldat – kein verdammter Planer«, erklärte er dann, und die Besprechung wurde um eine Stunde vertagt. Brennstoff wurde von entfernten Dörfern herbeigeschafft, eine schier endlose Zahl von Eilbotschaften kam aus Drenan und von Abalayns in Panik geratener Regierung, und eine Vielzahl kleiner Probleme – verspätete Post, neue Rekruten, persönliche Sorgen und Streitigkeiten unter den Gruppen – drohte die drei Männer zu überwältigen.
Ein Offizier beklagte, daß der Latrinenbereich von Mauer Eins die Gesundheit gefährdete, da er nicht die vorgeschriebene Tiefe hatte und nicht über eine ausreichende Senkgrube verfügte.
Druss ließ einen Arbeitstrupp den Bereich vergrößern. Abalayn selbst verlangte eine vollständige strategische Auflistung aller Verteidigungsvorhaben von Dros Delnoch, was Druss ablehnte, da die Informationen durch Nadir-Sympathisanten durchsickern könnten. Dies wiederum brachte einen sofortigen Verweis aus Drenan ein und eine entschiedene Forderung nach Abbitte. Orrin setzte ein entsprechendes Schreiben auf – mit der Begründung, damit würden sie sich die Politiker vom Hals schaffen.
Dann schickte Wundweber eine Forderung nach den Pferden der Legion. Da sie Befehl hatten, bis zum letzten Mann auszuharren, schrieb er, wären die Pferde in Delnoch nur von geringem Nutzen. Er gestattete jedoch, daß zwanzig für Kurierdienste zurückblieben. Dies versetzte Hogun derart in Rage, daß er für Tage unansprechbar war.
Darüber hinaus hatten die Bürger der Stadt angefangen, sich über das ruppige Benehmen der Truppe in zivilen Bereichen zu beschweren. Alles in allem fühlte sich Druss allmählich am Ende seiner Geduld und sprach offen seine Hoffnung aus, daß die Nadir bald kommen sollten – und zum Teufel mit den Folgen!
Drei Tage später ging sein Wunsch teilweise in Erfüllung.
Ein Nadir-Trupp mit einer Parlamentärsflagge galoppierte von Norden heran. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht. Als Druss in der Haupthalle der Festung davon erfuhr, stand die Stadt kurz vor einer Panik.
Die Nadir stiegen im Schatten der großen Tore von ihren Ponies. Sie sagten kein Wort. Aus ihren Satteltaschen holten sie Wasserschläuche und getrocknetes Fleisch. Sie setzten sich zusammen, aßen und warteten.
Als Druss mit Orrin und Hogun eintraf, hatten sie ihre Mahlzeit beendet. Druss rief sie von der Brustwehr herunter an.
»Wie lautet eure Botschaft?«
»Öffnet die Tore«, rief einer der Offiziere der Nadir zurück, ein kleiner Mann mit mächtigem Brustkasten, krummen Beinen und offensichtlich großer Kraft.
»Bist du der Todesbringer?« fragte er.
»Ja.«
»Du bist alt und fett. Das gefällt mir.«
»Schön! Denk daran, wenn wir uns das nächste Mal begegnen, denn ich kenne dich, du Schreihals, und meine Axt kennt den Namen deines Geistes. Also, wie lautet nun die Botschaft?«
»Ulric, Herrscher des Nordens, hat mir aufgetragen, dir zu sagen, daß er nach Drenan reiten wird, um ein Bündnis mit Abalayn, dem Herrscher der Drenai zu besprechen. Er wünscht bekanntzugeben, daß er erwartet, daß die Tore von Dros Delnoch für ihn offenstehen. Wenn das geschieht, garantiert er, daß weder Mann, Frau, Kind noch Soldat ein Leid zugefügt wird. Es ist Ulrics Wunsch, daß die Drenai und die Nadir eine Nation werden. Er bietet euch das Geschenk seiner Freundschaft an.«
»Sag Ulric«, antwortete Druss, »daß er jederzeit nach Drenan reiten kann. Wir werden ihm sogar eine Eskorte von hundert Kriegern zur Verfügung stellen, wie es sich für den Herrscher des Nordens geziemt.«
»Ulric akzeptiert keine Bedingungen«, erklärte der Offizier.
»Das sind meine Bedingungen – und sie werden sich nicht ändern«, erwiderte Druss.
»Dann habe ich eine zweite Botschaft. Sollten die Mauern bemannt und die
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