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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Hemd aus und kniete an dem rasch dahinfließenden Wasser nieder.
    »Bitte, tu das nicht«, bat Antaheim.
    »Was?«
    Der große Krieger kam zu ihm und hockte sich neben ihn. »Die Seifenblasen werden flußabwärts getragen. Es ist nicht klug, unser Kommen so anzukündigen.«
    Rek schalt sich selbst einen Idioten und entschuldigte sich.
    »Nicht nötig. Tut mir leid, daß ich mich eingemischt habe. Siehst du die Pflanze dort drüben, bei dem flechtenbewachsenen Felsen?« Rek blickte in die angegebene Richtung und nickte. »Das ist Zitronenminze. Wasch sie im Wasser, zerdrücke ein paar Blätter und reibe dich damit ab. Das erfrischt und sorgt für einen etwas … angenehmeren Duft.«
    »Danke. Reist Serbitar noch immer?«
    »Er sollte es eigentlich nicht tun. Ich werde ihn suchen.« Antaheim schloß für ein paar Sekunden die Augen. Als er sie wieder öffnete, sah Rek die Panik darin. Der Krieger stürzte davon. Im selben Moment sprangen die Dreißig allesamt von ihrem Lager auf und rannten zu Serbitar.
    Rek ließ Hemd und Seife fallen und stürmte hinter ihnen her. Vintar beugte sich über die reglose Gestalt des Albinos, schloß die Augen und legte seine Hände auf das schmale Gesicht des jungen Anführers. Lange verharrte er so. Schweißperlen erschienen auf seiner Stirn, und er begann zu schwanken. Als er eine Hand hob, kam Menahem ihm sofort zu Hilfe und hob Serbitars Kopf an. Der dunkle Krieger zog das rechte Augenlid des Albinos zurück; die Iris war blutrot.
    Virae sank neben Rek auf die Knie. »Seine Augen sind doch sonst grün«, sagte sie. »Was ist denn los?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Rek.
    Antaheim löste sich aus der Gruppe und stürzte ins Unterholz. Wenige Minuten später kam er mit einem Armvoll Rankenblätter zurück, die er zu Boden fallen ließ. Er sammelte trockene Zweige und entzündete ein kleines Feuer; dann stellte er einen dreibeinigen Kessel in die Flammen, füllte ihn mit Wasser, zerrieb die Blätter und ließ sie in den Topf fallen. Bald begann das Wasser zu brodeln, und ein süßer Duft erfüllte die Luft. Antaheim nahm den Topf vom Feuer, füllte ihn mit kaltem Wasser aus seiner Feldflasche, goß die grünliche Flüssigkeit in einen lederummantelten Becher und reichte ihn Menahem. Langsam öffneten sie Serbitar den Mund, während Vintar ihm die Nase zuhielt, und flößten ihm das Getränk ein. Serbitar hustete und schluckte, und Vintar ließ seine Nase wieder los. Menahem bettete Serbitars Kopf wieder ins Gras, und Antaheim löschte das Feuer. Es hatte keinen Rauch gegeben.
    »Was ist los?« fragte Rek, als Vintar zu ihm kam.
    »Wir unterhalten uns später«, sagte Vintar. »Jetzt muß ich ruhen.« Er stolperte zu seinen Decken und legte sich hin. Er fiel sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
    »Ich komme mir wie ein Einbeiniger bei einem Wettlauf vor«, sagte Rek.
    Menahem kam zu ihm. Sein dunkles Gesicht war grau vor Erschöpfung, als er einen Schluck Wasser trank. Er streckte seine langen Beine im Gras aus und drehte sich auf die Seite, den Kopf auf den Ellbogen gestützt. Dann wandte er sich an Rek.
    »Ich wollte nicht lauschen«, sagte er, »aber ich habe dich gehört. Du mußt Vintar verzeihen. Er ist älter als wir anderen, und die Anstrengung der Jagd war zuviel für ihn.«
    »Die Jagd? Was für eine Jagd?« fragte Virae.
    »Wir haben Serbitar gesucht. Er ist weit gereist, und sein Weg war gegabelt. Er konnte nicht zurück. Wir mußten ihn finden. Vintar hat richtig erraten, daß er sich in die Nebel zurückgezogen hatte und das Risiko eingegangen war. Er mußte ihn aufspüren.«
    »Es tut mir leid, Menahem. Du siehst abgespannt aus«, sagte Rek. »Aber sag mir bitte, wovon du sprichst. In die Nebel? Was bedeutet das?«
    Menahem seufzte. »Wie soll man einem Blinden Farbe erklären?«
    »Man sagt«, fuhr Rek auf, »daß Rot wie Seide ist, Blau wie kühles Wasser und Gelb wie Sonnenschein auf der Haut.«
    »Verzeih, Rek. Ich bin müde, ich wollte nicht grob sein«, sagte Menahem. »Ich kann dir die Nebel nicht so erklären, wie ich sie verstehe. Aber ich will versuchen, dir eine Vorstellung davon zu geben.
    Es gibt viele mögliche Zukünfte, aber nur eine Vergangenheit. Wenn wir außerhalb unseres Selbst reisen, wandern wir einen geraden Pfad entlang, so wie wir jetzt nach Delnoch reisen. Wir können über riesige Entfernungen hinweg steuern. Aber der Rückweg ist festgelegt, denn er ist in unserer Erinnerung verankert. Verstehst du?«
    »Soweit ja«, sagte Rek.

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