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Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)

Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)

Titel: Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Thiele
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gierig über seine Lippen. Houst kannte diesen Gesichtsausdruck. Auf den Festen, die er für seinen Bruder, den König, organisiert hatte, hatte er ihn manchmal gesehen, immer dann wenn die neuen, von ihm in der Stadt ausgewählten Frauen in den Raum geführt wurden.
    „Esrin? Seid Ihr wieder zu den Alten gewandelt?“, versuchte Houst, Esrins Aufmerksamkeit zurück zu gewinnen.
    Vergeblich. Ein Drama, wie sollte er ihnen so nur aus den Käfigen helfen? Esrin sagte etwas, es ergab keinen Sinn. Dann ging er einige Schritte nach vorn, umarmte die Luft. Was machte er da? Es sah aus, als würde er jemanden küssen. Da war aber niemand. So deutlich verrückt war sein Verhalten bisher noch nie gewesen. Befremdlich ja, aber das … Die Alten mussten komplett irre gewesen sein. Vielleicht waren sie deshalb ausgestorben. Esrins Zunge wackelte grotesk, Speichel tropfte aus seinem Mund. Er schien es gar nicht zu bemerken. Houst bezeichnete sich durchaus als gebildet, von einem derartigem Verhalten, einer solchen Krankheit, hatte er aber weder gelesen noch gehört.
    „Wo dann?“, hauchte Esrin atemlos, bevor sich seine Zunge einmal mehr nach außen schob, „Was?“
    Gleich darauf streckte er den Arm nach vorn und rannte davon.
    „Bei den Alten, Esrin! Seid Ihr jetzt komplett wahnsinnig geworden? Kommt zurück“, rief ihm Houst hinterher.
    Seine Stimme verhallte.
    „Was machen wir jetzt?“, wollte einer der Verdammten aus der Nachbarzelle wissen.
    Houst hatte darauf keine Antwort.
    ***
    Es regnete. Das sollte nicht sein, zumindest wenn man den Legenden über die Einöde Glauben schenkte. Aber offensichtlich irrten die Legenden. Vielleicht waren sie nur ein Trick der Alten, die Neumenschen von ihren Städten fern zu halten. Der Trick funktionierte nicht mehr. In einem fast endlosen Treck zogen sie seit vorgestern durch die Einöde. Nach dem Zusammenbruch des großen Fahrstuhls brauchten sie nicht mehr zu warten. Jene, die der Fahrstuhl unter sich begraben hatte und jene, die ihn nie betreten hatten, blieben zurück. Sie waren besser dran als er. Kex zog seinen Fuß mühsam aus dem Schlick. Es schmatzte dabei. Stumpfsinnig stapfte er weiter. Seine Beine schmerzten. Er stolperte. Eine ältere Frau half ihm im Vorbeigehen auf, mühelos. Nur nicht nachdenken. Warum machten sie keine Pausen? Wie hielten all diese Menschen Schritt? Bisweilen sah er noch Kinder in Schlammpfützen herum toben.
    „Gleich da vorn ist die Bodenstation des Kraftwerks. Endlich kommen wir aus dem Regen“, sagte jemand.
    „Wir sollten die Wachroboter ausschalten und die Bodenstation übernehmen. Bestimmt könnten  wir von da aus das gesamte Kraftwerk kontrollieren. Die Naturalisten wären begeistert und dieser Georg Waldberger müsste uns endlich ernst nehmen“, meinte ein anderer.
    „Schwachsinn!“, widersprach der erste, „Wenn es derart einfach wäre, hätten es deine Naturalisten schon lange versucht“
    „Was redet ihr da? Ich verstehe euch nicht“, klagte eine Frau – als einzige nicht in der Sprache der Alten –, „Wo gehen wir überhaupt hin? Ich will zurück nach Hause“
    Kex blieb stehen, blickte auf. Gleich da vorn … welch eine Übertreibung! Am Horizont, beinahe nicht zu erkennen, streckte sich ein Gebäude in den Himmel. Die tiefen Wolken umspielten es, wie Wasser einen Ast, der aus einem Fluss herausragt, nur auf den Kopf gestellt. War das ihr Ziel? Resigniert atmete Kex aus. Es bedeutete noch mehrere Stunden Fußmarsch. Beinahe weigerten sich seine Beine weiterzulaufen. Nomo tauchte plötzlich an seiner Seite auf, er hatte sie schon lange aus den Augen verloren.
    „Was ist los, Wim? Du siehst müde aus“, sagte sie, „Hast du nicht genug gegessen? Dabei hatte ich gedacht, wir könnten …“
    Dabei lächelte sie verheißungsvoll. In Kex Ohren klang es jedoch beinahe wie ein Vorwurf. Ihm fehlte gerade der Sinn für ihre Signale. Seit zwei Tagen Dauermarsch, seit zwei Tagen kein Schlaf. Er war müde! Und so wie all die anderen fast ständig etwas in ihren Mund stopfen, brachte er nicht fertig. Seine letzte Mahlzeit – wenn man es denn so nennen wollte, schließlich gab es keine Rast – lag nur wenige Stunden zurück. Sein Körper war ausgelaugt, hungrig jedoch war er nicht. Er entschied sich, Nomos Frage zu ignorieren.
    „Gehen wir dort hin?“, fragte er stattdessen und deutete mit dem Kopf kurz auf das ferne Gebäude.
    „Die Bodenstation? Nein da laufen wir nur vorbei“, antwortete Nomo oder wer immer aus ihr

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