Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
Kolats eigener Sohn. Auch Nomo mochte ihn, ein aufgeweckter Junge, stets eine neugierige Frage auf den Lippen. Bereits jetzt überflügelte sein Wissen auf manchem Gebiet das der meisten Beseelten. Kein Wunder also, dass er zu Kolats Liebling avancierte. Das alles war weithin bekannt und sicher kein Grund für irgendwelche Gerüchte, doch anscheinend hatte Kirai dem Jungen zu seinem Geburtstag ein Geschenk gemacht.
„Ja, ich sag doch, es lag am Morgen direkt auf der Bettdecke des Jungen. Nur die Alten wissen, wie es dahin gekommen ist. Schließlich wird der Junge mittlerweile rund um die Uhr bewacht, persönliche Anordnung seines Großvaters“, sagte das eine Zimmermädchen.
„Hast du gesehen, was es war?“, wollte ihre Freundin wissen.
„Ein knallbuntes Artefakt der Alten, wohl eine Art Spielzeug. Ich hätte mich niemals getraut, es auch nur anzufassen. Aber der Junge ist ja so neugierig, er hat es sofort eingehend untersucht. Dabei muss er dann auch irgendeinen Mechanismus ausgelöst haben. Zumindest schrie er kurze Zeit später auf und seine Hand blutete wie wild. Die Bettdecke bekommen wir nie wieder sauber“, erzählte das erste Zimmermädchen.
„Kein Wunder, dass Kolat so außer sich war. Da half das Schreiben mit den ehrerbietigsten Grüßen von Kirai auch nichts mehr. Warum schenkt er dem Jungen überhaupt etwas?“, fragte die andere.
„Einige munkeln, er war bei der Entstehung des Jungen nicht ganz unbeteiligt. Das sind aber nur Gerüchte“, sagte die erste.
„Meinst du wirklich? Zuzutrauen wäre es ihm ja“, entgegnete das zweite Küchenmädchen.
Nomo vermutete eher andere Gründe, konnte sich aber noch keinen genauen Reim darauf machen. Vielleicht wollte er so Kolats Unterstützung für seine Kandidatur zum Großwesir erkaufen. Dann hätte er es aber besser selbst vorbeigebracht und nicht heimlich auf das Bett legen lassen. Außerdem verletzte sich der Junge, als er die kleine Maschine untersuchte. Geräte der Alten waren tückisch und als Geschenke für Kinder selten geeignet. Nun, Nomo würde schon noch dahinter kommen. Sie näherte sich nun einer Gruppe Wachen, die geheimnisvoll miteinander tuschelten. Es ging um sie, also um sie als Prinzessin. Nomo spitzte die Ohren, hielt bisweilen die Luft an, damit sie kein Wort verpasste. Laut einer der Wachen hatte Kirai einen Spion in ihrem Haus etabliert. Wer es genau war, wollte die Wache nicht verraten, auch das Geschlecht hielt er geheim, trotz der bettelnden Nachfragen seiner Kumpane. Aber der Spion würde Nomo regelmäßig sehen, hätte freien Zugang zu ihren Räumen und wäre damit schon ziemlich nah an ihr dran. Beunruhigende Neuigkeiten, auch wenn sich die Wache nur wichtigmachen wollte, einen Funken Wahrheit beinhalteten derartige Gerüchte meistens. Nomo würde dies weiter untersuchen müssen. Dazu fiel ihr eine von Hems Weisheiten ein. Ein gegnerischer Spion, den man kennt, wird zu einer vernichtenden Waffe. Nomo musste schmunzeln. Erstaunlich, wie viele von Hems Sprüchen sie sich bereits eingeprägt hatte. Lautes Gelächter vom anderen Ende der Küche zog Nomos Aufmerksamkeit auf sich.
„Kann sich das jemand vorstellen? Königin Isi beschwert sich darüber, dass ein Mann ihr zu selten seine Aufwartung macht und dieser Mann trägt noch immer seinen Kopf auf den Schultern. Ich bin gespannt, wie lange sie sich das noch gefallen lässt. Bald findet man Kirai sicher tot in irgendeiner Gosse“, posaunte jemand.
„Kirai lässt sich von Isi nicht einschüchtern. Ich denke, er wird der neue Großwesir. So jemand muss sich vor Isi nicht fürchten“, widersprach sein Nachbar.
„Ich bin mir nicht sicher, ob Kirai das Amt des Großwesirs anstrebt, er könnte sich zu höherem berufen fühlen. Wie ich hörte, ist der König ein wenig amtsmüde. Der Weggang seines Bruders hat ihn sehr mitgenommen. Es ist fraglich, ob er sich unter diesen Umständen noch lange auf dem Thron halten kann. Es bräuchte jemanden jüngeren, jemanden, der die Dinge mit ein wenig mehr Dynamik anpackt“, sagte der dritte.
„Nur ein Gerücht. Das solltest du besser für dich behalten, wenn dir dein Leben lieb ist. Der Palast hat Ohren“, warnte der erste Mann.
„Offensichtlich findet Kirai an seiner Braut größeren Gefallen als der Königin lieb ist. Und den zukünftigen Schwiegersohn des Königs traut sich selbst Isi nicht, aus dem Weg zu räumen“, kehrte ein anderer zum Ursprungsthema zurück.
„Zumindest hat Kirai Geschmack. Ich finde Nomo viel
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