Die Legende der Dunkelheit: Thriller
Buch handelte es sich um das Tagebuch des chinesischen Admirals Zheng He, das die Japaner während des Krieges zusammen mit zahllosen anderen Objekten hatten mitgehen lassen, ohne zu ahnen, worum es sich dabei handelte.
Allein begab ich mich in den Laderaum des Schiffes. Ich fand das Buch. Es war in einer Schatulle versteckt, die zusammen mit verschiedenen Artefakten in einem zerfledderten Samtbeutel lag: ein kleines rotes Säckchen, in dem Diamanten steckten, ein paar wertlose Schmuckstücke aus Messing und zwei geschnitzte Teile aus lackiertem Holz, das eine schwarz, das andere rot, beide wunderschön, prachtvolle Kunstwerke mit fantastischen Darstellungen von Drachen und Tigern. Diese Gegenstände hatten Zheng He gehört und mussten binnen einer Woche in die Verbotene Stadt zurückgeführt werden.
Ich lag nächtelang wach, war von brennender Neugier erfüllt. Endlich würde ich Antworten bekommen auf all die vielen Fragen, die mich seit dem Tag, da ich von dieser Insel geflohen war, bis in meine Träume verfolgt hatten. Endlich bot sich mir die Möglichkeit, zu dieser Insel zurückzukehren, um die Antworten zu finden, die nicht nur mich so sehr plagten, sondern auch so viele andere Menschen. Und ich wusste, dass all diese Antworten Ende der Woche in der Verbotenen Stadt verschwinden und mir für alle Zeiten versagt bleiben würden.
Je mehr Tage vergingen, je knapper die Zeit wurde, desto besessener wurde ich. Ich konnte an nichts anderes mehr denken und konnte deshalb auch nicht mehr logisch denken; meine Moralvorstellungen und mein Urteilsvermögen wurden getrübt. Es gab nichts, was ich mehr liebte als die Navy, mein Kommando und meine Stellung im Leben, und ich wusste, dass ich das alles mit einer einzigen Handlung aufs Spiel setzte. Doch ich sagte mir, dass nie jemand davon erfahren würde, dass ich die Lage im Griff hatte.
Ich ging zurück in den Laderaum des japanischen Schiffes mit einer kleinen Holzkiste unter dem Arm, die mit den Worten Streng geheim gekennzeichnet war. Ich nahm den Samtbeutel, zog das Buch heraus und nahm es in die Hand. Es war in dickes Leder gebunden, erlesen gearbeitet und ein wahres Kunstwerk. Ich legte es in die Holzkiste. Dann fiel mein Blick auf das kleine schwarz lackierte Artefakt, dessen Schnitzereien mich faszinierten. Etwas so verblüffend Detailgetreues hatte ich noch nie gesehen. Und ich nahm die Diamanten. Es geschah aus einem reinen Impuls heraus; sie boten mir die Chance auf ein besseres Leben als der Sold der Navy, eine Möglichkeit, eurer Mutter Dinge zu geben, die wir uns sonst nicht hätten leisten können, die Aussicht, über die Meere zu fahren. Es war nicht geplant, ich hatte kein einziges Mal darüber nachgedacht. Ich tat es einfach.
Ich verschloss die Holzkiste und verließ das Schiff. Niemand stellte mir irgendwelche Fragen, denn niemand hätte es gewagt, einen Admiral zu fragen, was in der Kiste mit der Aufschrift Streng geheim steckte, die er unter dem Arm trug.
Ich war nicht unfehlbar. Ich hatte vor, das Buch zurückzugeben, sobald ich sein Geheimnis ergründet hätte. Aber es war in Chinesisch geschrieben, und ich hatte nicht die geringste Chance, diese Sprache je zu lernen; also hätte das Buch auch genauso gut in Fort Knox versteckt sein können.
Und so gestand ich eurer Mutter, was ich getan hatte – von den Diamanten erzählte ich ihr nichts, nur von dem Buch und von dem Artefakt. Ich erklärte ihr, dass ich beides zurückgeben würde, dass ich aber erst wissen müsste, was in dem Buch stand, ob es die Antworten enthielt, nach denen ich suchte. Sie machte mir keine Vorhaltungen, sondern fing an, mir bei der Übersetzung zu helfen.
Die Diamanten versteckte ich in meinem Arbeitszimmer, und wenn ihr zwei während der folgenden Monate abends im Bett wart, half eure Mutter mir dabei, das Buch zu übersetzen. Es enthielt detaillierte Berichte über Zheng Hes sieben Reisen und eine komplette Auflistung dessen, was er gefunden hatte. Da waren kryptische Anmerkungen über Schätze und über Heilmittel gegen Krankheiten. Aber als wir halb durch waren, hörte sie plötzlich auf. Sie sagte, sie würde nicht weitermachen. Es gäbe Dinge auf dieser Insel, sagte sie. Sie sagte nicht, was für Dinge das waren, aber ich konnte die Angst in ihren Augen sehen; es war, als hätte sie neben mir auf dieser Insel gestanden und auf die Gräber geschaut.
Ich flehte sie an. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie das ist, alle Antworten auf Fragen, die man hat, in einem
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