Die Legende der Dunkelheit: Thriller
Mitte der Decke auf, das plötzlich grün wurde, und sie begriff: Sie konnte den Boden gefahrlos betreten. Sie schaute stur geradeaus, kämpfte gegen den Drang an, nach oben in die Kameras zu schauen, und lief zielstrebig den langen Korridor hinunter. Dreißig Sekunden hatte das Ganze gedauert. Sie brauchte nicht auf ihre Armbanduhr zu schauen; es war, als könnte sie das Vergehen der Zeit vor ihrem geistigen Auge sehen. Sie kam an die Stelle, an der sie in den bestimmten Korridor einbiegen musste, und als sie sich in die Richtung drehte, wagte sie erneut einen Blick auf das Licht, das von Rot auf Grün geschaltet hatte, als sie kam, und ging nach links den Korridor hinunter. Im Gehen schaute sie hinter sich und sah, dass das Deckenlicht im Hauptkorridor wieder zurück auf Rot schaltete, und sie fragte sich, ob die Elektrizität, die durch den Boden gejagt wurde, wohl ausreichte, um einen Menschen zu töten.
Bald erreichte sie die Tür zum Arbeits- und Lagerraum. Sie zog die Karte hervor und hielt sie über das Lesegerät, und die Tür vor ihr öffnete sich mit einem Fauchen. Sie betrat den Raum und stellte fest, dass das Licht brannte. Zu ihrem Erstaunen saßen die drei Männer immer noch konzentriert an ihrem Arbeitstisch auf der anderen Seite des Raums und waren ebenso intensiv in irgendein Gemälde vertieft wie ein paar Stunden zuvor. Doch dieses Mal drehten sie sich zu ihr um.
»Nǐhǎo«, sagte einer der Männer.
KC nickte ihm zu und hoffte, er werde sich wieder seiner Arbeit zuwenden, hoffte, die Illusion würde nicht platzen wie eine Seifenblase. Doch auch wenn ihre Verkleidung noch so gut war: Es gab kein Mittel, um den Größenunterschied zwischen ihr und Jenna zu kaschieren. KC ging durch den Gang mit Regalen, schaute nach oben und unten, bis sie die Holzkiste 9296273 erblickte. Sie nahm sie herunter, trug sie zurück in den Hauptraum und stellte sie auf die Werkbank. Sie öffnete die Schublade und holte den gleichen Schraubenzieher heraus, den Jenna benutzt hatte. Sie schob ihn unter den Deckel, hebelte den Deckel hoch und legte ihn neben sich auf den Tisch. Sie griff in die Kiste und nach der rot lackierten Schatulle.
Plötzlich legte sich eine Hand auf ihre Schulter, und KC fuhr herum.
»Nǐ shì shuì ? «, fragte der groß gewachsene Mann, und die Verwirrung in seinen dunklen Augen verwandelte sich in Wut. Er hob die Hand und riss KC die Perücke vom Kopf, sodass ihre blonden Haare über ihre nasse schwarze Jacke fielen. Die beiden anderen Männer kamen näher.
»Ni zài zhèlt zuò shénme?«, schrie der große Mann KC ins Gesicht, die versuchte, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen.
Der ältere der beiden anderen Männer schaute auf die offene Kiste und griff nach dem Telefon.
»Diàoyòng inquán«, erklärte der große, der vor KC stand. Er packte sie am Arm, griff brutal mit der Hand in ihre Jackentasche, zog die weiße Codecarte heraus und sagte in sehr hartem Englisch: »Ruf Security.«
Annie lag auf dem Dach, den Blick auf die Uhr geheftet. Drei Minuten waren vergangen, und sie hatte immer noch nichts gehört. Und das Walkie-Talkie, das neben ihr lag, krächzte. »Yi? Wo bist du?«, fragte der Mann auf Chinesisch mit müder und besorgter Stimme.
»Cafeteria, willst du einen Kaffee?«
»Ich muss mal eben kurz in Raum 4864. Einer von diesen Historiker-Trotteln hat da Ärger mit einer Frau. Ja, und bring mir ein Sodawasser mit.«
Annie schulterte ihr Gewehr, steckte das Walkie-Talkie in ihre Tasche und sprang vom Dach. Sie rannte durch die Gasse, als sie vor sich den Wachmann erblickte, den sie gefesselt und geknebelt hatte, den Mann, von dem KC nicht gewollt hatte, dass sie ihn tötete, und der jetzt in Richtung des Kunst- und Security-Hauses rannte.
Der Mann raste durch den strömenden Regen. Da er kein Funkgerät mehr hatte, wusste Annie, dass er so raste, um zu melden, dass sie und KC auf dem Gelände waren. KC war geschnappt worden, und ein Wachmann begann nachzuforschen. Mit einem einzelnen Wachmann konnte Annie fertig werden, aber wenn dieser rennende Mann seine Vorgesetzten darüber informierte, was hier los war …
Annie zwang sich, schneller zu laufen, als sie je zuvor gelaufen war. Sie zog ihre Pistole aus dem Schulterholster. Die Pistole hatte zwar einen Schalldämpfer, aber das spielte jetzt keine Rolle: Sie wusste, dass sie nicht schießen konnte, solange sie rannte, und sie konnte nicht langsamer rennen aus Angst, der Mann könne ihr entwischen. Aber sobald sie
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