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Die Legende der Dunkelheit: Thriller

Die Legende der Dunkelheit: Thriller

Titel: Die Legende der Dunkelheit: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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haben, bevor Jon den Reißverschluss wieder zuzog.
    Jon öffnete eine breite Tür, hinter der sich nicht nur ein Aktenschrank verbarg, sondern auch ein Safe und ein Gewehrständer mit einem Arsenal an weiteren Pistolen und Sturmfeuergewehren sowie Regale, auf denen jede Menge Munition und Walkie-Talkies lagen.
    »Da fühlt man sich doch gleich wie zu Hause«, meinte Busch, marschierte auf den Schrank zu und nahm eine 9mm Glock heraus.
    »Nur zu«, erwiderte Jon und wies auf das Regal. »Munition liegt da oben.«
    Busch schnappte sich ein Magazin und legte es ein, drehte die Waffe in der Hand. »Ist Ihnen eigentlich klar, wie liebend gern ich das Teil in diesem Moment benutzen würde?«
    Jon nickte, denn er verstand, was Busch zwischen den Zeilen meinte. »Für die Ex Ihres Freundes wäre das nur gar nicht gesund.« Jon öffnete einen weiteren Schrank, in dem Kleidungsstücke hingen, und zog sich eine Sportjacke über. »Die Erschöpften finden keinen Frieden.«
    »Ich glaube, er meint die Gottlosen«, murmelte Busch vor sich hin, warf das Magazin wieder aus und legte die Waffe zurück in den Schrank. Dann öffnete er seine Tasche, holte säuberlich gebügelte Sachen zum Wechseln heraus und schlüpfte in eine khakifarbene Leinenhose und in eine blaue Sportjacke.
    Michael drehte sich um und sah, wie Jon sich eine dicke Goldkette um den Hals legte; an den Fingern hatte er schon jede Menge Ringe, und um das Handgelenk trug er eine Breitling Uhr. Er griff im Waffenschrank in eine Schublade, die in die Wand eingebaut war, zog einen dicken Haufen Bargeld heraus und stopfte es in seine Jackentasche. Der Mann, der gestern Morgen in Manhattan auf der Straße gestanden hatte, war ein völlig anderer Mann als der, der mit ihnen im Flugzeug gewesen war, und der Mann, der jetzt vor ihnen stand, war wieder ein völlig anderer Mensch. Jon hatte sich nicht nur anders angezogen; es war, als hätte er einen neuen Körper und eine neue Persönlichkeit.
    Michael, dem sein Äußeres bei Weitem nicht so wichtig war wie Jon und Busch, zog ein weißes Hemd an und eine dunkle Hose und streifte ein dunkles Jackett über. Dabei konzentrierte er sich die ganze Zeit auf den Raum und das, was darin war, katalogisierte in seinem Kopf alles, was er sah, von den Waffen und dem Bargeld bis hin zu den Akten und den elektronischen Geräten der Workstation.
    Jon ging zurück zur Tür, und als er den Daumen wieder auf ein Feld legte und eine Nummer eingab, um die Tür zu öffnen, begriff Michael, dass es nicht nur schwierig war, in diesen Raum hineinzukommen – es war ebenso schwierig, wieder hier herauszukommen.
    Sie verließen das Bordell und gingen zu einer Limousine, die ihnen der Chauffeur des Wagens aufhielt. Sie stiegen hinein und fuhren die Straße hinunter. Michael starrte aus den getönten Scheiben, als sie durch die fremde Welt fuhren, und versuchte, sich Gebäude und Orientierungspunkte einzuprägen. Diese Gewohnheit hatte er sich bei seinem ersten Job zu eigen gemacht, und es war das Erste, was er tat, wenn er in eine Stadt kam, die er nicht kannte. Seit er ein rechtschaffenes Leben führte, erkundete er immer – ob nun bei einer Konferenz, einem geschäftlichen Treffen oder im Urlaub – als Erstes sein Umfeld, denn wenn man überleben wollte, war die oberste Regel, sich einen Fluchtweg zu suchen.
    Michael hatte ganz Europa und Teile des Mittleren Ostens bereist, war erst vor einem Jahr in Nordindien gewesen und hatte sich an all diesen Orten immer gefühlt, als könnte er sich bewegen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Hier war er im wahrsten Sinne ein Fremder in einem fremden Land. Er kannte weder die Sprache noch die Menschen oder ihre Sitten und Gebräuche. Die Denkweise war in vielerlei Hinsicht im Osten ganz anders als im Westen. Hier ging es um Ausgeglichenheit, um Hell und Dunkel, um Stärke und Schwäche. Hier würde man sich nicht in der Masse verstecken können und in einer Menschenmenge untergehen, hier konnte er sich nicht integrieren, und falls er sich verirrte, hätte er ebenso gut auf einem fremden Planeten sein können.
    Obwohl er es nur ungern zugab, aber er würde Jon brauchen – seine Sprachkenntnisse, sein Verständnis dieser Welt, in der sie sich befanden. Wenn er überleben wollte, würde er ihn brauchen, wie ein Kind die Mutter brauchte. Und das widerte ihn an, denn Michael hatte nicht den geringsten Zweifel, dass Jon sie beide töten würde, sobald sie ihre Pflicht erfüllt hatten.
    Innerhalb weniger Minuten

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