Die Legende der Dunkelheit: Thriller
frühen Morgen hatte Michael ihn mit einer Einkaufsliste losgeschickt. Viele Sachen waren gängig, aber manche waren schwierig zu beschaffen, und an einige heranzukommen war fast unmöglich. Doch sechs Stunden später war Jon zurückgekommen und hatte alles, was auf Michaels Liste stand.
In der kleinen Küche der Wohnung kochten zwei große Töpfe vor sich hin, und eine behelfsmäßige Abzugshaube saugte die schädlichen Dämpfe über ein Rohr durch das Fenster nach draußen. Die Mischung aus Mottenkugeln, Zucker und Wasserstoffperoxid war schon fast zu einer Paste eingekocht. Die elektronischen Zünder lagen auf der Küchenablage bereit.
Da er im Moment allein in der Wohnung war, machte Michael eine Bestandsaufnahme der Waffen, die dort lagerten: ein kleines Arsenal, genug, um eine Kampftruppe nicht nur mit Pistolen und Maschinenpistolen auszurüsten, sondern auch mit Sprengstoff, Kommunikationsgeräten und Panzerwesten.
Mit dem Schloss des Aktenschranks machte er kurzen Prozess. Michael war mehr als schockiert über die zahlreichen verdeckten Asien-Operationen, die Colonel Lucas und seine verschiedenen Teams über die Jahre durchgeführt hatten, Einsätze, die sowohl gegen Alliierte als auch gegen Feinde gerichtet waren. Er las sich durch die zensierte Akte über Jon Lei. Er war Unterhändler der Tridiem Group, aber alles, was nicht mit seinem Dienst für das Militär zu tun hatte, war in seiner Akte geschwärzt – sein Geburtstag, seine Beziehungen, alles blieb Michaels neugierigen Blicken verborgen.
Michael entdeckte einen Vorgang, der drei Tage zuvor angelegt worden war. Er enthielt ein vages Konzept, wie man die Kassette aus Tresor Nummer 16 beschaffen wollte, sowie einen Zeitplan und Lebensläufe von ihm und KC, in denen ihre besonderen Talente und ihre letzten beruflichen »Aktivitäten« aufgeführt waren. Niemand außerhalb seines engsten persönlichen Kreises, der aus Simon, Busch und KC bestand, wusste von seinen jüngsten Aktionen; das hatte er zumindest gedacht. Mit einem unguten Gefühl im Bauch schloss er die Akte und legte sie auf die Werkbank.
Er nahm einen der Spielchips vom Venetian in die Hand und untersuchte ihn. Nachdem er die Untergeschosse jetzt einmal gesehen hatte und die Bereiche abgegangen war, zu denen er sich Zutritt verschaffen musste, war er besser in der Lage, Schwachstellen auszumachen. Michael wusste jetzt, dass das Einzige, was sich innerhalb des gesamten Casinos frei bewegen konnte, zugleich das kostbarste Gut des Hauses war: der Spielchip, das elegante hauseigene Geld, das Verbindungsteilchen, mit dem man den Leuten das Geld aus der Tasche zog, ihre Kreditkarten und ihr Vermögen. Der Aufwand, mit dem das Venetian den Chip schützte, und die Furcht des Hauses, dass der Chip anfällig und eine verwundbare Stelle war, bildeten die Basis eines Plans.
Vor ihm lagen runde Chips mit jedem Nennwert: 5 Dollar, 10 Dollar, 25 Dollar, 100 Dollar, 500 Dollar, 1000 Dollar und 10 000 Dollar. Das verschnörkelte Design der teureren Chips – die Hologramme und das kunstvolle Muster – konnte man nachmachen, nur nicht in der kurzen Zeit, die Michael zur Verfügung stand, und auch nicht in dem Umfang, wie er es benötigen würde. Aber das war auch nicht sein Plan. Er hatte jeden einzelnen Spielchip sorgfältig mit einer kleinen elektrischen Handsäge aufgeschnitten und die RFIDs entfernt, das Herz des Chip-Sicherheitssystems.
Michael nahm einen Chip und legte ihn unter das feststehende Mikroskop, vergrößerte das Bild um das Zehnfache. Der hauchdünne RFID-Mikrochip war von TSI hergestellt worden, einer Firma, mit deren Arbeit er vertraut war. Das Teil sah aus wie ein Stück Kupferfolie, nicht größer als eine amerikanische Zehn-Cent-Münze. Das Element bestand aus zwei Teilen: einem programmierten integrierten Schaltkreis, in dem die Informationen gespeichert und verarbeitet wurden und ein Funksignal steuerten, und der Antenne, die sich um den Mikrochip wand wie ein dicht gewobenes Gespinst und die das Signal aufnehmen und weiterleiten konnte. Dieser spezielle Mikrochip war ein aktives RFID-Etikett mit einer Mikrobatterie, mit der der Chip Signale übermitteln konnte, sobald er eingesetzt und vom Sicherheitssystem des Venetians freigeschaltet wurde.
Als Carl, der Chef des Sicherheitsdienstes, über den Chip gesprochen hatte, war ihm nicht aufgefallen, dass es hier, wie bei jedem Sicherheitssystem, Schwachstellen, Schutzmaßnahmen und Hintertürchen gab.
Obwohl Michael in punkto
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