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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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Krug.
    Darauf konnte Randur nur lächeln. Alles andere wäre zu verfänglich gewesen.
    Eir und ihr Lehrer traten in einen hellen Höhlenmorgen hinaus.
    Frühaufsteher hatten sich schon auf die Straßen gewagt, wo Jungen Karren mit zweifelhaft aussehendem Gemüse zum Markt zogen. Vor einer Schmiede verkündete ein Schild: »Keine Stelle frei.« Zwei Offiziere der Stadtwache redeten mit einem Mann, der in einem Hauseingang geschlafen hatte, wollten wissen, ob er kein Zuhause habe, und forderten ihn auf, sich weiterzuscheren.
    Das hier ist wirklich eine andere Welt , dachte Randur und wandte sich Eir zu. »Werden die Leute sich Sorgen machen, wenn Ihr nicht direkt in den Balmacara zurückkehrt?«
    »Warum fragt Ihr?« Sie sah ihn mit ihren großen Augen an, die – wie er kurz dachte – jeden Mann in die Falle locken konnten, der sich nicht unter Kontrolle hatte. Ihre Miene hatte etwas Verletzliches, das ihn mehr von ihr wollen ließ. Man musste schlau sein, um solche Situationen zu vermeiden. Leider würde ihm das wohl kaum gelingen.
    »Ich möchte Euch etwas zeigen. Ich glaube wirklich, das solltet Ihr sehen.«
    »Also, das ist mein Zuhause. Es ist zwar kein Palast, aber ich schätze, mancher würde dafür einen Mord begehen.« Denlin trat stolz zurück, während Eir sich umsah. Er räumte hastig einige Tassen ab, als ob seine Wohnung dadurch ansprechender wirken würde.
    Das Zimmer war winzig, vielleicht ein Viertel der Größe von Eirs Schlafgemach, und das Licht der beiden Laternen tauchte es in ein tristes Hellbraun. Die Möbel (ein Tisch und einige Stühle) waren einfach, und da und dort gab es Jorsalir-Ornamente. Religiöse Bilder, deren Rahmen bessere Tage gesehen hatten, hingen an den bröckelnden Wänden, und selbst die Räucherstäbchen nebenan konnten den muffig-feuchten Geruch nicht überlagern.
    Auf der Straße klagte eine Banshee, und alle Anwohner blickten unwillkürlich aus dem Fenster, um sich davon zu überzeugen, dass der Totengesang nicht ihrem Haus galt.
    »Und wieder stirbt jemand«, jammerte Denlin, »und es werden noch viel mehr, wenn die Temperatur weiter sinkt – vor allem in dieser Straße, wo viele Alte wie ich leben.« Er rückte rasch ein paar Holzteller beiseite. »Die hat meine Schwester stehen lassen, aber vermutlich hat sie alle Hände voll zu tun.«
    In diesem Moment lärmte es die enge Treppe herunter. »Onkel Denny!«, kreischten drei junge Mädchen in gleichartigen weißen Nachthemden wie aus einem Munde und fummelten dabei an seinem Umhang herum. Dann hielten sie inne und musterten Eir unsicher, ehe sie Randur ins Auge fassten. »Randy!«
    »Hallo, ihr drei!« Randur hob die Jüngste hoch, einen blonden Engel, der im ganzen Gesicht Schmutzflecken hatte. »Wie geht es Denlins kleinen Golems?«
    »Wir sind keine Golems!«, motzte das Kind. »Denny, sag ihm, dass wir keine Golems sind.« Sie zog an Randurs langem, lockigem schwarzem Haar.
    »Natürlich seid ihr Golems, alle drei«, erwiderte Denlin und bekam Lachfalten. »Aber Mädchen, ich möchte, dass ihr euch jetzt bestens benehmt, denn wir haben einen ganz besonderen Gast.« Er wies mit dem Kopf auf Eir.
    »Oh nein!«, widersprach sie. »Nehmt keine Rücksicht auf mich. Tut, als wäre ich nicht da.«
    Die drei Mädchen sahen sie mit erneuerter Scheu an.
    »Schön, euch drei kennenzulernen«, sagte Eir verlegen. »Seid ihr gerade erst aufgewacht?«
    »Na ja«, erwiderte die Größte, »eigentlich sind wir wegen Opris Gezappel schon lange wach. Mit ihrem Gehampel hat sie sogar unsere Mutter geweckt.«
    Eir sah Denlin ungläubig an. »Schlafen sie denn alle in einem Bett?«
    »Ja, Mylady«, gab er zurück. »Das ist schließlich ein kleines Haus. Verglichen mit den anderen hier, ist es zwar groß, aber es gibt trotzdem nur Platz für ein Bett. Ich bin nachts meist unterwegs, müsst Ihr wissen, um etwas Geld zu verdienen, während sie schlafen. Wenn ich dann morgens zurückkomme, ist das Bett hübsch warm für mich. Und wenn sie mich am Abend wieder aufwecken, ist das Bett hübsch warm für sie.«
    Eir sagte nichts dazu. Denlin erlaubte den Mädchen, auf der Straße zu spielen, wenn sie von der Quelle ein wenig Wasser mitbrächten.
    Da drehte sich Eir mit bekümmerter Miene zu Randur um. Hierhergekommen zu sein und zu sehen, wie die Menschen in ihrer Stadt tatsächlich leben, mag ihr guttun, dachte er – dieses Mädchen gehört aufgeklärt.
    »Ich würde Euch ja Tee anbieten«, entschuldigte sich Denlin, »aber er ist letzte

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