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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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gefolgt von Wein nippenden Ratsmitgliedern. Die Kaiserin trug eine hoheitliche Robe in Violett, die konservativer geschnitten war als Eirs Kleid.
    »Schwester«, sagte sie, »wo hast du nur diese Begabung und diese Fähigkeiten her? Du scheinst Relikte in den Schuhen zu tragen, um dich so anmutig bewegen zu können.«
    »Dieser junge Mann hat mich gut unterrichtet«, wisperte Eir zurück, und ihre Schwester nahm den Insulaner aus Folke in neuem Licht wahr.
    »Nun, Randur Estevu, dann muss ich Euch dafür danken, meine Schwester zu einem von allen Frauen im Saal beneideten Menschen gemacht zu haben.«
    »Berufsrisiko, Mylady«, erwiderte Randur lächelnd, verbeugte sich tief und trat beiseite, damit die Schwestern ungestört miteinander reden konnten.
    Die Kaiserin beugte sich zu Eir vor. »Ihr zwei scheint einander sehr zugewandt. Bist du dir wirklich sicher –?«
    »Lass uns jetzt nicht darüber reden. Bitte!«
    Rika musterte ihre Schwester.
    Um das Thema zu wechseln, wies Eir auf Rikas Anhang. »Du hast ziemlich viele Ratsmitglieder im Schlepptau.«
    »Ja, ich gewinne sie langsam für meine Art zu denken.«
    Zwischen ihnen breitete sich nachdenkliches Schweigen aus. Unwillkürlich dachte Eir erneut an die Flüchtlinge und an diejenigen, die in den Höhlen litten. Diesen Wechsel der Perspektive hatte Randur bewirkt. Wie verändert erschien die Welt ihr nun!
    Die Schwestern trennten sich, und der Abend schritt in Richtung Tanzwettbewerb voran. Das Orchester steigerte die Erwartung immer mehr, doch dann setzte die Musik plötzlich aus.
    Die Menge schnappte hörbar nach Luft.
    Ringsum wurde heftig geflüstert.
    Ein Trupp Soldaten war am anderen Ende des Tanzsaals aufmarschiert. Eir griff nervös nach Randurs Arm. Was mochte ein solches Eindringen rechtfertigen? Zwölf Stadtwächter schritten auf ihre Schwester zu und umringten sie.
    Hinter den Bewaffneten tauchte Kanzler Urtica im vollen Ratsornat auf und spazierte zum vorderen Ende des Tanzsaals, wo der Orchesterleiter stand und äußerst ungehalten war.
    Der Kanzler hieß ihn mit einer Handbewegung gehen und wandte sich zu den im Saal versammelten Würdenträgern um.
    »Meine Damen und Herren, ich bitte, die Unterbrechung zu entschuldigen«, begann er so vernehmlich, dass er auch in den hinteren Ecken des Saals gut zu verstehen war, »doch ich bringe ernste Neuigkeiten. Leider muss ich Kaiserin Rika und ihre Schwester sofort verhaften.«
    Er hielt wie ein Schauspieler inne, um die Spannung zu steigern. Verwirrtes Flüstern schlug ihm entgegen, und alle wandten sich Eir zu. Die Szene löste sich in verschwommene und zusammenhanglose Bilder auf.
    »Ich besitze ein Dokument, das die Kaiserin und ihre Schwester, Verwalterin Eir, unterschrieben haben und in dem die Hinrichtung der vor unseren Mauern lagernden Flüchtlinge angeordnet wird.«
    Einige Männer kamen auf ihn zu und verlangten eine Erklärung für die Störung. Als die Tänzer ihn zu bedrängen drohten, ließ der Kanzler seine Soldaten vorrücken.
    Dann aber wedelte er beschwichtigend mit den Händen und blieb recht gelassen. »In einer Dringlichkeitssitzung des Rates sind gestern Abend starke Indizien dafür aufgetaucht, dass die Kaiserin die Sache arrangiert hat. Allein im Rat gibt es dafür vier Zeugen. So furchtbar unser gegenwärtiges Dilemma auch ist: Niemand darf ein solches Massaker an Bürgern des Kaiserreichs zulassen. Der Rat hat entschieden, die Kaiserin ihres Amtes zu entheben und sie vorsichtshalber in Untersuchungshaft zu setzen. Wir möchten die beiden nur an einen Ort bringen, der für weitere Befragungen in dieser Sache geeigneter ist.«
    Schockiert sah Eir zu Rika hinüber, die den Kanzler ruhig musterte und von zwei Soldaten behutsam, aber bestimmt an den Armen festgehalten wurde. Sollte die Kaiserin Angst empfinden, ließ sie sich das jedenfalls nicht anmerken.
    Eir blickte zu Randur hoch, der neben ihr stand. »Das ist nicht wahr … «
    »Ich weiß.« Er zog sie an sich, als mehrere Soldaten auf sie zukamen.
    »Rührt sie nicht an!«, verlangte er und hielt ihnen eine Hand entgegen. Auch in der Nähe der Kaiserin gab es Unruhe, da einige Gäste Rika helfen wollten, doch die Soldaten schlugen ihnen ins Gesicht und brachen ihnen die Finger. Sie fackelten offenbar nicht lange.
    »Tretet beiseite!«, knurrte ein Soldat und zerrte an dem Arm, mit dem Randur Eir festhielt.
    »Lasst sie in Ruhe, verdammt!«, rief Randur und gab einem der Männer einen Kinnhaken.
    »Aufhören!«, kreischte Eir

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