Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
Vom Netzwerk:
eine.
    »Verzeihung«, murmelte Randur.
    »He, du Schwuchtel! Hübsches Hemd. War teuer was?«
    Randur wurde sich plötzlich seiner Kleidung bewusst: Er trug eine gut geschneiderte schwarze Kniehose und ein weißes, mit den traditionellen Stickereien der Insel Folke besetztes Hemd. Und dazu einen schicken Umhang. Hatten die Menschen in dieser Stadt tatsächlich etwas gegen Männer, die elegant angezogen waren?
    »Ich hör am Akzent, dass du nicht von hier bist«, sagte einer von beiden und näherte sich. »Also merkt auch niemand, wenn du verschwindest, stimmt’s?«
    »Stimmt. Verschwinden«, nahm der andere die Worte des ersten Mannes auf. »Das passiert hier häufig.«
    Randur sah die Schneide eines Messers aus einem Ärmel lugen. »Worum geht’s hier?« Er trat einen Schritt zurück.
    »Um Geld«, sagte einer der beiden.
    »Ach so! Tja, da kann ich euch nicht weiterhelfen.«
    Bis auf die drei war die Straße nun ausgestorben. Der Schneeregen war in Hagel übergegangen. Die ganze Atmosphäre schien einen Kampf anzukündigen.
    »Wer so teure Kleidung trägt, hat sicher Geld dabei«, sagte der andere. »Ein Lordil oder ein Sota würde uns schon reichen.«
    »Ah, ich dachte schon, der da redet nicht«, erwiderte Randur.
    »Ich warne dich«, knurrte der Mann und wischte sich die Nässe vom Gesicht.
    Kurze Klingen wurden gezückt und schimmerten schwach im Halblicht.
    »Ich hab wirklich nichts dabei«, sagte Randur, nahm den Umhang ab und knüllte ihn sich unter den Arm.
    Der erste Mann schnellte vor, um Randur mit dem Messer über den Bauch zu fahren, doch der wich ihm leichthin aus, erst ein paar Schritte nach rechts, dann zwei nach links – eine Tanzfigur unter Duellbedingungen.
    »Komm her, du Mistkerl!«, sagte der Mann. Er war nun aufgebracht, stach mehrfach nach Randur und ächzte jedes Mal enttäuscht, wenn der ihm wieder ausgewichen war.
    Die Gegner auf diese Weise zu verhöhnen, machte Randur Spaß, während die zwei die Beherrschung verloren und immer wütender wurden. Nun kamen sie von beiden Seiten auf ihn zu. Als sie ihn angriffen, ließ Randur sich zu Boden fallen, trat einem in die Kniekehlen, sah ihn stürzen und drehte sich aus ihrer Reichweite.
    »Hört mal«, sagte er und wischte sich die Hände an der Kniehose trocken, »lasst es dabei bewenden, und ihr wahrt euer Gesicht.«
    »Drecksack«, schrie der eine und stieß erneut mit dem Messer nach ihm. Die Klinge fuhr über Randurs Fingerknöchel, die sofort zu bluten begannen. Der Insulaner holte Schwung und trat seinem Gegner erst die Waffe aus der Hand, dann in den Unterleib. Der Mann brach unter Qualen zusammen. Der Attacke des anderen wich Randur meisterhaft aus, indem er den Arm mit dem Messer packte. Er wirbelte den Mann herum und schlug sich dessen Arm mit solcher Wucht aufs Knie, dass er brach. Der Angreifer schrie vor Schmerz.
    Randur hob das Messer auf.
    Der Hagel war inzwischen zu Graupel, dann zu Regen geworden, der auf dem Pflaster glitzerte. Randur war klatschnass, sein schwarzes Haar hing schlaff herab, das Hemd klebte ihm am schlanken Leib, und sein Umhang war von Nässe schwer. Er musterte ihn zweifelnd, bückte sich erneut, um einem der Männer ein Stück Stoff vom Umhang zu reißen, und verband sich damit die schmerzenden Fingerknöchel.
    Seine Angreifer lagen widerstandslos am Boden.
    Er ging davon und schlug den Kragen seines Umhangs hoch.
    Alle niedrigen Ebenen Villjamurs sahen ähnlich aus. Auf den oberen Ebenen dagegen wurden die Gebäude höher, schmaler und eleganter. Auch waren sie aus leichterem, farbigem Material errichtet, aus Kalkstein statt aus Granit. Dort lebten die Reicheren – oder doch Leute, die besser angezogen waren als diejenigen, die weiter unten wohnten.
    Ein modisch gekleideter Mann in rotem Umhang wandelte vorbei.
    »Entschuldigt«, sagte Randur, »Ihr wisst nicht zufällig, wo ich Kultisten finde?«
    Der Mann musterte ihn kühl, antwortete aber höflich. »Gleich da vorn ist ein Bistro neben einem ihrer Tempel. Dort dürften ein paar Kultisten trinken.«
    Randur näherte sich dem Bistro, einem schmalen, weiß gestrichenen Bau, der sich nach rechts zu neigen schien, und drückte das Gesicht an das einfache Fenster, doch die Scheibe war zu beschlagen.
    Er trat ein und stellte fest, dass das Lokal sehr gut besucht war, und zwar fast ausschließlich von Männern. Über einige Stuhllehnen waren Umhänge geworfen, an einem Tresen im Hintergrund gab es Pasteten zu kaufen, und vom einzigen weiblichen Gast, der

Weitere Kostenlose Bücher