Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
Vom Netzwerk:
elend. Vierhundert Jamún? Ein unvorstellbar hoher Betrag. Da ein Jamún zehn Sota entsprach, von denen jeder fünfzig Lordil wert war, ließe sich mit so einem Betrag der Großteil aller Bauernhöfe auf Folke erwerben. Es war ihm völlig fremd, das Leben eines Menschen mit Geld zu verrechnen.
    »Jetzt seht nicht so elend drein«, fuhr Dartun fort. »Immerhin werdet Ihr im Balmacara wohnen, wo sich viele reiche Leute herumtreiben. Euch fällt sicher ein, wie Ihr einiges von deren Geld in Eure Taschen leiten könnt. Ihr seid ein gut aussehender Junge und werdet rasch feststellen, dass ein ansprechendes Äußeres Euch in diesen Dingen einen Vorteil verschafft.«
    Randur ging über Dartuns Unverblümtheit hinweg. Er betrachtete den Steintisch, an dessen Kanten sich kleine Runeninschriften befanden. Er wusste nicht, wie lange er gedankenverloren dagesessen hatte, doch als er aufblickte, lächelte sein Gegenüber ihn noch immer an.
    »Gibt es da eine Frist? Ich meine, falls meine Mutter heute stirbt, wann wäre es dann zu spät, um sie … na ja, um das zu tun, womit Ihr sie retten könnt?«
    »Gute Frage. Nun, wir stellen ständig Versuche an, da ich an Fortschritt interessiert bin. Dem ganzen Orden geht es darum, das Lebenselixier zu destillieren, zu entdecken, was uns zu uns selbst macht. Bisher haben wir einen Mann zum Leben erweckt, der schon fast zwei Jahre tot war; sein Verstand allerdings war nicht mehr auf der alten Höhe. Das ist das Ergebnis generationenlanger Forschung, Randur. Wir sind keine Basarhändler, die billigen Ramsch verhökern.«
    Das erleichterte Randur, denn so hatte er Zeit, an die vierhundert Jamún zu kommen.
    »Einverstanden?«, wollte Dartun wissen.
    »Einverstanden.«
    Sie gaben sich die Hand.
    »Darf ich nur eines fragen?« Dartun verschränkte die Arme. »Warum wollt Ihr das für Eure Mutter tun?«
    Eine Welle der Übelkeit durchlief Randur, als er sich an jene Nacht erinnerte, an das, was er lebenslang bereuen würde. Er musste den Schaden wiedergutmachen, den seine Gedanken- und Rücksichtslosigkeit angerichtet hatte, musste sich beweisen, der Sohn seiner Mutter zu sein. Immerhin schenkten Mütter ihren Kindern das Leben, nährten und kleideten sie, erwiesen ihnen unendliche Freundlichkeit. Sie gaben ihnen alles, was sie besaßen. Ja, seine Mutter war mitunter verbittert, doch das war nicht wichtig. Was für Randur im Rückblick zählte, war nur, dass er in jener Nacht, in der sie ihn gebraucht hatte, nicht bei ihr gewesen war.
    Er hatte sie enttäuscht.
    »Also«, sagte Randur und überging Dartuns Frage, »was … ich meine – wie werdet Ihr die Sache angehen?«
    »Das überlasst den Fachleuten, junger Mann. Glaubt mir, es ist nicht das erste Mal, dass man mich bittet, die Gesetze des Kosmos zu manipulieren. In Villjamur bin ich nun schon … ein Menschenleben lang. Frauen kommen mit der Bitte, schöner zu werden oder schlanker oder jünger. Männer wünschen, dass ich ihre Manneskraft steigere. Mich haben schon Huren gebeten, ihnen die Schmerzen zu nehmen, die sie bei der Arbeit erleiden. Sogar Drogensüchtige haben mich um Hilfe angefleht. Ich bin schon lange dabei, habe alles gesehen und sage zu allen, die zu mir kommen: Zeigt mir euer Geld, und ich ermittle, ob es die entsprechende Technologie gibt.«
    In einer Glaskugel, die in der Ecke seines Büros stand, beobachtete Dartun, wie der junge Mann das Haus verließ. Die Kugel war mit einer zweiten an der Außenmauer verbunden, die von Marmor umgeben war, als bloße Dekoration erschien und dem Kultisten ein aufgeregtes Zerrbild zeigte, das durch die schwarzweißen Seitengassen Villjamurs davonhuschte.
    Dieser Randur wollte seiner Mutter also ein langes Leben sichern. Gut, das ist vermutlich sehr einfach – dafür brauch ich ein paar Monate, höchstens ein Jahr. Vielleicht würde es ihm sogar gelingen, dass sie ihren Sohn überlebte. Randur hatte einen gewissen Reiz, eine unbestimmte Strahlkraft, die Dartun gefiel. Er würde dem Burschen helfen, doch er wusste, dass seine Behandlungen nicht ausreichten und dass sein Verfahren nicht gut genug war, um es auf sich selbst anzuwenden. Einst hatte Dartun dank der Technologie der Alten ewiges Leben besessen. Einmal im Jahr hatte er sich ein durch Reliktenergie erzeugtes Serum gespritzt; eine recht einfache Prozedur, wenn man bedachte, was er sonst alles erreicht hatte. Doch nun ging es langsam mit ihm zu Ende.
    Seit dem Tag, da er sich beim Rasieren geschnitten hatte, war ihm klar, dass

Weitere Kostenlose Bücher