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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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nacheinander in die Augen, »wird nicht mit ihr geflirtet, und sie wird nicht angelächelt. Es wird nicht einmal mit ihr gesprochen, sofern ich es nicht erlaubt habe. Vergesst nicht: Sie ist eure neue Herrin. Ihr dient ihr treu ergeben. Wir sind ihre Garde.«
    Sie nickten bestätigend.
    »Nur wir fünf?«, fragte Nelum.
    »Unsere Abreise soll keine Aufmerksamkeit erregen, um möglichst wenige Leute darauf zu stoßen, dass etwas vorgeht. Auf dem Weg zu den Südfjorden wird es keinen Ärger geben – also brauchen wir keine weiteren Männer. Es sind ohnehin nicht mehr genug Nachtgardisten übrig. Ich werde neue Soldaten rekrutieren müssen, wenn wir zurück sind.«
    Schweigend gedachten sie toter Kameraden.
    »Gut«, fuhr Brynd fort, »in Gish wartet ein Langschiff auf uns, und dorthin reiten wir jetzt. Das wird knapp zwei Tage dauern, also lasst uns aufbrechen.«
    Alle saßen auf.
    »Ihr seid heute sehr still«, sagte Brynd zu Apium. Der Rothaarige hielt sich den Magen.
    »Ja. Anscheinend vertrage ich nicht mehr so viel Bier wie früher.«
    Der Kanzler stand in der Saalmitte, und der Rat saß um ihn herum. Urtica warf seinen grauen Umhang theatralisch zurück und fasste die Zuhörer mit geheucheltem Ernst ins Auge. Wenn er einen Krieg vom Zaun brechen wollte, musste er überaus gewinnend und beeindruckend auftreten. Die Reaktion des Rats war durchweg bedrückt.
    »Kollegen«, begann er, »erst heute Morgen hatte ich ein inoffizielles Gespräch mit Kommandeur Brynd Lathraea von der Nachtgarde. Er hat mir mitgeteilt, dass er die Insulaner von Varltung dringend verdächtigt, für das Gemetzel an seinen Leuten verantwortlich zu sein.«
    Urtica zog den Pfeil hervor, den Brynd ihm vor Stunden ausgehändigt hatte, und gab ihn dem nächstsitzenden Ratsmitglied, auf dass er zur genauen Betrachtung durch den Saal weitergereicht wurde.
    »Irgendwie haben diese erbärmlichen Leute von unserer geheimen Mission erfahren, uns mehr Feuerkorn zu sichern, und arbeiten nun darauf hin, dass wir in die Knie gehen, ehe die Winterstarre überhaupt begonnen hat.«
    Ein Raunen lief durch den Saal. Jemand fragte: »Seid Ihr wirklich sicher, dass dieser Pfeil aus Varltung stammt?«
    »Allerdings. Im Arsenal wird man ihn sich noch genau ansehen, doch wir sind überzeugt, dass er von dort ist. Sie wussten offenbar von unseren Absichten und haben daraufhin eines unserer besten Regimenter aufgerieben.«
    »Aber das sind doch nur Barbaren «, wandte Ratsherr Mewún ein. »Wie sollen sie das geschafft haben?«
    Urticas Stimme wurde kühner – eine gut einstudierte Masche. Es war ihm wichtig, diesen Sitzungen eine gewisse Dramatik zu geben. »Ich plädiere nachdrücklich dafür, auf diese Gewalttat sofort zu reagieren. Wir sollten übers Meer angreifen, die Insel erobern, jeden Widerstand brechen und uns ihrer Ressourcen bemächtigen. Wer weiß, wozu Varltung sonst in der Lage ist, wenn unsere Stadttore erst geschlossen sind!«
    »Sollte das nicht die neue Kaiserin entscheiden?«, kam es von irgendwo.
    Einige Herzschläge lang war es still. »Bei ihrer Ankunft wird sie viele andere Sorgen haben, und ich glaube nicht, dass sie bereits in der Lage ist, eine militärische Unternehmung zu leiten.«
    »Ich bezweifle, dass wir aufgrund so dürftiger Indizien erwägen sollten, in den Krieg zu ziehen. Wie kann man ohne klare Beweise einen Angriff beginnen?« Diese Sätze kamen von der dicken Ratsfrau Yiak, die der Kanzler nie gemocht hatte.
    »Wir haben doch Beweise«, entgegnete er. »Aber ich merke, dass ihr in dieser Angelegenheit Bestärkung braucht. Hier geht es um die Verteidigung unseres Reichs, darum, es gegen Verbrechen wie das in Dalúk zu schützen. Ich beantrage, nach dem Abendgebetläuten eine weitere Aussprache anzusetzen.«
    Urtica war erfreut darüber, dass dies fast einstimmmig befürwortet wurde.
    Dann erhob sich Ratsherr Boll, dessen schmächtige Gestalt äußerst unauffällig war. Sein Auftreten war nervös, die Stimme unsicher. »Äh, ich möchte kurz mitteilen, dass wir zu dem kürzlich begangenen Mord an unserem Kollegen Delamonde Rubus Ghuda eine Anfrage der Inquisition hatten. Die Ermittler würden gern hier in den Saal kommen, um den Fall zu besprechen.«
    »So, so«, sagte Urtica. »Ich dagegen möchte vorschlagen, dass sie uns nicht bei den Sitzungen stören, sondern uns nacheinander in unseren Büros befragen.«
    Alle brachten ihr Einverständnis zum Ausdruck, denn Ghuda war beliebt gewesen und wurde von allen vermisst. Je

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