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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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und dessen Schnitzereien im dicken Eichenholz der Seitenwände den Kampf verherrlichten. Sie umklammerte das rechte Handgelenk mit der Linken und starrte eine Weile zu Boden. Jeryd ließ ihr Zeit, sich zu sammeln.
    Schließlich blickte sie auf. »Also, wie kann ich Euch behilflich sein?«
    »Wisst Ihr, wo er kurz vor seinem Tod war?«
    Sie blickte an ihm vorbei ins Unbestimmte. »Nein.«
    »Leider ist das nichts, was eine Ehefrau gern hört.«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Er wurde zuletzt dabei gesehen, wie er die Wohnung einer anderen Frau verließ. Sie hat bestätigt, dass sie die Nacht zusammen verbracht haben.« Er blickte ihr so lange in die Augen, wie sie es zuließ.
    »Ich verstehe«, erwiderte sie. Dann setzte sie hinzu: »Wie ist sie denn so?«
    »Die Frau, mit der er zusammen war?«
    »Ja, die Frau.«
    »Sie ist eine berufsmäßige Hure, doch ich glaube, dass er in diesem Fall nichts bezahlt hat.«
    »Das ist ja beruhigend«, murmelte sie bitter.
    Jeryd überdachte ihre Worte. Er verstand die weibliche Psyche einfach nicht mehr.
    »Könnte jemand ein Interesse an seinem Tod haben?«
    »Außer mir, meint Ihr?«
    »Nein, ich denke hauptsächlich an seine Arbeit im Rat.«
    »Na ja, viele neideten ihm seinen Erfolg, aber davon abgesehen war er beliebt.«
    »Wisst Ihr, ob er sich für neue, strittige politische Ziele eingesetzt hat?«
    »Nein, was seine Arbeit anging, hat er nie viel mit mir geredet. Und seiner Beliebtheit wegen hab ich ihn zu Hause nur selten zu sehen bekommen.«
    »Verzeiht, wenn ich das sage, aber sein Tod scheint Euch nicht sehr nahe zu gehen.«
    »Ich glaube an Astrid, Herr Ermittler. Und darum glaube ich an die Wiedergeburt, daran, dass er bald erneut zur Welt kommt, und zwar in einer Lage, die sein Verhalten im letzten Leben widerspiegelt. Wisst Ihr, ich habe ihn auf meine Weise wirklich geliebt.«
    Jeryd empfand Mitgefühl für sie und auch eine gewisse Sorge. Er selbst war kein besonders religiöser Typ.
    »Im Laufe des letzten Jahres hat es mich verletzt, dass er nicht mehr mit in die Kirche kam. Er hat nicht länger in der Bohr-Abteilung gebetet, und alles Spirituelle schien vergessen. Ich vermute ja, er hat etwas anderes entdeckt.«
    »Etwas anderes?«
    »Ja. Als hätte sich etwas seines Verstandes bemächtigt. Ich sage das nur, weil ich eine moralische und spirituelle Frau bin. Doch es war, als wäre er nicht mehr der Mann, den ich kannte; als hätte er begonnen, auf der Grundlage ganz anderer Überzeugungen zu leben.« Sie stand auf und wandte sich dem Fenster zu. »Seht, wie sehr es inzwischen schneit!«
    Jeryd trat neben sie und ließ den Blick über Villjamur schweifen.
    Es schneite nun so heftig, wie er es kaum je erlebt hatte, und die vielen Türme der Stadt ließen den Himmel nur umso lastender wirken. Bei Bohr, diese Schneemassen werden die Rasselbande aus der Gamall Gata wochenlang mit Munition versorgen.
    Zwar bildete sich rasch eine dicke Schneeschicht, doch sie wirkte sanft, nahezu hypnotisch. Beula begann leise zu weinen, als hätte der Schneefall ihre psychische Verfassung geändert und eine unbändige Verzweiflung in ihr freigesetzt. Jeryd ging in die andere Ecke des Zimmers, da die Intensität und Tiefe der Gefühle, die die Menschen so bereitwillig zum Ausdruck zu bringen schienen, ihm stets Unbehagen bereitete.
    Er beobachtete, wie sie vor dem dichten Flockensturm draußen weinte.

KAPITEL 13
    Randur trat mit großer Geste zurück und beobachtete, wie Eir auf den kalten Boden stürzte und ihr Schwert über die Steine schlitterte. Sie fischte es sich und fluchte auf ihn.
    »Ihr wart ganz schön scharf darauf, mir eine Wunde zu schlagen, stimmt’s?«, bemerkte er. »Und mir war gar nicht klar, dass ihr Damen aus dem Kaiserhaus euch so wohlgesetzt ausdrückt.«
    Eir rappelte sich keuchend auf, und in ihrer Miene stand weit mehr als nur Ärger.
    »Bei Vitassi solltet Ihr nicht mit dem Herzen kämpfen«, schärfte Randur ihr einmal mehr ein und schlenderte an seine Ausgangsposition zurück, »obwohl solche Gefühle Euch im Nachruf vermutlich tapfer erscheinen lassen. Ihr seid nicht aufmerksam genug gewesen, Ihr wart nicht gegenwärtig . Ihr lasst die Wut Euer Können verdunkeln. Denkt daran, dass es nicht nur ums Schwert geht – die Waffe ist bloß eine Verlängerung Eurer selbst.«
    Eir musterte ihn verächtlich. Randur hatte genügend Schlafzimmer in der Morgendämmerung verlassen, um diesen Blick zu kennen. Sie griff ihn erneut an, geriet aber rasch in die

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