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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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schob seinen Säbel in die Scheide, legte dem Mann eine Hand auf die dicke Schulter und sah ihm tief in die Augen. »Du hast völlig richtig gehandelt, indem du ihre Flucht verhindert hast.« Besänftige ihn, damit er nicht durchdreht! »Wer weiß, wie viel Schaden sie andernfalls angerichtet hätten!«
    Einige Minuten später hatte der Wächter sich beruhigt, und Brynd wandte sich den Okun zu, die in einer Zellenecke an der Wand kauerten und wieder beinahe schlafend wirkten.
    »Hol Wassereimer und bring ein paar Männer mit!«, befahl Brynd dem Soldaten.
    Während die Schritte des Wächters im Flur verhallten, schlug er wütend mit der flachen Hand an das Gitter in der Tür. Einer der Okun blickte neugierig auf, senkte den Kopf aber gleich wieder.
    Wie hatte er Jurro nur erlauben können, die Zelle allein zu betreten? Das war eine Dummheit gewesen – auch wenn der Dawnir nachdrücklich behauptet hatte, alles werde gut gehen. Jurro war einen schrecklichen Tod gestorben, wie man ihn niemandem wünschte, erst recht keiner so exotischen Gestalt. Er würde die Okun töten und von den Kultisten obduzieren lassen.
    Am Abend stellten sich die Nachtgardisten und einige Dutzend Dragoner im Hof der Zitadelle um einen hohen Scheiterhaufen herum im Quadrat auf und sahen zu, wie die Leiche des Dawnir zur Verbrennung gerüstet wurde.
    Vor allem Brynd lag daran, Jurro ehrenvoll aus dieser Welt zu verabschieden. Die meisten Bewohner Villjamurs hatten dieses Geschöpf kaum gekannt; er hingegen hatte viele Gespräche mit dem Dawnir geführt und bei so manchem Getränk philosophische Fragen mit ihm erörtert, sofern seine vielen militärischen Unternehmungen fern der Hauptstadt das erlaubt hatten. Dass Jurro der Einzige seiner Art gewesen war und auch Brynd sich als Albino isoliert fühlte, hatte sie in einer seltsamen Freundschaft verbunden.
    Ein Jorsalir-Priester riss eine Predigt herunter und murmelte ein paar Gebete; dann spielte jemand auf dem Akkordeon ein Totenlied. Schwermütige Töne drangen durch den Hof, als eine Fackel an den Scheiterhaufen gehalten wurde; kurz darauf sprang das Feuer über, und Flammen schlugen in die Nacht. Grünblauer Rauch stieg von der Leiche auf und verwehte am schwarzen Himmel. Letztlich würde von dem uralten Geschöpf nichts bleiben.
    Als alle sich zum Schlafen zurückzogen, trat Nelum zum Kommandeur, der sich die Überreste des Scheiterhaufens von der Umwallung her besah.
    »Sir, hat er denn aus den Okun etwas herausbekommen?«
    Brynd schüttelte den Kopf.
    Nelum seufzte. »Bei Bohr – wie sollen wir ohne ihn je erfahren, worum es sich bei diesen Wesen handeln mag?«
    »Haltet Ihr den Zeitpunkt für richtig, Euch darüber zu ärgern, dass wir an dieser Front keine Fortschritte machen?«
    Nelum brummte etwas in sich hinein, das beleidigend gewesen sein mochte.
    »Habt Ihr was gesagt?«, wollte Brynd wissen.
    »Nichts, Sir.«
    »Ihr solltet Eure Stellung nicht vergessen.«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Ich behandle die Nachtgarde wie eine Familie und habe Euch in letzter Zeit oft an meine Seite geholt. Und doch bin ich Euer Vorgesetzter, und Ihr seid mein Untergebener. Ich habe mich hoffentlich klar genug ausgedrückt.«
    »Allerdings, Kommandeur«, stieß Nelum schmallippig hervor, als müsste er sich eine ätzende Antwort verkneifen. »Entschuldigt!«

KAPITEL 21
    F ür die Männer und Frauen der Siebten und Neunten Dra- goner begann der Tag in trüber Stimmung und besserte sich kaum. Diese Soldaten waren vier Tage zuvor an Folkes Küste gelandet, nachdem ihre Invasion Varltungs gescheitert und Tausende Kameraden bei dem Versuch, eine weitere Insel zu erobern, unter den Eismassen gestorben waren. Und das alles im Namen des Kaiserreichs und für dessen fernere Ausweitung. Laut offizieller Version hatten sich die Stämme am Rand des Packeises gesammelt und diejenigen mit Pfeilen eingedeckt, die im Eiswasser um ihr Leben kämpften. Doch manche behaupteten, es habe vor Ort gar keine Feinde gegeben und diese Geschichte sei nur ein Vorwand für den Kaiser, eine noch viel größere und brutalere Invasion stattfinden zu lassen.
    Leichter Schneeregen fiel auf Villiren, und ringsum war der Himmel grau. Die Dragoner waren auf dem von Granitbögen und Pfeilern umgebenen Hof der Zitadelle in schnurgeraden Reihen zum Appell angetreten. In Erwartung neuer Anweisungen standen sie stumm da – durchnässt, verdreckt und immer noch von Trauer um die Toten erfüllt.
    Brynd dachte an seine Lektüre der großen Dichter

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