Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)
sich auf die Beine und stellte sich leicht schwankend auf den neuen Tag ein.
»Riech ich da frisch gebackenes Brot?«
»Ja.« Munio wusste vermutlich nicht mehr, wann ihm zuletzt ein so himmlischer Duft in die Nase gestiegen war. Um ehrlich zu sein, ging es Randur allerdings genauso.
Der Schwertmeister nahm seinen Teebecher vom Tisch. »Das genügt nicht. Der Tag muss mit Stärkerem beginnen.«
»Ihr seid ein Säufer – darum ist Euer Leben so ein Desaster.«
Randur ging in die Küche, wo Eir mit einer Schöpfkelle ein paar Vitassi -Übungen durchging. Er ließ sich darauf ein, und sie fochten zum Spaß mit Küchengerät.
»Nein, nein«, sagte Munio von der Tür her zu ihr. »Eir, Ihr hampelt zu viel mit dem linken Fuß.«
Sie flüsterte Randur etwas zu und verließ die Küche.
»Lauft meinetwegen nicht weg!«, rief Munio ihr nach.
»Ich möchte mit meiner Schwester spazieren gehen. Ihr zwei habt euch sicher viel zu erzählen.«
»Ist Rika hier irgendwo?« Munio mühte sich, seine Neugier zu bemänteln.
»Die kommt später«, erklärte Randur und nickte Eir zu, die daraufhin fortging.
Die beiden Männer schwiegen eine Zeit lang, und Munio begann die Küche abzusuchen.
»Ihr werdet keinen Alkohol finden«, meinte Randur.
Munio funkelte ihn zornig an. »Und wer ist dieser junge Parvenü, der aus der Vergangenheit in mein Haus gestürmt kommt?«
Er ließ sich auf einen Hocker am Tisch fallen.
Randur ging nicht auf diesen Wutausbruch ein, sondern schnitt eine Scheibe warmes Brot ab, beschmierte sie mit Butter und schob sie ihm auf einem Teller zu.
»Weshalb seid ihr drei überhaupt hier?«, fragte Munio.
»Weil Ihr uns eingeladen habt, Ihr elender Trunkenbold.« Randur nahm einen dampfenden Becher und ließ sich dem Alten gegenüber nieder.
»Du hast es weit gebracht, Junge.«
»Ist das ein Kompliment?«
Munio stieß ein Lachen hervor. »In deiner glänzenden Schale steckt noch immer ein launisches Kind. Also, wie hast du es geschafft, diese lausige Insel zu verlassen und zwei so piekfeine Mädels aufzutun?«
»Ich hab den Namen eines Toten angenommen; er hätte der Fecht- und Tanzlehrer von Lady Eir werden sollen. Eigentlich war ich nach Villjamur gereist, um ein Mitglied der Orden dazu zu bringen, meiner armen Mutter zu helfen, aber die Kultisten helfen nur sich selbst. Dann nahm mein Leben eine drastische Wende, und meine Prioritäten änderten sich. Eirs Schwester sollte Kaiserin werden, doch der, der nun wohl Kaiser ist, hat Rika und ihr einen Hochverrat angehängt, und ich hab geholfen, sie aus der Stadt zu schaffen. Wir sind auf der Flucht nach Villiren. Rika hat einen Plan, und damit hat sie mehr als Eir und ich.«
»Bei Bohr, Kind! Nicht zu fassen, dass du mir das nicht sofort erzählt hast!«
Randur zuckte die Achseln.
»Na, uns hier draußen ist egal, wer das Reich regiert. Und eine solche Verantwortung zu tragen – zehrt das schon an dir?«
»Man kann sich ändern«, gab Randur zurück. »Und ich bin nicht mehr wie früher. Man kann sich entscheiden, anders zu sein, wenn man will.«
»Man ändert sich nie wirklich«, sagte Munio, und das war womöglich eine Absichtserklärung im Hinblick auf seinen Alkoholismus.
»Vermutlich ist auf uns jede Menge Kopfgeld ausgesetzt, und so eine Prämie kann das Denken eines Menschen ändern.«
»Ein hohes Kopfgeld, bloß auf euch drei? Man sollte meinen, der Rat habe Besseres zu tun, als sich um ein paar Kinder zu sorgen.«
»Geld ist für diesen Urtica kein Problem – sicher hat er ein, zwei Regimenter nach uns ausgeschickt. Bedenkt, dass wir Flüchtlinge sind. Ich muss ständig über die Schulter schauen, doch den Mädchen gegenüber lasse ich mir die Sorgen nicht anmerken. Ich trage diese Last lieber allein. Wir sind also auf dem Weg nach Norden, nach Villiren, um dort den Kommandeur zu treffen, und reisen weiter, sobald wir uns kräftig genug dazu fühlen.«
»Warum nehmt ihr diese Mühen auf euch?«
»Rika will ihren Ruf wiederherstellen – seltsamerweise will sie ihrem Volk dienen und helfen. Sie glaubt, der Kommandeur – Ihr habt doch von dem legendären Albino gehört? – kann ihr helfen. Anscheinend hat er sie überhaupt erst nach Villjamur gebracht. Auf dieses Ziel arbeiten wir hin, und gegenwärtig leben wir allein dafür.«
»Da habt ihr euch eine lange Reise vorgenommen.«
»Ihr solltet mitkommen. Ich möchte das sogar«, stieß Randur plötzlich und drängend hervor.
Munio sah ihn ungläubig an. »In meinem
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