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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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einer Epoche, deren Sonne kräftiger gewesen war: Übersetzungen, die den Zusammenbruch ganzer Kulturen und den Untergang der Originalsprachen überlebt, Reden und Dramen, die den Kriegslegenden Glorie verliehen hatten. Verbittert fragte er sich, ob viele der damaligen Schriftsteller im Kampf je an vorderster Front gestanden hatten.
    Die Truppen zogen direkt in die Stadt, erst in Grüppchen, dann zu Tausenden. Leer stehende Gebäude am Hafen wurden zu Verteidigungszwecken requiriert. Die Bürger beobachteten bekümmert, wie die Soldaten ihre Quartiere bezogen. Das war ein Einbruch in ihren Alltag – und die Stimmung in der Stadt veränderte sich spürbar. Die bloße Anwesenheit des Militärs schien Tod und Verfall zu verheißen.
    Nun folgten harte Trainingstage in Zeltlagern südlich der Stadt, im Hexenwald, wo nach Brynds detaillierten Anweisungen Manöver abgehalten wurden, die nicht nur auf militärischen Traditionen, sondern auch auf Überlegungen des Kommandeurs beruhten. Diese inszenierten Gefechte ängstigten die Bewohner der reicheren Viertel so, dass sie abendliche Versammlungen abhielten, auf denen Grundbesitzer gegen das Treiben der Soldaten protestierten. Als wäre ihnen nicht klar, wie wichtig die Hafenlinie für die Verteidigung der Stadt war, baten ausgerechnet die Besitzer der Hafentavernen und -läden darum, die Armee möge ihre Häuser nicht übernehmen.
    Ob die Leute je über den Tellerrand ihres Alltagslebens hinausblicken würden? Aber warum auch?, überlegte Brynd, da es doch ausreichend schien, auch so unter den rauen Umweltbedingungen am Leben zu bleiben?
    Zusätzliche Lebensmittel waren über militärische Kanäle in die Stadt eingeführt worden, damit die Preise nicht durch die Decke gingen, doch Brynd achtete umgekehrt auch darauf, keine Festpreise einzuführen, da künstlich niedrig gehaltene Tarife zu einer drastischen Verknappung des Angebots führen konnten.
    Seltsamerweise aber gab es immer zu essen. Üppige Fleischlieferungen stammten aus großen Bauerndörfern im Weichbild der Stadt, von denen Brynd nichts gewusst hatte. Bürgermeister Lutto hatte Villiren wirklich gut auf die Eiszeit vorbereitet, und egal, wie grob er handelte und dass er als Hanswurst erscheinen mochte: Hinter seiner aufgedunsenen Miene arbeitete zweifellos ein agiler, patenter Kopf.
    Ein Schild, den viele Stammeskämpfer ringsum trugen und der dann auch in Villiren Einzug hielt, hatte Brynd kürzlich beeindruckt. Manche nannten ihn Viper, andere Hoplon, und seine Kreisform erschien Brynd effizienter als das bisherige Rechteck. Also hatten die Rüstungsschmiede der Stadt ihn in hoher Stückzahl zu fertigen begonnen. Brynd hatte zudem befohlen, zugleich einen neuen Helm herzustellen, der einen besseren Überblick gewährte, ohne überflüssige Verzierungen auskam und bloß den Schädel schützte.
    Die Predigten von Priester Pias, die tagaus, tagein von den Kanzeln aller Jorsalir-Kirchen der Stadt verkündet wurden, hatten den Leuten eingehämmert, was Brynd sonst herzlich egal war: religiöse Propaganda. Überall in Villiren wurden Handzettel mit stets derselben Botschaft verteilt:
    Ich flehe euch alle an: Reicht den Soldaten die Hand, die bereit sind, ihr Leben dafür zu geben, dass wir & unsere Kinder auch weiterhin als freie Bürger durch unsere Straßen gehen. Garantiertes Seelenheil könnt ihr gegenwärtig in der Zitadelle finden, wo ihr euch anmelden & heilige Waffen aus den Händen der heldenhaften Soldaten entgegennehmen könnt, die das Reich seit Jahrtausenden verteidigt & abscheuliche, unterentwickelte Gattungen stets abgewehrt haben. Ihr Ruhm kann auch der eure werden, da ihr nun die Möglichkeit habt, Seite an Seite mit ihnen zu kämpfen. Die Zukunft unserer Stadt liegt in EUREN Händen. Entweder seid ihr auf UNSERER Seite, oder ihr haltet es mit den Invasoren von der neuen Gattung. Denkt nicht an dieses Leben, sondern an die ZUKUNFT , & ich verspreche euch einen sicheren Übergang ins Jenseits.
    Priester Pias, Archipater der Jorsalir-Kirche
    Später sollte ein Neuer bei den Nachtgardisten aufgenommen werden, damit die Einheit wieder aus zwanzig Soldaten bestand – das für Brynd gerade noch akzeptable Minimum. Für den Dienst in der Elitetruppe ausgewählt zu werden, war das Höchste, worauf ein Soldat hoffen durfte, denn es setzte außerordentliches Nahkampfgeschick, exzellente Fitness, überragendes taktisches Vermögen und die Fähigkeit voraus, extreme geistige und körperliche Schmerzen zu

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