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Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Titel: Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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kann ich dazu leider nicht sagen, aber wir beide dürfen die Hoffnung nicht aufgeben. Manche mögen behaupten, es sei albern, sich in trügerischen Hoffnungen zu wiege n – ich bin der Meinung, dass Hoffnung niemals albern sein kann. Aber dir brauche ich das nicht zu erklären, Soren, du bist das beste Beispiel dafür. Man hat dich entführt und du hast trotzdem Fliegen gelernt und bist aus dem Sankt Äggie entwischt. Du bist aus den engen Felsschluchten geradewegs in den Fernen emporgeflogen. Dir brauche ich wahrhaftig nichts über Hoffnung zu erzählen!“
    Es tat Soren gut, mit Mr s Plithiver zu sprechen. Sie brachte es jedes Mal fertig, dass ihm hinterher leichter ums Herz war, als hätte ein erfrischender Regenguss alle Sorgen und allen Kummer weggespült. Er sehnte sich immer noch nach seinen Eltern. Er würde sich nie damit abfinden, dass sie nicht mehr da waren. Doch was Eglantine betraf, hatte ihm Mr s P. Hoffnung gemacht. Das genügte, damit er sich besser fühlte.
    Er beschloss, noch kurz frische Luft zu schnappen und dann in seine Schlafhöhle zurückzukehren. Der Wachposten auf dieser Seite des Baumes war sehr nett und würde ihn nicht ausschimpfen, weil er mitten am Tag seine alte Nesthälterin besucht hatte. Ohnehin gab es keine Vorschrift, die besagte, dass man den ganzen Tag in seiner Höhle zu verschlafen hatte, bis der „Gute- Nacht“-Weckruf ertönte. Soren schlüpfte auf einen Ast hinaus, stieß sich ab und bahnte sich fliegend seinen Weg durch die Baumkrone. Wie Mr s P. gesagt hatte, würde es bald wieder neue Milchbeeren geben. Man sah schon die Knospen an den glänzenden Ranken, die um diese Jahreszeit „Silberregen“ genannt wurden.
    Wie ein Vorhang fielen die langen Ranken von den Zweigen des Baumes herab und wehten sachte im Licht der Nachmittagssonne. Im Winter waren sie weiß, im Frühling färbten sie sich silbern, im Sommer golden und im Herbst nahmen sie eine kupferrote Farbe an. Darum hießen die Jahreszeiten bei den Eulen vom Großen Ga’Hoole-Baum auch nicht einfach Winter, Frühling, Sommer und Herbst, sondern die weiße, die silberne, die goldene und die kupferrote Zeit.
    Für die Jungvögel gab es kein größeres Vergnügen, als durch die Rankenvorhänge zu fliegen. Sie hatten sich dazu alle möglichen Spiele ausgedacht. Aber an diesem sonnigen Nachmittag schliefen Sorens Spielgefährten und er blieb allein. Es musste geregnet haben, denn der Rankenvorhang war mit Wassertropfen übersät und dahinter erkannte Soren einen leuchtend bunten Regenbogen.
    „Wunderschön, nicht wahr?“ Der Klang der Stimme glich einer feinen Glocke. Es war Madame Plonk, die Schnee-Eule, die jeden Morgen die Bewohner des Baumes in den Schlaf sang. Soren riss staunend die Augen auf, als sie nun durch die Silberranken gesegelt kam. Ihr schneeweißes Gefieder erstrahlte in allen Farben, sie glich einem lebenden Regenbogen. Soren war von dem Anblick überwältigt.
    Er fand es schade, dass es keine Eulenbrigade gab, in der man bei Madame Plonk Unterricht in Harfenspiel und Gesang nehmen konnte. Die Harfe durfte ausschließlich von Blindschlangen gezupft werden, und singen durften nur Schnee-Eulen, die in direkter Linie vom Geschlecht der Plonks abstammten.
    Soren und Madame Plonk amüsierten sich ein Weilchen damit, durch die Rankenvorhänge zu fliegen, dann sagte die Schnee-Eule: „Ich muss los, mein Lieber. Es ist Weckzeit, ich muss das Abendlied singen. Ich sehe schon, wie die Schlangen aus ihren Höhlen kommen und zu meiner Harfe kriechen. Da darf ich nicht zu spät kommen. Ich habe unseren kleinen Nachmittagsflug sehr genossen. Lass uns das doch bei Gelegenheit wiederholen. Oder schau mal bei mir auf ein Tässchen Tee vorbei.“
    Soren bezweifelte im Stillen, dass er sich je trauen würde, bei der Sängerin einfach so „vorbeizuschauen“. Worüber sollte er sich mit einer so vornehmen Eulendame beim Tee unterhalten? Ein Weilchen zusammen umherzufliegen war etwas ganz anderes, als einander gegenüberzusitzen und zu plaudern. Jetzt sah auch er, dass die rosafarbenen Blindschlangen am Stamm zu der Höhle hochkrochen, in der die Harfe aufbewahrt wurde. Bald würden die anderen Bewohner des Großen Ga’Hoole-Baums zu den Klängen des Abendlieds erwachen. Es dämmerte schon.

In der Bibliothek

    „Heute wollen wir uns mit dem wundersamen Wurzelwerk unseres geliebten Baumes beschäftigen, Kinder. Erst einmal schauen wir uns an, wie die Wurzeln aus der Erde ragen.“ Sie hatten Unterricht bei der

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