Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft
Und darum bin ich dabei, ganz egal, was ihr vorhabt.“
Und so verließen die vier unter Gylfies Führung leise ihre Schlafhöhle. Sie nahmen den Ausgang ins Freie und schlüpften weiter unten durch eine kleine Öffnung, die Gylfie entdeckt hatte, wieder in den Stamm. Der Gang wand sich durch den mächtigen Baumstamm, bis er schließlich an der Rückseite des Parlamentssaals vorbei weiter in die Tiefe führte, dorthin, wo die Wurzeln des Baumes aus der Erde kamen. Man hörte hier nicht etwa so gut, weil das Holz morsch war, Soren stellte fest, dass die Wurzeln den Schall einfach hervorragend leiteten.
Gylfie hüpfte auf Morgengraus Schultern, Soren und Digger horchten an den Wurzeln.
„Habe ich dich richtig verstanden, Bubo: Unser geschätzter Getreuer, der Streifenkauz in den Schnabelbergen, ist spurlos verschwunden und vermutlich umgekommen?“
Die vier Lauscher blinzelten erstaunt. Damit konnte nur ihr Streifenkauz gemeint sein! Soren drückte das Ohr noch fester an die Wurzel.
„Nun, vielleicht ist er ja nicht tot, Boron. Vielleicht wurde er entführt.“
„Von den Häschern aus dem Sankt Äggie oder vo n …“ Die vier Freunde lauschten angestrengt, aber Borons Erwiderung war nicht zu verstehen. Es schien, als habe er den Satz nicht vollendet, als hätte Boron ein Wort ausgelassen, das keine der Eulen auszusprechen wagte. Sicher war Soren nicht, aber er erschauderte unwillkürlich.
„Wie auch immer, das ist eine schlechte Nachricht.“ Das war Ezylrybs Stimme.
„Wir haben einen unserer besten Lauschgleiter verloren und einen geschickten Schmied noch dazu, einen unserer tüchtigsten freien Mitarbeiter.“ Das war wieder Bubo.
Digger drehte sich nach seinen Freunden um und bewegte tonlos den Schnabel: „Was ist denn ein ,Lauschgleiter‘?“
Soren zuckte mit den Schultern. Er hatte den Ausdruck noch nie gehört. „Freier Mitarbeiter“ dagegen kam ihm bekannt vor.
Barran ergriff das Wort. „Ohne einen zuverlässigen Lauschgleiter wird es schwer werden, etwas über ihr Treiben in den Schnabelbergen zu erfahren.“
„Der Gestreifte hatte seine Schmiede an einer strategisch günstigen Stelle eingerichtet.“
Aha!, dachte Soren. In der verrußten Höhle des Streifenkauzes weilte also nicht nur seine Seele, wie Digger gemeint hatte, sie hatte ihm auch als Werkstatt gedient. Der Streifenkauz hatte denselben Beruf ausgeübt wie Bubo. Aber er hatte noch eine andere Aufgabe gehab t … er war ein Lauschgleiter. Das schien zu bedeuten, dass er irgendwen beobachtete.
„Der Gestreifte hatte ein Gehör wie eine Schleiereule“, sagte Boron bedauernd. „Er hat uns mehr Informationen geliefert als drei andere Lauschgleiter zusammen. Und du hast ganz Recht, meine Liebe, seine Schmiede in den Schnabelbergen war wirklich ideal gelegen. Von dort konnte er Ambala, die Schnabelberge, Kuneer und Tyto gleichzeitig überwachen. Davor hat er in Tyto als Eierwächter gearbeitet und Nachwuchskräfte für Ambala ausgebildet, als es dort mit den Nesträubern immer schlimmer wurde. Ach j a … Aber zurück zum Thema. Wir brauchen in der Gegend so bald wie möglich einen neuen Lauschgleiter. Dazu müssen wir erst noch jemanden ausbilden. Als Zwischenlösung würde ich vorschlagen, dass wir einen Eierwachdienst einrichten und einen kleinen Spähtrupp hinschicken. Wir dürfen auf keinen Fall Aufsehen erregen. Ich brauche hier ja wohl niemandem zu erklären, dass sich die Eulen, die diese Aufgabe übernehmen, in große Gefahr begeben. Der letzte Bericht des Gestreiften war deutlich genug. Luchse gibt es in der Gegend übrigens auch.“
„Ich melde mich freiwillig!“
Soren horchte auf. Das war doch seine langweilige Ga’Hoolologie-Ryb!
„Auf mich könnt ihr auch zählen“, kam es jetzt von Bubo.
„Und auf mich.“ Diese Stimme konnte Soren nicht zuordnen.
„Gut. Drei sind erst mal genug.“ Boron setzte leise hinzu: „Willst du das wirklich tun, Bubo?“
„Klar doch! Schließlich war der Gestreifte ein Kollege.“
„Das weiß ich ja, aber du bist unser einziger Schmied. Wenn dir etwas zustöß t … was soll dann aus uns anderen werden?“
„Mir stößt aber nix zu. Und entführen lass ich mich auch nicht. Und von ’nem Luchs fressen schon gar nicht! Ich muss die beiden anderen begleiten, weil ich als Einziger herausfinden kann, was sich in der Höhle abgespielt hat. Dafür braucht man einen Schmied. Der Gestreifte kann sich nicht einfach in Luft aufgelöst haben, und ich glaube auch nicht, dass ihn
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