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Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Titel: Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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nicht eben leichter. Um einigermaßen sehen zu können, blinzelte Soren unablässig mit der Nickhaut, dem durchsichtigen dritten Augenlid, das allen Eulen gemeinsam ist. Hoffentlich riss das Häutchen unter der Dauerbelastung nicht ein! Ob sich der alte Ezylryb auf diese Weise sein Auge ruiniert hatte?
    „Beim Glaux, das ist ja nicht zu fassen!“, zischelte Otulissa.
    „Was ist denn nun schon wieder?“ Soren wappnete sich für das nächste Windloch. Es wäre ihm gar nicht so unlieb gewesen, jetzt in die Tiefe zu stürzen. Dann wäre er wenigstens Otulissas Genörgel entkommen.
    „Ezylryb redet mit Möwen!“
    „Ja und?“
    „Ja und? Du kommst doch aus gutem Nest, Soren, das merkt man dir an. Wie kannst du da einfach ,ja und‘ sagen? Möwen sind verabscheuungswürdige Kreaturen. Sie sind, verzeih die unfeine Ausdrucksweise, der Abschaum der Vogelwelt! Sie sind laut und schlecht erzogen und kein Umgang für unsereinen. Und unser Ryb redet mit ihne n – jetzt lacht er sogar!“
    „Vielleicht erkundigt er sich ja nach der Wetterlage.“
    Das brachte Otulissa tatsächlich einen Augenblick zum Schweigen. Dann erwiderte sie: „Das könnte natürlich sein. Ich fliege mal hin und frage nach.“
    „Stör ihn lieber nicht.“
    „Er hat doch gesagt, wir können uns jederzeit an ihn wenden, wenn wir eine Frage haben.“ Und weg war sie.
    „Verzeihung, Ezylryb, aber ich wüsste gern, weshalb d u … wie soll ich mich ausdrücken? … weshalb du Umgang mit Möwen pflegst. Hast du vielleicht Auskünfte über das Wetter eingeholt?“
    „Bei den Möwen? Unsinn, Kleines. Möwen sind die dümmsten und faulsten Vögel der Welt.“
    „Aber warum hast du dich denn dann mit ihnen beraten?“
    „Wir haben uns nicht beraten. Wir haben uns schmutzige Witze erzählt.“
    Otulissa schnappte nach Luft. „Wie bitte?“
    „Möwen erzählen für ihr Leben gern Schleimpupserwitze, dabei sind sie selber die größten Schleimpupser, die es gibt. ,Noch einen, Ezylryb!‘, betteln sie immer. Und ich lerne jedes Mal auch ein paar neue Kracher von ihnen. Leider sind die Burschen so beschränkt, dass sie sich bei jedem zweiten Witz nicht mehr an die Pointe erinnern können. Höchst ärgerlich.“
    „Also wirklich!“
    „Die Witze waren echt gut, Otulissa!“, rief der kleine Martin dazwischen.
    „Jetzt sträub mal nicht das Gefieder, Schätzchen. Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten und nimm deine Flugposition wieder ein. Wir nähern uns der Rinne. Jetzt wird’s erst richtig lustig!“
    „Huuu-haaa!“ , jubelte Poot. „Auf geht’s, Kinder! Die Rappelschanze hoch und rein in die Rinne! Uns nach!“ „Rappelschanze“ nannte man die böigen Luftströmungen zwischen dem Überlaufwall und der Rinne, die es mit kräftigen Flügelschlägen zu überwinden galt. Soren änderte die Richtung und folgte dem sturmerfahrenen Poot. Martin flog dicht hinter Poot und nutzte den Luftsog hinter dem Schwanzgefieder des Raufußkauzes, um sich über die Rappelschanze in die Rinne befördern zu lassen. Ruby, die vor Soren flog, stieß plötzlich einen Freudenschrei aus. Im nächsten Augenblick begriff Soren, warum. Hier in der Rinne, in der Mitte des Sturms, vereinten sich die Windströmungen zu einer Art reißendem Fluss. Wenn man wie Ruby die Flügel nach vorn nahm und das Schwanzgefieder abwinkelte, machte das Fliegen auf einmal gar keine Mühe mehr. Halb schwebte man, halb wurde man getrage n – herrlich! Außerdem kam es Soren vor, als ob die lästigen Eiskörner hier in der Rinne schmolzen.
    „Bei meinen hohlen Knoche n – ist das nicht eine Freude?!“ Ezylryb hatte sich zu Soren und Otulissa zurückfallen lassen und flog nun zwischen den beiden. Vergnügt spie er ein Gewölle in den Luftstrom. „So, Kinder, und jetzt fliegen wir an den Rand des Überlaufwalls. Dort könnt ihr den Rummel sehen. Stürzt euch einfach hinein und reitet auf den Wellen! Das macht einen Riesenspaß!“
    Otulissa war wieder mal nicht einverstanden. „Wovon redet er da?“, raunte sie Soren zu. „Ein fähiger Lehrer hätte uns vorher eine Liste mit Fachausdrücken ausgeteilt.“
    Und was hätte uns eine Liste genützt?, dachte Soren. Was nützt einem ein Wort, wenn man nicht selbst erlebt hat, was es bedeutet? Wenn man es nicht schon im Magen gespürt hat? Sorens Magen jedenfalls kribbelte vor Begeisterung. Das war der tollste Flug seines Lebens!
    „Auf geht’s!“, johlte Ezylryb. „Zeigt dem Wind, wer hier der Stärkere ist, und dann geht’s

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