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Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe

Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe

Titel: Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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flog.
    „Tempo, Tempo, Gylfie!“, rief eine ergraute Zwergohreule in ihrem typischen glucksenden Tonfall. Zwergohreulen waren klein, aber Gylfie war noch zierlicher. Die wenigen kleineren Eulenarten, die in den Nordlanden lebten, waren allesamt im Splitterkampf ausgebildet. „Ziel auf das Auge, Gylfie, dann geht der Stich direkt ins Gehirn und der Gegner ist kerplonken! “
    Der Ausdruck kerplonken war inzwischen allen Ga’Hoole-Eulen geläufig. Er bedeutete so viel wie „endgültig erledigt “ – hirntot, magentot, flügelstarr.
    Gylfie und ihr Trainingspartner, ein Sperlingskauz und Frostschnabel namens Grindelhof, trugen Schutzbrillen. Die Gläser bestanden aus Issen blu , sogenanntem „blauen“ Eis.
    In der Trainingspause flog Soren zu Gylfie hinunter.
    „Na, was meinst du?“, fragte die Elfenkäuzin ganz außer Atem.
    „Was meine ich wozu?“, fragte Soren zurück.
    „Meinst du, ich werde eine brauchbare Splitterkämpferin, wenn ich noch schneller fliege?“ Gylfie blickte zum Himmel empor. Etwas Rötliches wirbelte vorüber, in den Zehen einen gleißenden Eissäbel. „Hui! Das ist Ruby!“
    Die Sumpfohreule Ruby galt als die beste Fliegerin der Brigade. Wie ein Komet sauste sie über den Himmel. Ihr rötliches Gefieder schien in Flammen zu stehen und ihre krumme Säbelklinge blitzte in der Sonne.
    Doch Soren machte sich immer noch Sorgen. „Eissäbel und Splitterkampf hin oder he r – wir sind viel zu wenige, um etwas gegen die Reinen auszurichten. Wenn das Parlament Moss nicht erlaubt, uns Verstärkung mitzugebe n … tja, dann sind wir wohl kerplonken .“
    „Hat Moss denn noch nichts von sich hören lassen?“
    „Nein. Die nächste Parlamentssitzung findet erst nach unserem Abflug statt.“
    „Aber wir fliegen doch schon morgen! Kann Moss nicht eine Eilsitzung einberufen?“
    „Weißt du, Gylfie, wenn ich hier in den Nordlanden eines begriffen habe, dann das: Die Eulen hier lassen sich nicht drängen. Sie haben feste Gewohnheiten beim Jagen, wie auch bei der Gefiederpflege und beim Nestbau un d …“
    „ … und bei der Eisernte“, fiel ihm Digger ins Wort und landete neben Soren.
    „Eisernte?“, wiederholten Gylfie und Soren verständnislos.
    Digger nickte. „Zwei Schnee-Eulen haben mir gerade gezeigt, wie man Eisscherben losbricht und daraus Schwerter, Splitter und Säbel herstellt. Eine echte Kunst. Und von wegen feste Gewohnheiten! Ihr solltet mal die Kjellschlangen erleben. Sie haben mir vorhin beigebracht, wie man die Eiswaffen eingräbt, damit sie scharf bleiben und nicht schmelzen. Wahrscheinlich wird man einfach so, wenn man im ewigen Eis überleben muss. Entweder man macht die Dinge gleich auf die richtige Art oder man ist verloren.“
    Solche philosophischen Betrachtungen waren typisch für Digger. Wie es seiner Natur entsprach, grub der Höhlenkauz stets unter der Oberfläche des Offensichtlichen und suchte nach den tieferen Wahrheiten des Lebens.
    Soren wandte den Kopf. „Seht ihr da drüben Snorri auf der Klippe sitzen?“
    „Was macht sie da?“, fragte Gylfie.
    „Sie ist eine Skog “, antwortete Soren.
    „Aber was macht sie?“
    „Eine Skog erzählt Geschichten und überliefert sie.“
    „Und was für eine Geschichte erzählt diese Skog? “
    „Unsere Geschichte. Was wir hier tun. Weshalb wir hergekommen sind. Ach, ich wünschte, ich wüsste schon, wie die Geschichte ausgeht!“ Soren seufzte abgrundtief.
    Auf einem anderen eisbedeckten Felsen der Schwarzhuhninsel saß zur selben Zeit ein gebrechlicher, alter Kreischeulerich. Zu seinen Füßen hatte sich eine Schlange zusammengeringelt. „Soll das etwa heißen, dass mein Bruder noch am Leben ist?“, fragte Ifghar bestimmt zum hundertsten Mal.
    „Ja, das soll es heißen.“ Gräggs Geduld war anscheinend unerschöpflich.
    „Und dass er diese Eulen befehlig t … bei eine m … eine m …“ Ifghar hatte Schwierigkeiten, klar zu denken. Es war lange her, dass er sich die Mühe gemacht hatte, überhaupt etwas zu denken oder gar seine Gedanken zu äußern. So sinnlos war ihm alles vorgekommen.
    „Bei einem Eroberungsangriff“, half ihm Grägg mit dem richtigen Wort aus.
    „Was wollen sie denn erobern?“
    „Ich glaube, irgendwelche Schluchten, die von einer Gruppe namens ‚die Reinen‘ besetzt gehalten werden.“
    „Ich dachte, Lyze hätte seine Kampfkrallen ein für alle Mal an den Nagel gehängt.“
    „Er kämpft ja nicht selbst, er lässt kämpfen. Und er holt sich zur Verstärkung Eulen und

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