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Die Legende der Wächter 8: Die Flucht

Die Legende der Wächter 8: Die Flucht

Titel: Die Legende der Wächter 8: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Orgaß
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Otulissa konnte sich ihm nicht entziehen. Bei seinem letzten Besuch hatte der Geisterschnabel Strix Strumas seine Stummheit überwunden und Otulissa aufgetragen, in die Hinterlande zu fliegen. Seit Eulengedenken hatte sich kein Wächter von Ga’Hoole in diese verrufene Gegend gewagt.
    Ihr Magen sagte Otulissa, dass sie Strix Strumas Auftrag annehmen musste. Was sie in den Hinterlanden tun sollte, würde sich ihr offenbaren, wenn sie erst einmal dort war.
    Als der Sommer sich dem Ende zuneigte, spürte sie, dass sie aufbrechen musste. Gerade ging die Sonne auf. Die Bewohner des Großen Baumes schliefen, auch Otulissas Freunde aus der Brigade der Besten.
    Otulissa flog zunächst zu den Klippen auf der anderen Seite der Insel Hoole, wo sie unbeobachtet war. Sie hatte sich nächtelang auf ihre Reise vorbereitet. Sie hatte Bücher über Wölfe und ihre Lebensweise gewälzt und sich über die Landschaft in den Hinterlanden informiert. Doch als sie nun losflog und sich dem salzigen Seewind anvertraute, vermisste sie ihre Freunde schmerzlich. Die Verantwortung, die sie trug, wog schwer. Dabei wusste sie nicht einmal, wie ihr Auftrag eigentlich lautete! Sie wusste nur, dass er irgendwie mit dem Feuerzyklus und der Glut von Hoole zu tun hatte. Die Sonne verwandelte ihr braunes Gefieder in pures Gold. Die Fleckenkäuzin flog entschlossen eine Steuerbordwende und dann immer geradeaus über das Hoolemeer.
    Bis zum ersten Dunkel wollte sie Kap Glaux erreicht haben. Otulissa war eine ausdauernde Fliegerin. Sie würde die Nacht durchfliegen. Ihr nordwestlicher Kurs führte sie über Silberschleier und den Schattenwald. Wenn alles gut ging, würde sie in ein paar Tagen in den Hinterlanden eintreffen, in dieser öden Wildnis, die von Söldnern, Urzeitwölfen und anderen zweifelhaften Gestalten bewohnt wurde. Aus ihrer Lektüre wusste Otulissa, dass die Bewohner der Hinterlande raue Gesellen waren. Namen spielten dort im Allgemeinen keine Rolle. Gut so. Man würde sie hoffentlich in Ruhe lassen.
    Ezylryb hatte ihr seine eigene Bibliothek zur Verfügung gestellt. Er besaß ein paar seltene Werke über Urzeitwölfe. Die Clans der Wölfe trugen Namen und hielten sich an strenge Regeln, auch wenn sie oft Kämpfe untereinander ausfochten. Trotzdem war es bei den Urzeitwölfen eine Frage der Ehre, hilfsbedürftigen Geschöpfen Zuflucht zu gewähren. Verstieß ein Wolf gegen diese Regel, setzte er nicht nur sein eigenes Leben aufs Spiel, sondern auch das aller anderen Clanmitglieder. Denn auf ein solches Verhalten stand die Todesstrafe.
    Diese Bücher enthüllten Otulissa auch das Geheimnis der Heiligen Vulkane. In einem dieser Vulkane lag die Glut von Hoole. Die Feuer speienden Berge bildeten einen Kreis, aber niemand wusste genau, welcher davon das kostbare Glutstück barg. Wölfe aus dem MacDuncan-Clan bewachten die Vulkane, aber auch Mitglieder anderer Clans konnten sich um diesen Posten bewerben. Insgesamt waren es über vierzig Wölfe, die sich die „Heilige Garde“ nannten. Jeder von ihnen war mit einer Behinderung zur Welt gekommen. Manchen fehlte ein Ohr, anderen eine Pfote, oder sie waren blind. Eine Behinderung war die Voraussetzung, dass ein Wolf aus einem anderen Clan als dem der MacDuncan überhaupt in die Heilige Garde aufgenommen wurde.
    Weil Otulissas Auftrag sicherlich etwas mit der legendären Glut von Hoole zu tun hatte, würde sie gleich nach ihrer Ankunft den MacDuncan-Clan um seinen Schutz bitten.
    Als ihre Zehen endlich den Boden der Hinterlande berührten, war der schwindende Mond kaum noch zu sehen. Die Fleckenkäuzin setzte sich auf denselben Felsen, von dem aus Coryn ein paar Nächte zuvor beobachtet hatte, wie die Wölfe das Rentier getötet hatten. Als Otulissa den Blick über die raue Umgebung schweifen ließ, sah sie zwar keine Wölfe, hörte aber ihr Geheul. Sie wusste, dass Wölfe nicht nur einfach den Mond anheulten, sondern sich mit ihrem Geheul auch untereinander verständigten. Sie tauschten Nachrichten aus wie zum Beispiel: Ich habe Beute gerissen . Oder: Eine Rentierherde kommt über den Fluss. Oder: Ich bin verletzt. Zusätzlich verständigten sie sich mit Duftmarken. Das fand Otulissa besonders spannend, denn ein Wolf konnte Gerüche lesen wie eine Eule Worte in einem Buch. Mithilfe von Duftmarken prägten Wölfe sich eine Art innerer Landkarte ein, die sowohl ihre Reviergrenzen enthielt als auch mögliche Gefahren, Nahrungsquellen, den Aufenthaltsort anderer Clanmitglieder, unbesetzte Gebiete und

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